Interview mit Jennifer Rennhak

Die Dinge laufen auch in Afrika – nur anders

Die Rennhak Bäckerei-Technik GmbH in Bergkamen handelt überwiegend mit gebrauchten Bäckereigeräten und -maschinen – viele davon werden nach Afrika verkauft. Gesellschafterin und Prokuristin Jennifer Rennhak im Gespräch über Fallstricke, Vorurteile und die Freude darüber, wenn in Afrika eine neue Bäckerei aufmacht.
Frau Rennhak, Ihr Unternehmen hat sich von einem Bäckereibetrieb zu einem Großhändler entwickelt. Wie kam es dazu?
Mein Vater hat schon 1985 begonnen, gebrauchte Maschinen zu kaufen, in der heimischen Garage wieder flott zu machen und weiterzuverkaufen. Das lief anfangs noch quasi nebenher, wuchs aber kontinuierlich. Spätestens seit mein Bruder Stefan Rennhak für einen Webauftritt gesorgt hat, hat die Nachfrage dann nochmal deutlich angezogen. Seit gut 15 Jahren sind wir nun im Großhandel, auch wenn unser Betrieb mit sechs Beschäftigten vergleichsweise klein ist.
Wie sieht Ihr Geschäftsmodell konkret aus?
Es fußt auf drei Säulen. Zum einen kaufen wir gebrauchte oder ausgemusterte Bäckereimaschinen auf und verkaufen sie direkt an Händler im Ausland. Die wiederum reparieren sie und verkaufen sie lokal weiter. Zum anderen bereiten wir Maschinen auch selbst auf und beliefern bestehende Bäckereien, die auf der Suche nach bestimmten Maschinen sind – etwa, weil sie ihr Sortiment erweitern oder eine ausgefallene Maschine ersetzen wollen. Und schließlich statten wir Betriebe aus, die neu anfangen wollen und daher eine komplette Ausstattung benötigen.
Sie liefern secondhand alles, was ein junger Bäckereibetrieb braucht, um loszulegen?
Ja, nicht nur Maschinen, sondern auch Möbel oder Zubehör sind möglich. Wir kaufen vieles von Betrieben in Deutschland, die aus unterschiedlichen Gründen schließen mussten. Pro Jahr schnüren wir etwa fünf bis zehn solcher „Komplettpakete“. Die gehen meist ins Ausland, denn in Deutschland ist es für neue Bäckereibetriebe mittlerweile schwerer, Fuß zu fassen. Das funktioniert nur in Nischen – und auch nur dort, wo es entsprechende Rahmenbedingungen gibt.
Das heißt?
„Showbaking“ ist ein neuer Trend mit regionalen Rohstoffen oder ohne künstliche Zusätze – „back to the roots“ quasi. Ein Bäckereibetrieb in Augsburg beispielsweise, der französische Croissants auf eine sehr besondere oder klassische Weise herstellt – etwa mit original französischer Butter – ruft dafür Preise auf, die nicht überall gezahlt würden: fast drei Euro für ein Croissant. Solches Backwerk anzubieten, funktioniert nur in Städten, wo das Geld etwas lockerer sitzt.
Seit vielen Jahren verkaufen Sie Maschinen nach Afrika. Wie sind die Kontakte entstanden?
Das ein oder andere hatte mein Vater schon früher nach Afrika verkauft. 2014 erhielt ich nach Abschluss meiner Ausbildung von der Industrie- und Handelskammer ein Stipendium und war eine Zeitlang in Südafrika und besuchte einen Sprachkurs. So entstanden weitere Kontakte. Mit der Zeit wuchsen das Netzwerk – und mein Interesse, mehr Bäckereitechnik in Afrika zu verkaufen. Ich war bei einer Delegationsreise nach Uganda und Kenia mit dabei und besuchte später auch Äthiopien und Tansania. Es entstehen heute mehr und mehr Bäckereien in Afrika, die mit deutschen Maschinen betrieben werden. Maschinen „made in Germany“ genießen dort nach wie vor einen sehr guten Ruf – sie sind robust, zuverlässig und laufen teils jahrzehntelang.
Welche Unterschiede zu den hiesigen Bäckereien gibt es?
