International

Incoterms® 2020 - Die Regeln der ICC zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln

Bereits seit 1936 nutzen Unternehmer aller Länder International Commercial Terms, bekannt als Incoterms, die durch die Internationale Handelskammer ICC in Paris als Regelwerk herausgegeben werden. Seitdem wurden sie sieben Mal überarbeitet und weiterentwickelt. Im September 2019 wurde die achte Revision veröffentlicht, die seit dem 1. Januar 2020 gültig ist.

Zweck der Incoterms

Die Incoterms-Regeln betreffen nicht den Eigentumsübergang oder die Folgen von Vertragsbrüchen, sondern regeln vielmehr Fragen zur Aufteilung der Transportkosten und zum Gefahrenübergang (Risikenabdeckung) sowie zu Geschäftsabwicklungspflichten: Damit legen sie über ein dreistelliges Buchstabenkürzel im Kaufvertrag fest, ob der Verkäufer oder Käufer Warendokumente beschafft und eventuelle Zollkosten trägt, wer für Transportdokumente und mögliche Kosten verantwortlich ist sowie wer die Information des Vertragspartners und die Versicherung, Prüfung und Verpackung der Ware übernimmt.
Sie ist für EU-Behörden nicht für Fragen der Steuerschuldnerschaft (Eigentumsübergang) oder für Zollzwecke maßgeblich, kann aber zur Hilfe bei Importzollanmeldungen verwendet werden (siehe unten: Anwendungsmöglichkeiten im EU-Zollrecht). Durch die Festlegung der vordefinierten Regel können Missverständnisse und Unklarheiten im internationalen, aber auch im nationalen Warenverkehr vermieden werden. Zahlungsbedingungen, der Eigentumsübergang der Ware oder die Rechtsfolgen eines Vertragsbruches müssen außerhalb der Incoterms geregelt werden.

