Erfahrungsberichte vergangener Reisen

Startups im Reich der Mitte

14 Startups aus NRW reisten unter Leitung der IHK zu Dortmund nach China. Mit b-interaktive und LoyalGo waren auch zwei Unternehmen aus Dortmund dabei.
China ist schon lange nicht mehr die Werkbank der Welt, sondern strebt nach mehr: Laut aktuellem Fünfjahresplan der Regierung soll sowohl die Anzahl der Patente als auch das Einkommen im Vergleich zu 2010 verdoppelt werden. Auch der Breitbandausbau soll von 40 auf 70 Prozent steigen. Noch ambitionierter sind die Pläne der „Made in China 2025“ Strategie, bei der China in vielen technologischen Bereichen Weltmarktführerschaft anstrebt. Die Digitalisierung ist vielleicht in der Breite – vor allem auf dem Land – noch nicht so weit fortgeschritten wie in anderen Ländern. Die Begebenheiten sind aber unglaublich günstig, dass sich dies schnell ändern wird. Denn die Aufbruchstimmung in China ist enorm und gerade die Akzeptanz in der Bevölkerung für Innovationen sehr groß. Datenschutz wird nicht so kritisch gesehen und so können neue Software und Hardwarelösung schnell einen scheinbar unendlich großen Markt erobern. In diesem Umfeld sind in China in den letzten Jahren Tech-Giganten wie Alibaba und Tencent entstanden, die ihre Größe und wirtschaftliche Stärke langsam dafür nutzen, sich auch über die Grenzen hinweg zu internationalisieren. 
All dies waren genug Gründe für die IHK zu Dortmund, eine Reise für 14 junge Startups aus NRW nach China zu initiieren. Gefördert vom Land NRW über die Gesellschaft für Außenwirtschaftsförderung NRW.International und vor Ort betreut durch die AHK Greater China ging es Ende März eine Woche in die Metropolen Shanghai und Shenzhen. Shanghai hat als wirtschaftlich stärkste Stadt Chinas eine besondere Anziehungskraft. Mehrere Tausend deutsche Unternehmen sind bereits vor Ort aktiv und nutzen die Stadt als Ausgangspunkt ihrer China- bzw. Asienaktivitäten. 
Shenzhens Geschichte steht stellvertretend für die Entwicklung Chinas in den letzten Jahrzehnten. In den 1980er-Jahren noch ein Fischerdorf mit rund 60.000 Einwohnern, beherbergt die Stadt im Perlflussdelta heute rund 13 Millionen Einwohner und ist damit eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt. Vor den Toren Hongkongs hat sich die Stadt zum „Hardware Silicon Valley“ entwickelt. Auf dem berühmten Elektronikmarkt „Huaqiangbei“ gibt es beispielsweise Zehntausende kleine Läden, die Elektronikkomponenten aller Art anbieten. Wer in China einen Prototyp bauen möchte, kann dort im Vergleich zu Deutschland mehrere Monate Zeit und viel Geld sparen. Auch die Teilnehmer aus NRW waren vom Markt und den dortigen Möglichkeiten begeistert. 
​​​​​​​Unterschiedliche Ziele 
Insgesamt waren die Startups mit unterschiedlichen Interessen angereist. Für einige war es der erste Besuch in China, sie wollten ihr Wissen erweitern sowie erste Kontakte knüpfen. Andere hatten bereits Kunden oder Zulieferer vor Ort und wollten ihr Netzwerk weiter ausbauen. Das Programm gab für beide Gruppen genug Anknüpfungspunkte. Workshops zu Themen wie „Interkulturelle Kommunikation“, „E-Commerce“ oder „Finanzierung“ vermittelten umfangreiches Wissen über den Markteinstieg. Besuche bei anderen Startups oder Startup-Acceleratoren brachten das lokale Ökosystem näher. Größtes Highlight waren aber die beiden Abendevents in Shanghai und Shenzhen, bei denen jeweils über 100 Gäste anwesend waren. Unter dem Titel „German Networking Event – German Startups meet companies in Shanghai” stellten sich die Startups vor dem deutschen Netzwerk der AHK in Shanghai vor. In Shenzhen hieß es „Pitching for the Dragon“ – 2nd AHK Innovation Night with German Start-ups“. Hier traten die Startups gegeneinander an und präsentierten sich einem Publikum aus Investoren, Startups und klassischen Unternehmen. Insgesamt war das Feedback der Startups sehr positiv und die IHK und AHK werden sie weiter bei ihrer Internationalisierung begleiten.
3 Fragen an Sebastian Schramm
Sebastian, was waren die Gründe für dich, an der Chinareise teilzunehmen?
Ganz konkret wollte ich mir anschauen, ob es vor Ort potenzielle Elektronik-Lieferanten für unser Produkt geben könnte. Darüber hinaus hatte ich aber auch großes Interesse, mir diesen aufstrebenden Markt einfach mal anzuschauen. China ist in der Digitalisierung weit fortgeschritten und viel offener für Innovationen, als wir es sind. Neben LoyalGo haben wir mit Loyees ein weiteres Startup, bei dem es um ein modernes und digitales Treuepunktesystem geht. Da in China fast nur noch per Handy bezahlt wird, wollte ich mir anschauen, wie das vor Ort genau funktioniert und ob ich innovative Lösungen in Deutschland adaptieren kann.
Was waren für dich die Highlights der Reise?
Insgesamt war das Programm inhaltlich sehr gut und hat mein Wissen über den Markt erweitert. Die beiden Abendevents waren natürlich große Highlights, weil man sich ja nicht jeden Tag in solch einem fremden Land vor so vielen Leuten vorstellt. Außerdem sind dabei interessante Kontakte herumgekommen. Besonders betonen möchte ich aber auch die Kontakte innerhalb der Gruppe. Man lernt eigentlich nie auf solch intensive Weise andere Gründer kennen, die in einer ähnlichen Phase ihrer Entwicklung stecken. Dieser Austausch war sehr wertvoll, und für mich sind dabei sogar konkrete Kooperationen entstanden.
Wurden deine Erwartungen an die Reise erfüllt?
Sie wurden nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Es war zwar sehr anstrengend, hat sich aber mehr als gelohnt für uns!