Handelsvertreterrecht

Handelsvertreter kaufen und verkaufen keine eigenen Waren, sind aber selbstständige Unternehmer. Sie repräsentieren traditionell einen bedeutsamen Berufszweig. Dem Handelsvertreterrecht kommt im Handelsgesetzbuch sogar ein eigener Abschnitt zu. Grund genug, einige Rechtsfragen, die sich Handelsvertretern immer wieder stellen, auch in diesem Rahmen einmal zu beleuchten.
Was kennzeichnet den Handelsvertreter?
Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer in dessen Namen und für dessen Rechnung Geschäfte zu vermitteln oder abzuschließen, § 84 Abs. 1 HGB. Der Kaufmann, der als Händler tätig ist, handelt dagegen im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Der Kommissionär wiederum handelt zwar ebenfalls für fremde Rechnung, aber im eigenen Namen.
Der Handelsmakler erledigt im Unterschied dazu Geschäfte von Fall zu Fall für verschiedene Unternehmer und ist damit nicht ständig für einen anderen Unternehmer tätig. Und der Handlungsreisende schließlich ist nicht selbstständig, sondern steht regelmäßig in einem Angestelltenverhältnis.
Welche unterschiedlichen Arten der Handelsvertretertätigkeit gibt es?
Bezirksvertreter: Ihnen ist ein bestimmter Bezirk oder Kundenkreis zugeordnet. Sie haben auch für solche Geschäfte Anspruch auf Provision, die ohne ihre Mitwirkung mit Personen ihres Bezirks oder Kundenkreises abgeschlossen werden (§ 87 Abs. 2 HGB).
Alleinvertreter: Hierunter versteht man einen Bezirksvertreter, dem ein verstärkter Kundenschutz eingeräumt wird. Er hat Anspruch darauf, dass das Unternehmen, das er vertritt, weder selbst noch durch andere Beauftragte in „seinem“ Bezirk tätig wird.
Einfirmen-/Mehrfirmenvertreter: Wie sich aus der Bezeichnung bereits ergibt, werden Einfirmenvertreter nur für ein Unternehmen tätig, während Mehrfirmenvertreter mehrere Unternehmen mit verschiedenen Produkten vertreten. Mehrfirmenvertreter unterliegen zumeist einem Konkurrenzverbot, dürfen also ohne anderweitige vertragliche Vereinbarung nicht miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen vertreten.
Vermittlungsvertreter/Abschlussvertreter: Der Vermittlungsvertreter ist lediglich mit der Vermittlung von Geschäften betraut, der Abschlussvertreter kann dagegen auch den Vertragsschluss im Namen des von ihm vertretenen Unternehmens selbst herbeiführen.
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Müssen Handelsvertreter ein Gewerbe anmelden und sich in das Handelsregister eintragen lassen?
Als selbstständiger Unternehmer muss der Handelsvertreter natürlich sein Gewerbe bei der zuständigen kommunalen Gewerbemeldestelle anmelden. Eine Handelsregistereintragung benötigt er jedoch nur dann, wenn sein Unternehmen einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Für die überwiegende Anzahl der Handelsvertreter trifft dies in der Praxis aber nicht zu.
Was sind die grundlegenden Pflichten und Rechte des Handelsvertreters?
Kern des Pflichtenkreises des Handelsvertreters ist die Vermittlungs- und Abschlusspflicht, § 86 Abs.1 HGB. Daneben hat bei seiner Tätigkeit das Interesse des von ihm vertretenen Unternehmers wahrzunehmen. Zudem kommt ihm gegenüber diesem auch eine Berichtspflicht (§ 86 Abs. 2 HGB) z. B. über Vermittlungserfolge zu. Aus der Pflicht zur Interessenwahrnehmung folgen weiter die Verschwiegenheitspflicht (§ 90 HGB) sowie grundsätzlich auch ein Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzverbot. Ausnahmen hiervon bedürfen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung. Schließlich hat der Handelsvertreter noch die Pflicht, alle Gegenstände, die ihm vom vertretenen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, sorgfältig zu behandeln, aufzubewahren und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wieder an dieses herauszugeben.
