Startup-Szenen weltweit

Israel: Tel Aviv - Nabel der Welt für Existenzgründer

Israel ist nach den USA die bedeutendste Startup-Nation der Welt. Die perfekte Mixtur aus technischem Know-how und guten Finanzierungsmöglichkeiten macht das Land so attraktiv.
Von Dominik Stute, nach Informationen von Germany Trade & Invest
Israel muss sich vor den USA nicht verstecken: Etwa 6.000 Startups, mehr als 70 Wagniskapitalfonds und über 200 Inkubatoren und Acceleratoren sind in dem Land aktiv. Die Finanzlage der Startups wird neben den zahlreichen privaten Investoren dadurch ergänzt, dass auch der Staat wertvolle Unterstützungen anbietet. So gibt es beispielsweise staatlich geförderte Technologieinkubatoren, in denen Frühphasenprojekte gefördert werden. Tel Aviv – die sog. Nonstop City – ist immer in Bewegung und das Zentrum der Startup- und Hightech-Szene. Über die Hälfte aller Startups in Israel haben ihren Sitz in der Metropolregion, die fast vier Millionen Einwohner umfasst und damit den Mittelpunkt der Startup-Nation bildet. Auf jeden Quadratkilometer kommen fast 50 Startups – eine weltweit einzigartig hohe Konzentration, die schnell auf die besondere Dynamik dieser Stadt schließen lässt.
Aber auch das internationale Flair, die Offenheit und Freundlichkeit der Israelis, 14 Kilometer Strand am Mittelmeer sowie 318 Sonnentage im Jahr machen Tel Aviv zu einem besonderen Standort für Gründer aus der ganzen Welt. Ein weiterer Vorteil der Stadt ist die hohe Anzahl etablierter Hightech-Firmen wie Google, Facebook, Microsoft oder IBM, die zum Teil vor Ort große Forschungseinrichtungen unterhalten und im Markt auf diese Weise weitere Impulse setzen.
Gründungen nach dem Militärdienst
Der Staat Israel ist eigentlich selbst eine Art Startup, denn das Land musste nach der Staatsgründung im Jahr 1948 lernen, flexibel mit verschiedensten Problemen umzugehen. Dies hat sich in der Mentalität der Israelis verhaftet. Neben Problemen wie mangelndes Trinkwasser oder das starke Bevölkerungswachstum ist das wohl größte Problem die ständige Gefahr durch verfeindete Nationen im Umkreis Israels. Das Land hat dadurch eines der weltweit am besten ausgestatteten Militärs, was wiederum der Startup-Kultur zugutekommt. Denn viele der erfolgreichen israelischen Startups werden von ehemaligen Militärdienstleistenden gegründet, die während ihres Dienstes in technischen Dingen sehr gut ausgebildet wurden. Daher sind israelische Startups beispielsweise im Bereich Cybersecurity stark aufgestellt. Hinzu kommt die gerade im Vergleich zu Deutschland unterschiedliche Mentalität im Umgang mit Misserfolgen. Ähnlich wie in den USA wird auch in Israel ein Scheitern eher als Erfahrungsgewinn angesehen und führt nicht automatisch zu schlechteren Perspektiven im weiteren Geschäftsleben.
„Israelis hinterfragen Autoritäten und Prozesse“
Drei Fragen an Gregor Schlosser, Startup-Experte bei der AHK Israel.
Herr Schlosser, was ist das besondere an der israelischen Startup-Szene?
In Israel kommen die drei wichtigsten Zutaten für ein gesundes Startup-“Ökosystem“ zusammen: Das ist erstens der generelle Pioniergeist und die Gründermentalität der Israelis. Zweitens ist der Markt sowohl von privater als auch von staatlicher Seite mit ausreichend Kapital versorgt. Über 200 Inkubatoren und Acceleratoren helfen in der Frühphase eines Startups mit Anschubfinanzierung, wichtigen Tipps und Kontakten. Und für die A- und B-Runde danach gibt es eine ausgeprägte Venture Capital Szene. Die dritte Zutat ist das ausgezeichnete technische Know-how der Israelis. Einige exzellente Universitäten sowie das technische Wissen aus dem Militär führen zu vielen technischen Neuerungen.
Spielt auch die israelische Kultur eine Rolle beim Thema Startups?
Auf jeden Fall! Israelis sind es gewohnt, Autoritäten und Prozesse zu hinterfragen und neu zu denken. „Das war schon immer so“ gibt es dort nicht. Dafür sind Israelis zu eigensinnig und haben zu allem mindestens eine Meinung, meistens sogar zwei oder drei. Ganz wichtig ist auch die israelische Chuzpe, so eine Art liebenswürdige Unverfrorenheit, die ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Ein Jungunternehmer aus Tel Aviv, dessen Startup noch nicht viel mehr als eine Idee ist, ruft schon mal direkt beim General Manager eines VC-Fonds an und bittet um Rat und Geld.
Sie organisieren ja die NRW-Reise nach Tel Aviv. Was ist das besondere an diesem Angebot?
Die Teilnehmer können bei der Reise innerhalb kürzester Zeit einen sehr tiefen Einblick in die israelische Startup-Szene erhalten und wichtige Kontakte knüpfen. In verschiedenen Workshops werden die Startups zum Beispiel ihren internationalen Pitch anpassen und in zwei verschiedenen Formaten vor potenziellen Investoren und anderen Szenekennern pitchen. Die dort gewonnene Erfahrung kann direkt in ihr Unternehmen einfließen und mit etwas Glück trifft man sogar vielleicht den nächsten Kunden oder Geldgeber.