Startup-Szene weltweit

Japan: Spätzünder

 
Startups müssen im Land der aufgehenden Sonne noch mit einigen Hürden kämpfen. Langsam entwickelt sich vor Ort aber ein spannendes „Ökosystem“.
Von Dominik Stute, nach Informationen von Germany Trade & Invest
Eigentlich würde man in einem Hochtechnologieland wie Japan eine lebendige Startup-Szene erwarten. Die japanische Mentalität und eine sehr komplizierte Bürokratie führen, aber dazu, dass diese Szene sich aktuell erst langsam entwickelt. Bisweilen wird Japan als das Industrieland mit dem niedrigsten Ausmaß an Unternehmergeist bezeichnet. Wo ein Scheitern eines Gründers, bspw. in den USA, als wertvolle, vielleicht sogar notwendige Erfahrung betrachtet wird, kommt es in Japan einer Katastrophe gleich. Die daraus resultierende mangelnde Risikobereitschaft ist nicht das beste Attribut für aufstrebende Startups.
Die Risikoaversion der Japaner schlägt sich auch in der Finanzierung nieder. Jungunternehmer haben es schwer, an ausreichend Finanzmittel zu gelangen. Die Finanzierung über Bankkredite ist in der Startphase Finanzexperten zufolge nahezu unmöglich. Ohne Vorlage einer Erfolgsbilanz oder eines Geschäftsberichts kann man sich den Weg zur Geschäftsbank sparen werden. Erst nach einigen Jahren, wenn das Startrisiko reduziert ist, steht diese Option im Regelfall zur Verfügung. Diese Wartezeit kann auch nicht durch die Vorlage eines vielversprechenden Businessplans verkürzt werden. Als Kapitalgeber bieten sich allerdings spezielle halbstaatliche Organisationen (sog. Consumer Credit Companies) an. Sie nehmen Beteiligungsrechte in Anspruch und fungieren als stille Teilhaber im Rahmen einer Finanzpartnerschaft. Startups nehmen dies billigend in Kauf – auch um auf diese Weise mit der Rückendeckung eines Unternehmens das eigene Risiko zu minimieren.
Es ist aber bei Weitem nicht alles schlecht in Japan: Der japanische Startup-Markt ist in Bewegung. Die Konjunkturflaute hilft tendenziell dabei, denn junge Japaner realisieren, dass die großen Unternehmen längst nicht mehr in der Lage sind, die traditionelle lebenslange Beschäftigung zu garantieren. Verschiedene Inkubatoren wie das Samurai Startup Island sind bereits aktiv. Auch das Seed Funding kommt langsam in Bewegung. Mittlerweile hat sich ebenfalls die Zahl der privaten und institutionellen Investoren, die bereits in der Gründungsphase zur Seite stehen, leicht erhöht. Insgesamt stieg damit das Volumen des japanischen Wagniskapitals: 2015 waren es etwa 140 Milliarden Yen, was in etwa einer Milliarde Euro entspricht.
Regionale Konzentration
Die zwei bevölkerungsreichsten Ballungsgebiete Kanto (mit Tokio und Yokohama) sowie Kansai (mit Osaka, Kobe und Kyoto) sind die Hotspots der Startup-Szene. Hier sind die meisten der Unternehmen, Universitäten sowie Forschungszentren angesiedelt und hier entstehen – beispielsweise in Form von Gründungszentren – zwangsläufig auch die größten Magnetfelder für Jungunternehmer. Verschiedene Initiativen der Regierung zielen jedoch darauf ab, die kleineren Ballungsgebiete oder ländliche Regionen zu fördern. So soll sich beispielsweise die Regional Economy Vitalization Corporation of Japan (REVIC) in Zusammenarbeit mit lokalen Finanzinstitutionen verstärkt darum kümmern, dass eine Revitalisierung der Wirtschaft mit Hilfe von Wagniskapital auch außerhalb der großen Städte stattfindet.
Hinsichtlich ihrer Zielmärkte hat sich in letzter Zeit unter den japanischen Startups ein Wandel vollzogen. Vor kurzem stand noch der Inlandsmarkt in der Entwicklungsphase klar im Vordergrund, bevor gegebenenfalls der Gang ins Ausland in Erwägung gezogen wurde. Aufgrund der mangelnden Finanzierung im Land sind aber vor allem ausländische Kapitalgeber mittlerweile sehr interessant geworden. Diesen Trend unterstützen große globale Konferenzen, die in Japan entstanden sind. So wird beispielsweise Europas größte Startup-Konferenz Slush, die eigentlich aus Helsinki stammt, seit 2015 mit mehreren Tausend Besuchern auch in Tokio durchgeführt. www.gtai.de/start-ups