Wer Pflichten trägt, dem stehen aber auch Rechte zu. Dies ist beim Handelsvertreter an erster Stelle das Recht auf Zahlung von Provision seitens des von ihm vertretenen Unternehmens (§ 87 Abs. 1 HGB). Daneben kann der Handelsvertreter verlangen, dass ihm die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Geschäftsbedingungen, Kundenlisten etc. zur Verfügung gestellt werden. Aus der allgemeinen Unterstützungs- und Treuepflicht folgt, dass auch das Unternehmen nicht in Konkurrenz zum eigenen Handelsvertreter treten darf.
Wie wird die „Bezahlung“ des Handelsvertreters geregelt?
Die übliche Vergütung des Handelsvertreters ist seine Provision (§ 87 HGB). Die Provision ist eine Erfolgs- und keine Tätigkeitsvergütung. Sie ist also erst dann verdient, wenn das vertretene Unternehmen das vermittelte Geschäft ausgeführt hat. „Verprovisioniert“ werden grundsätzlich nur Geschäfte, die auf Aktivitäten des Handelsvertreters zurückzuführen sind. Dies können auch Nachbestellungen von Kunden sein, die der Handelsvertreter ursprünglich für das Unternehmen geworben hat, wenn es sich um Geschäfte der gleichen Art handelt.
Eine Besonderheit gilt für den Bezirksvertreter (siehe oben): Sein Provisionsanspruch gilt für alle in seinem Bezirk oder mit seinem Kundenkreis vom Unternehmer abgeschlossenen Geschäfte, selbst wenn sie ohne sein Mitwirken zustande gekommen sind. Die Höhe der Provision sollte konkret vertraglich vereinbart werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, gilt nach § 87b HGB der „übliche“ Satz. Dieser ist bisweilen aber nicht leicht zu ermitteln.
#Umbr
Habe ich am Ende meiner Tätigkeit als Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch?
Die Voraussetzungen hierfür regelt dezidiert § 89 b HGB. Danach steht dem hauptberuflich (§ 92 b HGB!) tätigen Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zu, wenn der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und die Zahlung eines Ausgleichs an den Handelsvertreter der Billigkeit entspricht. Der Ausgleichsanspruch entfällt jedoch, wenn der Unternehmer den Handelsvertretervertrag aus einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters kündigt. Ein Ausgleichsanspruch besteht auch dann nicht, wenn bei Vertragsbeendigung eine Vereinbarung geschlossen wird, nach der ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt. Kündigt der Handelsvertreter selbst, besteht regelmäßig kein Ausgleichsanspruch, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dass dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder Krankheit nicht zugemutet werden kann. Unbedingt zu beachten ist, dass der Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden muss. Ein vorheriger Ausschluss des Anspruchs ist nicht möglich.
Wie hoch ist der Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB?
Ohne hier auf alle Details der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eingehen zu können, nur so viel: Die Annahme, der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters betrage generell eine Jahresprovision, ist falsch. Hierbei handelt es sich vielmehr um die Höchstgrenze, berechnet nach dem Durchschnitt der Provisionen oder sonstigen Vergütungen der letzten fünf Jahre der Tätigkeit bzw. bei kürzerer Tätigkeit während der konkreten Vertragsdauer. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ergibt sich aus den Vorteilen, die der Unternehmer auch nach Beendigung des Vertrages daraus zieht, dass der Handelsvertreter neue Kunden geworben hat und den sog. Billigkeitskriterien. Dies sind etwa eine vom Unternehmer finanzierte zusätzliche Altersversorgung für den Handelsvertreter, die wirtschaftliche und soziale Lage der Vertragsparteien oder die konjunkturelle Situation. In jedem Fall ist eine konkrete Beurteilung aller Aspekte des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen.
(aus: Ruhr Wirtschaft, Das regionale Unternehmermagazin, Mai 2015)