Allgemeine Informationen zum Gefahrgutbeauftragten

1. Rechtliche Grundlage

Die Schulung und Bestellung von Gefahrgutbeauftragten ist seit 1991 in Deutschland durch die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) vorgeschrieben. Die GbV basiert auf der EG-Richtlinie 96/35/EG und wurde auf Grundlage des Gefahrgutbeförderungsgesetztes verordnet.

2. Bestellungspflicht

Sobald ein Unternehmen an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt ist und ihm Pflichten als Beteiligter in der Gefahrgutverordnung Straße, Schienenverkehr und Binnenschifffahrt (GGVSEB) oder in der Gefahrgutverordnung See (GGVSee) zugewiesen sind, muss es mindestens einen Sicherheitsberater für die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeauftragter) schriftlich bestellen.
Die genaue Anzahl der Gefahrgutbeauftragten liegt in der Eigenverantwortung des Unternehmers und ist abhängig von der Größe des Unternehmens und der Zahl / Menge der zu befördernde Güter. Die Funktion des Gefahrgutbeauftragten kann 1. von einem Mitarbeiter des Unternehmens, dem auch andere Aufgaben übertragen sein können, 2. von einer dem Unternehmen nicht angehörigen Person (externer Dienstleister) oder 3. vom Unternehmer oder Inhaber des Unternehmens wahrgenommen werden.
Die Beförderung per Luftfahrzeug unterliegt nicht mehr der GbV. Die verkehrsträgerspezifischen Schulungs- und Prüfungsvorschriften der International Civil Aviation Organisation (ICAO) und der International Air Transport Association (IATA) sind bereits so umfassend, dass der Gesetzgeber auf eine weitere Regulierung in diesem Bereich verzichtet.

3. Befreiungen

Für bestimmte Unternehmen gelten die Vorschriften der GbV nicht. Die Voraussetzungen sind in § 2 GbV abschließend aufgeführt: „Die Vorschriften dieser Verordnung gelten nicht für Unternehmen,
  1. deren Tätigkeiten sich auf Beförderungen gefährlicher Güter beziehen, deren Freistellung von den Vorschriften des ADR/RID/ADN/International Maritime Dangerous Goods Code (IMDG-Code) geregelt ist oder sich auf Mengen je Beförderungseinheit erstrecken, die unterhalb der in Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR festgelegten Mengen liegen, oder die ausschließlich Beförderungen nach Kapitel 3.4 und 3.5 ADR/RID/ADN/IMDG-Code durchführen,
  2. die in einem Kalenderjahr an der Beförderung von nicht mehr als 50 Tonnen netto gefährlicher Güter für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben beteiligt sind, wobei dies bei radioaktiven Stoffen nur bei der Beförderung der UN-Nummern 2908 bis 2911 gilt,
  3. denen ausschließlich Pflichten als Fahrzeugführer, Schiffsführer, Empfänger, Reisender, Hersteller und Rekonditionierer von Verpackungen oder als Stelle für Inspektionen und Prüfungen von Großpackmitteln (IBC) zugewiesen worden sind oder
  4. die ausschließlich als Auftraggeber des Absenders an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto pro Kalenderjahr beteiligt sind, ausgenommen radioaktive Stoffe der Klasse 7 und gefährliche Güter der Beförderungskategorie 0 nach Absatz 1.1.3.6.3 ADR oder
  5. die ausschließlich als Entlader an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto pro Kalenderjahr beteiligt sind.“

4. Hinweis zu der 50-Tonnen-Regel

Die 50 Tonnen-Regel greift nur in zwei Fällen:
  1. Die gefährlichen Güter müssen - für den Eigenbedarf - in Erfüllung betrieblicher Aufgaben transportiert werden. Dies trifft zum Beispiel auf Handwerker zu, die gefährliche Güter zum Einsatzort befördern und dort selbst verarbeiten.
  2. Wenn man ausschließlich als Auftraggeber des Absenders tätig wird. Absender ist, wer mit dem Frachtführer den Transportvertrag abschließt. In diesem Fall darf der Auftraggeber des Absenders aber keine weitere Funktion im Zusammenhang mit der Beförderung ausüben.

