DIHK-Umfrage zu Jahresbeginn 2022

Investitionen im Ausland werden attraktiver

Die deutsche Industrie strebt wieder vermehrt ins Ausland. Das zeigt eine Analyse, für die der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) 2.000 Antworten international aktiver Industrieunternehmen aus seiner Konjunkturumfrage vom Jahresbeginn 2022 ausgewertet hat.
Demnach wollen etwas mehr auslandsaktive Industrieunternehmen als zuletzt im Ausland investieren (44 nach zuvor 43 Prozent). Während dabei die größeren mittelständischen Unternehmen (200 bis 499 Beschäftigte) bei ihrem Auslandsengagement wieder auf dem Niveau vor der Krise 2019 angelangt sind (56 Prozent), steigt der Anteil bei den großen Industrieunternehmen ab 1.000 Mitarbeiter sogar auf ein neues Rekordhoch von 85 Prozent. Nie zuvor planten so viele Großunternehmen, im Ausland zu investieren.
Die Unternehmen, die sich 2022 im Ausland engagieren wollen, planen unter dem Strich mit deutlich höheren Investitionsbudgets: 39 Prozent wollen im laufenden Jahr ihre Auslandsinvestitionen gegenüber 2021 ausweiten – spürbar mehr als noch in den beiden vorangegangenen Krisenjahren (2020: 25 Prozent; 2021: 27 Prozent), nur 11 Prozent beabsichtigen Kürzungen. Der Saldo beläuft sich damit auf 28 Punkte nach 6 Punkten im Jahr 2021. Auslandsinvestitionen in dieser Größenordnung hatte es mit einem Saldo von 27 Punkten zuletzt im Jahr 2018 gegeben.

Das zentrale Motiv für Auslandsinvestitionen der Unternehmen bleibt der Auf- und Ausbau von Vertrieb und Kundendienst im Ausland – und es gewinnt an Bedeutung. 48 Prozent der Unternehmen – und damit merklich mehr als im Vorjahr (42 Prozent) – nennen zu Jahresbeginn Vertrieb und Kundendienst als Investitionsmotiv. Nur 2012 waren die Nennungen mit 49 Prozent noch etwas höher ausgefallen.
Die Hoffnung auf eine weltweite wirtschaftliche Erholung und ein Ende der Einschränkungen durch die Pandemie lässt die Industrieunternehmen wieder stärker im Inland und in ausländischen Märkten investieren. Dabei zeigt sich, dass von den Industrieunternehmen, die für 2022 mit steigenden Investitionen im Inland kalkulieren, mittlerweile auch 64 Prozent mit steigenden Investitionen im Ausland planen; 2021 waren es 59 Prozent und 2020 noch 53 Prozent.

Vertrieb und Kundendienst im Ausland nehmen zu

Der Vertrieb von Produkten "made in Germany" im Ausland, die Kundenberatung vor Ort und der After-Sales-Service gelten als niederschwellige Möglichkeiten, um in ausländischen Märkten präsent zu sein – und perspektivisch neue Geschäftsfelder zu erschließen.
48 Prozent der Unternehmen, die angeben, im Ausland hauptsächlich aus Kostengründen investieren zu wollen, sehen in den Arbeitskosten ein Risiko für die geschäftliche Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten (2021: 41 Prozent). Weniger stark ins Gewicht fällt dieses Risiko hingegen bei Investitionen aus Gründen der Markterschließung (32 Prozent) und wegen Vertrieb und Kundendienst (34 Prozent). Bei den Unternehmen, die aus diesen beiden Gründen im Ausland investieren wollen, sind vielmehr Sorgen um den heimischen Fachkräftemangel präsent (68 Prozent beziehungsweise 63 Prozent). Im Unternehmensdurchschnitt geben 61 Prozent der Betriebe an, dass der Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko darstelle.
Bei allen drei Investitionsmotiven nennen die Betriebe steigende Energie- und Rohstoffpreise als Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Nennungen bei den Industrieunternehmen mit Auslandsplänen kletten auf rund 84 Prozent – in der Gesamtwirtschaft geben mittlerweile 61 Prozent der Betriebe dieses Hemmnis an.

Eurozone und Nordamerika gewinnen an Attraktivität

In fast allen Zielregionen steigt der Anteil der deutschen Unternehmen, die dort ausländische Investitionen planen. Lediglich in China (39 Prozent) und im Asien-Pazifik-Raum (25 Prozent) bleibt der Anteil der Unternehmen, die dort investieren wollen, konstant. Zentraler Investitionsstandort für die deutsche Industrie ist weiterhin die Eurozone. 71 Prozent der Industrieunternehmen – nach 65 Prozent in der Vorumfrage – geben an, hier investieren zu wollen.
Der Investitionssaldo aus "höheren"- und "geringeren"- Investitionen verbessert sich im gemeinsamen Währungsraum deutlich von 11 auf 33 Punkte. Mehr als jedes zweite Unternehmen plant, in den Ausbau von Vertrieb und Kundendienst zu investieren (54 Prozent). Für etwas weniger Unternehmen als im globalen Durchschnitt stehen Investitionen aus Kostengründen (23 Prozent) und in die Produktion zur Markterschließung (23 Prozent) im Vordergrund.
Besonders im Kraftfahrzeugbau legt der Anteil der Unternehmen, die ihr Engagement in der Eurozone ausweiten wollen, sprunghaft auf einen Höchststand von 90 Prozent zu (nach zuvor 69 Prozent). Die Hersteller von Elektrotechnik möchten ihr Engagement hingegen nur leicht erhöhen (67 nach 64 Prozent).
Die Top-2-Zielregion für Investitionen deutscher Unternehmen bleibt Nordamerika mit 40 Prozent der Nennungen (nach 35 Prozent). Hier verdoppeln sich die geplanten Investitionsbudgets im Vergleich zum Vorjahr (Saldo von 50 nach zuvor 25 Punkten). Die Funktionsschwerpunkte der Investitionen verändern sich Anfang 2022 verglichen mit der Vorumfrage kaum: 59 Prozent der Unternehmen wollen ihren Vertrieb und Kundendienst ausweiten, 31 Prozent Investitionen zur Markterschließung vornehmen und jedes zehnte Unternehmen plant Investitionen aufgrund von Kostenersparnis – eine im Vergleich zu anderen Zielregionen geringerer Wert.
Besonders die Maschinenbauer geben an, eine verstärkte Präsenz in Nordamerika anzustreben. 53 Prozent wollen dort investieren, ein neuer Höchststand (nach zuvor 41 Prozent). Auch die Chemie- und Pharmabranche und die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten möchten in dieser Zielregion stärker vertreten sein (47 nach 44 Prozent beziehungsweise 41 nach 39 Prozent).
Welche weiteren Länder für Investitionsabsichten außerdem attraktiv sind, erfahren Sie in der kompletten Auswertung im nebenstehenden Downloadbereich.

11.03.2022