Zunächst einmal sind es meist keine Ketten, sondern fast immer lokale Familienbetriebe. Eltern, Onkel und Tanten geben, was sie können, damit die Maschinen aus Deutschland gekauft werden können. Und natürlich müssen wir auch darauf achten, dass die Maschinen geeignet sind, die Teige und Produkte zu verarbeiten, die vor Ort gefragt sind. Ich war mittlerweile viele Male in Afrika, und es macht Spaß, sich auch mal anzusehen, was da vor Ort in den Bäckereien ausliegt.
Welche Herausforderungen beim Auslandsgeschäft mit Afrika haben Sie erlebt?
Es ist nicht damit getan, einfach nur die Maschinen zu verkaufen, es gehören auch ausführliche Beratung und Support dazu. Für einen kleinen Betrieb wie uns kann das schon einmal fordernd sein. Wir sind mittlerweile sehr gut vernetzt und können daher auch viel Hilfe bieten. Und das ist uns auch wichtig! Wir waren früher ja selbst ein Bäckereibetrieb, und die Leidenschaft für das Handwerk haben wir uns bewahrt. Daher wollen wir, dass ein neuer Betrieb gut läuft. Und dank Internet sind ja auch Videocalls aus dem tiefsten Busch heute machbar. Wir wundern uns, aus welchen Regionen zum Teil die Anrufe kommen – und um welche Uhrzeit (lacht).
Gibt es weitere Punkte?
Manchmal dauert es sehr lange, von Herstellern Ersatzteile zu erhalten für Maschinen, die wir reparieren wollen. Bis zu einem halben Jahr Wartezeit habe ich schon erlebt. Die Hersteller sehen es teilweise nicht gern, wenn wir gebrauchte Maschinen wieder flott machen – sie würden gern neue Maschinen verkaufen.
Was empfehlen Sie Unternehmen, die in Afrika ein neues Geschäft aufbauen wollen?
Vor allem: Geduld mitbringen! Nicht davon ausgehen, dass alles gleich im ersten Anlauf funktioniert. Wir sind hier in Deutschland vieles gewohnt, das wir als selbstverständlich auch für andere Länder erachten. Was sich grundsätzlich für unseren Betrieb bewährt hat und ich daher auch anderen Unternehmen ans Herz lege, ist, nur Vorkasse zu akzeptieren. Unsere Partner in Afrika haben dafür auch Verständnis. Hier spielt wieder der gute Ruf eine Rolle, den deutsche Waren und Handelspartner in Afrika haben.
Stichwort Ruf: Haben Sie auch Vorurteile erlebt – sowohl auf afrikanischer als auch deutscher Seite?
Deutsche denken oft über Afrika: Da geht es drunter und drüber, alles völliges Chaos. Die Wahrheit ist: Die Dinge laufen auch dort – nur anders, als wir es gewohnt sind. Die Flexibilität ist groß. Was hier als Totalschaden an einem Fahrzeug oder an einer Maschine angesehen würde, wird dort noch repariert. Wenn Sie denken, es geht nichts mehr, kommt jemand mit dem Moped und einer Werkzeugtasche vorbei und bringt die Sache wieder zum Laufen. Man darf nur nicht glauben, das liefe alles streng nach Schema A, so, wie wir es kennen.
Und wie sieht es umgekehrt aus?
Menschen in Afrika denken meiner Erfahrung nach oft, Deutsche seien nicht hilfsbereit. Wenn sie dann aber freundlich empfangen und betreut werden und echte Hilfsbereitschaft erleben, wundern sie sich erst – im positiven Sinne – und freuen sich dann sehr. Und das macht auch mich als Unternehmerin stolz auf unseren Betrieb und das, was wir leisten. Viele afrikanische Kunden wundern sich auch, dass wir selbst mit Hand anlegen und nicht nur am Schreibtisch sitzen. Aber in einem kleinen Familienunternehmen wie unserem, ist eine „Hands-on-Mentalität“ völlig normal.

DAS INTERVIEW FÜHRTE MARIO OLESCHKO
ZUR PERSON
Jennifer Rennhak, Jahrgang 1991, machte nach dem Abitur eine Ausbildung im Groß- und Außenhandel bei der Rennhak Bäckerei-Technik GmbH, die sie mit „sehr gut“ abschloss und daher 2014 von der IHK zu Dortmund ein Weiterbildungsstipendium erhielt. Seit 2015 hat sie den afrikanischen Kontinent mehrfach bereist und neben dem geschäftlichen Interesse auch ihre persönliche Leidenschaft für Afrika entdeckt.