5. Aufgaben und Pflichten des Gefahrgutbeauftragten

Die Aufgaben und Pflichten des Gefahrgutbeauftragten ergeben sich aus § 8 Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) in Verbindung mit Unterabschnitt 1.8.3.3 ADR/RID/ADN. Der Gefahrgutbeauftragte hat unter der Verantwortung der Unternehmensleitung im Wesentlichen die Aufgabe, im Rahmen der betroffenen Tätigkeit des Unternehmens oder Betriebes nach Mitteln und Wegen zu suchen und Maßnahmen zu veranlassen, die die Durchführung dieser Tätigkeiten unter Einhaltung der geltenden Bestimmungen und unter optimalen Sicherheitsbestimmungen erleichtern. Seine Aufgaben sind insbesondere:
  • Überwachung der Einhaltung der Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter, Beratung des Unternehmens bei den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter,
  • Erstellung eines Jahresberichtes innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf des Geschäftsjahres,
  • Überprüfung des Vorgehens bzw. der Verfahren hinsichtlich der betroffenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter,
  • Der Gefahrgutbeauftragte muss schriftliche Aufzeichnungen über seine Überwachungstätigkeit unter Angabe des Zeitpunktes, Namen der überwachten Personen sowie über die Geschäftsvorgänge führen. Die Aufzeichnungen sind fünf Jahre aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Bei einem Unfall, der sich während einer von dem jeweiligen Unternehmen durchgeführten Beförderung oder während des von dem Unternehmen vorgenommenen Be- und Entladens ereignet und bei dem Personen, Tiere, Sachen oder die Umwelt zu Schaden gekommen sind, muss der Gefahrgutbeauftragte dafür sorgen, dass ein Unfallbericht für die Unternehmensleitung oder gegebenenfalls für eine örtliche Behörde erstellt wird.

6. Aufgaben und Pflichten des Unternehmers gegenüber dem Gefahrgutbeauftragten

Der Unternehmer darf den Gefahrgutbeauftragten wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligen. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass der Gefahrgutbeauftragte
  • vor seiner Bestellung im Besitz eines gültigen und auf die Tätigkeiten des Unternehmens abgestellten Schulungsnachweises ist,
  • alle zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit erforderlichen sachdienlichen Auskünfte und Unterlagen erhält,
  • die notwendigen Mittel zur Aufgabenwahrnehmung erhält,
  • jederzeit seine Vorschläge und Bedenken unmittelbar der entscheidenden Stelle im Unternehmen vortragen kann,
  • zu vorgesehenen Vorschlägen auf Änderung oder Anträgen auf Abweichungen von den Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter Stellung nehmen kann,
  • alle ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann.

7. Schulungsvorschriften

Wer als Gefahrgutbeauftragter tätig werden soll, muss zunächst eine Schulung besuchen. Diese Schulung erfolgt bei einem von der örtlich zuständigen IHK zugelassenen Schulungsveranstalter. Die Schulungen sind nach den einzelnen Verkehrsträgern, Straßen-, Schienen-, Binnenschiff- und Seeschiffsverkehr unterteilt. Die Schulungsdauer beträgt bei einem Verkehrsträger mindestens 22,5 Stunden. Für jeden weiteren Verkehrsträger beträgt die Schulungsdauer jeweils mindestens 7,5 Stunden.