Übersicht über die Klauseln

Abkürzung Englische Bezeichnung Deutsche Übersetzung laut ICC Beschreibung
EXW Ex Works Ab Werk
Die EXW-Klausel ist eine reine Abholklausel. Sie bestimmt nur die Mindestverpflichtung des Verkäufers, die Produkte am benannten Ort zur Abholung bereitzustellen. Dem Verkäufer entstehen also keine Transportkosten. Auch das Verladen und Freimachen zur Ausfuhr ist nicht Sache des Verkäufers. Die Ware muss nur verpackt und gekennzeichnet sein.
Die EXW- Klausel ist aus folgenden Gründen nur mit Bedacht anzuwenden - und anstelle dessen die FCA-Klausel oft zu bevorzugen:
  • Der Käufer holt mit dieser Klausel die Ware am Herstellungs- bzw. Lagerort ab, also im Gebäude/Lager des Verkäufers und nicht an der Laderampe des Verkäufers. Das ist in vielen Fällen auch aus haftungsrechtlichen Gründen nicht erwünscht und wird auch bei Vereinbarung der EXW-Klausel nicht so gehandhabt. Somit ist es in solchen Fällen in der Regel besser, die FCA-Klausel anzuwenden.
  • Soweit es aufgrund gesetzlicher Vorgaben im Exportland nur den Exporteuren gestattet ist, sich um die Ausfuhranmeldung zu kümmern und gegebenenfalls die Ausfuhrgenehmigungen zu beantragen, ist die EXW-Klausel ungeeignet. EXW überlässt die Ausfuhrpflichten nämlich komplett dem Käufer. Dieser kann aber ohne Mitwirkung durch den Verkäufer faktisch oft nicht imstande sein, die Ware auszuführen, insbesondere weil ihm benötigte Informationen fehlen. Somit ist es in solchen Fällen in der Regel besser, die FCA-Klausel anzuwenden.
FCA Free Carrier Frei Frachtführer
Der Verkäufer muss die Ware zu dem vom Käufer bestimmten Lieferort bringen. Der Verkäufer sorgt auf seine Kosten für Verpackung, Warenprüfung und Freimachung der Ware zur Ausfuhr. Abhängig vom ausgewählten Ort der Lieferung muss der Verkäufer außerdem beladen. Für den Haupttransport, die Durchfuhr und die Einfuhr ist der Käufer verantwortlich.
Die Klausel ist für alle Transportarten verwendbar. Sie eignet sich sehr gut für den Container-Transport.
FAS Free Alongside Ship Frei Längsseite Schiff
Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken, zu dem vom Käufer benannten Verschiffungshafen verbringen und zur Ausfuhr freimachen. Die Lieferung ist erfolgt, wenn die Ware längsseits des Schiffs im benannten Verschiffungshafen gebracht ist.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.
FOB Free On Board Frei an Bord
Free on Board bedeutet, dass der Verkäufer seiner Lieferverpflichtung nachkommt, wenn er die Ware an Bord des Schiffes im benannten Verschiffungshafen liefert. Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken und die Ware zur Ausfuhr freimachen.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich jedoch nicht, wenn die Ware dem Frachtführer bereits übergeben wird, bevor sie sich an Bord des Schiffes befindet.
CFR Cost and Freight Kosten und Fracht
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt zudem die Kosten und die Fracht, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungshafen zu befördern. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar. Sie eignet sich nicht für den Containertransport, bei dem die Übergabe an den Frachtführer schon stattfindet bevor sich die Ware auf dem Schiff befindet. In diesem Fall ist CPT anzuwenden.
CIF Cost, Insurance and Freight Kosten, Versicherung und Fracht
Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Der Verkäufer trägt außerdem die Kosten und die Fracht, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungshafen zu befördern. Zusätzlich hat er den Transportversicherungsvertrag (nur mit Mindestdeckung) auf eigene Kosten abzuschließen. Der Verkäufer hat zudem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Auch diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar und für den Container-Transport in der Regel nicht geeignet. Für letzteres ist CIP anzuwenden.
CPT Carriage Paid To Frachtfrei
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich hat er die Frachtkosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungsort zu befördern. Weiter hat er die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
CIP Carriage, Insurance Paid To Frachtfrei versichert
Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich hat er die Frachtkosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Ware zum benannten Bestimmungsort zu befördern. Außerdem hat er den Transportversicherungsvertrag (wieder nur mit Mindestdeckung) auf seine Kosten abzuschließen. Die CIP-Klausel verpflichtet den Verkäufer außerdem zur Verpackung und zur Freimachung der Ausfuhr.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.
DAP Delivered At Place Geliefert benannter Ort
Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware auf dem ankommenden Beförderungsmittel entladebereit am Bestimmungsort zur Verfügung stellen. Er hat die Ware zur Ausfuhr freizumachen. Der Verkäufer ist jedoch nicht verpflichtet, die Ware zur Einfuhr freizumachen.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar und eignet sich insbesondere auch dann, wenn mehrere Transportmittel innerhalb eines Warentransports zum Einsatz kommen.
DPU Delivered At Place Unloaded Geliefert benannter Ort entladen
Geliefert benannter Ort entladen bedeutet, dass der Verkäufer seiner Verpflichtung nachkommt, sobald die Ware von dem ankommenden Beförderungsmittel entladen wurde und dem Käufer an dem benannten Bestimmungsort im Bestimmungshafen oder am Bestimmungsort zur Verfügung gestellt wird. Der Verkäufer hat die Ware zur Ausfuhr freizumachen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Ware zur Einfuhr freizumachen. Der Verkäufer hat alle Kosten und Gefahren der Beförderung der Ware bis zum benannten Bestimmungsort im Bestimmungshafen oder am Bestimmungsort einschließlich der Entladekosten zu tragen.
Sollte es sich um einen anderen Ort als ein „Terminal“ handeln, sollte seitens des Verkäufers sichergestellt werden, dass die Waren am Lieferort entladen werden können.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar und eignet sich auch, wenn mehrere Transportmittel innerhalb eines Warentransports zum Einsatz kommen.
DDP Delivered Duty Paid Geliefert verzollt DDP beinhaltet die Maximalverpflichtung des Verkäufers. Der Verkäufer muss die Ware zur Ausfuhr und auch zur Einfuhr freimachen und am benannten Bestimmungsort auf dem ankommenden Beförderungsmittel unentladen liefern. Der Verkäufer trägt alle Kosten und auch die Gefahr bis zum Eintreffen der Ware an dem benannten Bestimmungsort.

Anwendungsmöglichkeiten im EU-Zollrecht

Für die Einfuhr in die EU und die dabei nötige Zollwertbestimmung ist der Ort des Verbringens relevant, was aus den Incoterms ablesbar ist. Daher können die Incoterms-Klauseln zusammen mit dem dabei vereinbarten Stand-, Bestimmungs- oder Lieferort als Beschreibung der Lieferbedingung in der Einfuhranmeldung verwendet werden. Es gibt aber keine Pflicht zur Verwendung der Klauseln - die Lieferbedingung kann auch umgangssprachlich angegeben werden. Weitere Informationen dazu gibt es im Merkblatt zu Zollanmeldungen, summarischen Anmeldungen und Wiederausfuhrmitteilungen in Anhang 2 bzw. allgemein beschrieben auf der Internetseite des Zolls.
In Präferenzkalkulationen für den Präferenzverkehr wird bei Wertklauseln öfters auf den Ab Werk-Preis oder (bei Japan) auf den FOB-Preis verwiesen. Diese Formulierungen sind in den jeweiligen Abkommen genau definiert. Sie orientieren sich an den gemäß Incoterms anfallenden Kosten für die jeweilige Seite und nicht auf die restlichen Bestimmungen der Incoterms unter der gleichlautenden Klausel (Ab Werk-Preis = effektiver Netto-Verkaufspreis der eigentlichen Ware ohne Transport-, Zoll-, Steuern-, Montagekosten etc.; FOB = i. d. R. der Wert aller verwendeten Vormaterialien sowie alle sonstigen bei seiner Erzeugung und seinem Transport zum Ausfuhrhafen der Vertragspartei angefallenen Kosten). Zu verwenden ist immer die Definition aus dem jeweiligen Abkommen und nicht die aus der Incoterms-Klausel. Weitere Informationen dazu gibt es beim Zoll.