8. Prüfungsvorschriften

Für die Prüfungen sind die Industrie- und Handelskammern zuständig. Der Teilnehmer ist an keine bestimmte IHK gebunden. Die Prüfungen sind ausschließlich schriftlich abzulegen. Sie bestehen aus Fragen, die aus einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung veröffentlichten Sammlung zusammengestellt wird.
  • Grundprüfung
    Die Prüfung besteht aus offenen Fragen, Multiple-Choice-Fragen und einer Fallstudie. Bei einem Verkehrsträger beträgt die Höchstpunktzahl 60. Für jeden weiteren Verkehrsträger erhöht sich die Höchstpunktzahl um jeweils 30 Punkte. Die Prüfung ist bestanden, wenn mindestens 50 Prozent der jeweils möglichen Höchstpunktzahl erreicht werden. Die Prüfung kann nur einmal ohne nachmalige Schulung wiederholt werden. Die Prüfungsdauer beträgt bei einem Verkehrsträger 100 Minuten. Sie erhöht sich für jeden weiteren Verkehrsträger um jeweils 50 Minuten. Bei erfolgreicher Prüfungsteilnahme wird ein Schulungsnachweis mit einer Gültigkeit von fünf Jahren ausgestellt.
  • Ergänzungsprüfung
    Innerhalb der Geltungsdauer des jeweils aktuellen Schulungsnachweises kann für jeden zusätzlichen Verkehrsträger eine Ergänzungsprüfung abgelegt werden, wenn eine entsprechende Schulung besucht wurde. Die mögliche Höchstpunktzahl beträgt jeweils 30 für jeden zu prüfenden Verkehrsträger. Die Prüfung ist bestanden, wenn mindestens 50 Prozent der in der Prüfung erreichbaren Höchstpunktzahl erzielt werden. Die Prüfung kann nur einmal ohne nochmalige Schulung wiederholt werden. Die Prüfungsdauer beträgt jeweils 50 Minuten für jeden zu prüfenden Verkehrsträger. Bei erfolgreicher Prüfungsteilnahme wird ein Schulungsnachweis ausgestellt. Die Dauer der Gültigkeit richtet sich nach der Geltungsdauer des Schulungsnachweises der nach der Grundprüfung ausgestellt wurde.
  • Verlängerungsprüfung
    Vor Ablauf des gültigen Schulungsnachweises ist eine Verlängerungsprüfung abzulegen. Diese kann bis zu einem Jahr vor dem Ablauftermin ohne Fristschädigung erfolgen. Die mögliche Höchstpunktzahl beträgt für einen Verkehrsträger 30. Sie erhöht sich für jeden weiteren Verkehrsträger um jeweils 15 Punkte. Die Prüfung ist bestanden, wenn mindestens 50 Prozent der in der Prüfung erreichbaren Höchstpunktzahl erzielt werden. Innerhalb der Geltungsdauer des aktuellen Schulungsnachweises kann die Prüfung unbegrenzt wiederholt werden. Die Prüfungsdauer beträgt 50 Minuten für einen Verkehrsträger. Sie erhöht sich für jeden weiteren Verkehrsträger um jeweils 25 Minuten. Nach erfolgreicher Prüfungsteilnahme wird ein neuer Schulungsnachweis ausgestellt. Erfolgt die Verlängerungsprüfung innerhalb des letzten Jahres der Gültigkeit der aktuellen Bescheinigung, so werden auf dieses Ablaufdatum fünf weitere Jahre addiert. Erfolgt die Verlängerungsprüfung mehr als ein Jahr vor Ablauf der aktuellen Bescheinigung, so berechnet sich die neue Gültigkeit nach dem Prüfungsdatum. Der Besuch einer Schulung ist nicht vorgeschrieben, kann aber auf freiwilliger Basis bei den in der Anlage genannten Schulungsveranstaltern besucht werden.

9. Schulungsveranstalter

Die Schulungen erfolgen bei den von der örtlich zuständigen IHK zugelassenen Schulungsveranstaltern.
Bitte erfragen Sie die aktuellen Schulungsveranstalter für den Binnenschiffsverkehr bei der Niederrheinischen IHK in Duisburg.
Schulungsveranstalter aus anderen Kammergebieten nennt Ihnen die jeweils örtlich zuständige IHK.

10. Besonderheit im Luftverkehr

Wer an der Beförderung gefährlicher Güter im Luftverkehr beteiligt ist, muss die Bestimmungen der ICAO/IATA – Gefahrgutvorschriften (Dangerous Goods Regulations – DGR) beachten. Für bestimmte Personengruppen sind Schulungen (inkl. Prüfung) vorgeschrieben.
Eine Liste der vom Luftfahrtbundesamt (LBA) zugelassene Schulungsveranstalter finden Sie auf der Homepage des LBA.

Die Industrie- und Handelskammern nehmen keine Prüfungen für den Luftverkehr ab.