Tipps zum Gebrauch der Incoterms

Beziehen Sie ausdrücklich die 2020er-Incoterms-Regeln in Ihren Kaufvertrag ein

Wenn Sie möchten, dass die aktuellsten Incoterms-Klauseln für Ihren Kaufvertrag gelten sollen, müssen Sie dies mit der Formulierung „Incoterms® 2020” in Ihrem Vertrag deutlich machen. Ansonsten können auch auf Grundlage älterer Incoterms-Versionen die Aufteilung der Transportkosten und zum Gefahrenübergang sowie zu Geschäftsabwicklungspflichten geregelt werden. Dazu muss die jeweilige Incoterms-Version in der Formulierung genannt werden.

Wählen Sie die geeignete Klausel

Die gewählte Incoterms-Klausel muss passend sein für die Ware und das Beförderungsmittel - vor allem aber dafür, ob die Parteien dem Verkäufer oder dem Käufer zusätzliche Verpflichtungen auferlegen möchten, wie zum Beispiel die Pflicht den Transport zu organisieren oder eine Versicherung abzuschließen. Weitere Informationen erhalten Sie in den Anwendungshinweisen, die in der offiziellen ICC-Publikation (siehe unten) jeder Klausel vorangestellt sind.

Benennen Sie Ihren Ort oder Hafen so genau wie möglich

Die gewählte Incoterms-Klausel kann nur dann ihrem Zweck gerecht werden, wenn die Parteien einen Ort oder Hafen benennen, wobei dieser jeweils so genau wie möglich zu bestimmen ist. Damit vermeiden Sie in dem Falle, in dem die Incoterms wirklich relevant werden - im Streitfall - Missverständnisse und Auslegungen zu Ihren Ungunsten.

Denken Sie daran, dass die Klauseln keinen vollständigen Kaufvertrag beinhalten

Die Incoterms-Klauseln bestimmen zum Beispiel, welche Partei des Kaufvertrags die Verpflichtung hat, einen Kaufvertrag oder Versicherungsvertrag zu besorgen und für welche Kosten jede Partei verantwortlich ist, wenn der Verkäufer Waren beim Käufer liefert. Die Handelsklauseln sagen hingegen nichts über den zu zahlenden Preis oder die Art seiner Zahlung aus. Auch sagen sie nichts über den Eigentumsübergang der Ware oder die Rechtsfolgen eines Vertragsbruches aus. Diese Angelegenheiten werden normalerweise durch ausdrückliche Bedingungen im Kaufvertrag oder durch das zugrunde liegende Recht geregelt. Die Parteien sollten sich darüber bewusst sein, dass das vorgeschriebene nationale Recht bestimmte Aspekte des Kaufvertrags, einschließlich der gewählten Incoterms-Klausel, außer Kraft setzen kann.

Grundlegende Änderungen der Version 2020

Die Incoterms® 2020...
  • ändern die Klausel DAT (Geliefert Terminal) zu DPU (Geliefert benannter Ort entladen), damit jeder beliebige (vereinbarte) Ort der Bestimmungsort sein kann,
  • tragen dem nachgewiesenen Marktbedarf in Bezug auf Konnossemente mit „On-Board“-Vermerken und der FCA Incoterms-Klausel Rechnung,
  • passen den Versicherungsschutz in den Klauseln CIF und CIP an die aktuelle Geschäftspraxis an,
  • berücksichtigen in FCA, DAP, DPU und DDP die Geschäftspraxis, dass immer mehr Verkäufer oder Käufer die Beförderung der Ware mit eigenen Verkehrsmitteln orga­nisieren,
  • berücksichtigen die weltweit gestiegenen Sicherheitsanforderun­gen bei der Beförderung von Waren und enthalten künftig klare Regeln zur Verteilung der Sicher­heitspflichten und der damit verbundenen Kosten.

Incoterms® 2020 zum Nachlesen

Die Regeln sind nachzulesen im offiziellen Fachbuch der ICC: „Incoterms® 2020 – Die Regeln der ICC zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln”, ISBN 978-3-929621-73-0.