HACCP in der Praxis - Der richtige Umgang mit Lebensmitteln

Seit 1997 sind nach der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) alle Lebensmittelbetriebe verpflichtet, durch betriebseigene Kontrollen die für die Entstehung gesundheitlicher Gefahren kritischen Punkte im Prozessablauf festzustellen und zu gewährleisten, dass angemessene Sicherungsmaßnahmen festgelegt, durchgeführt und überprüft werden. Durch diese Verordnung wurde die Lebensmittelhygiene-Richtlinie 93/43 EWG vom 14. Juni 1993 umgesetzt, die das HACCP-Konzept (Hazard Analysis Critical Control Point-Konzept) eingeführt hat
Das HACCP-Konzept bedeutet eine von den Lebensmittelbetrieben durchzuführende Eigenkontrolle und damit eine Deregulierung. Es sieht ein vorbeugendes System vor, das die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchern gewährleisten soll. Erforderlich sind eine Gefährdungsanalyse und das Ermitteln kritischer Kontrollpunkte
  • Hazard = Gefahren
  • Analysis = Analyse
  • Critical = kritischer
  • Control = Kontroll
  • Point = Punkte.
Durch die am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen EU-Verordnungen 852/2004/EG und 853/2004/EG über Lebensmittelhygiene, die in Deutschland unmittelbar anwendbar sind, wurden diese Anforderungen weiter konkretisiert. Die oben genannte EU-Richtlinie wurde aufgehoben. Jeder Lebensmittelunternehmer muss nun durch Dokumente und Aufzeichnungen das betriebliche HACCP-Konzept nachweisen können. Dabei hat er sicherzustellen, dass die Dokumente jederzeit auf dem neusten Stand sind. Er hat gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen, dass er diese Anforderungen erfüllt. In der Praxis bedeutet das, dass der Lebensmittelunternehmer dem Lebensmittelkontrolleur die Aufzeichnungen vorlegen muss.
Einzelheiten finden Sie auch auf der Seite des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat.
Andere Vorschriften
Die Gaststättenunterrichtung, die Voraussetzung für die Erlangung einer Gaststättenkonzession ist, und die Erstbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetz durch das Gesundheitsamt bleiben unberührt. Neben dieser Verordnung gelten auch das Weingesetz, Lebensmittel- und Futtermittelgesetz, sowie die Vorschriften der folgenden Verordnungen (V): Tierische Lebensmittel-HygieneV, LebensmitteleinfuhrV, KäseV, RohmilchgüteV, MilcherzeugnisV, ButterV, Mineral- und TafelwasserV, BierV, KakaoV, HonigV, LebesnmittelspezialitätenV und TrinkwasserV.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Die LMHV und das darin verankerte HACCP-Konzept gelten für alle Betriebe, die gewerbsmäßig Lebensmittel herstellen, behandeln und in Verkehr bringen. Der Begriff "herstellen" umfasst das Herstellen, Zubereiten, Be- und Verarbeiten mittels menschlicher oder maschineller Tätigkeit. "Behandeln" ist das Wiegen, Messen, Um- und Abfüllen, Stempeln, Bedrucken, Verpacken, Kühlen, Lagern, Aufbewahren, Befördern sowie jede sonstige Tätigkeit, die nicht Herstellen, in Verkehr bringen oder Verzehren ist. "In Verkehr bringen" erfasst das Anbieten, Vorrätig halten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, Feilhalten und jede Abgabe an andere. Das Gewinnen von Lebensmitteln, also die Urproduktion pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse, ohne weitere Verarbeitung oder Zubereitung, ist von der Verordnung ausgenommen.
Die LMHV gilt also für alle Branchen, die gewerbsmäßig mit Lebensmitteln im oben genannten Sinn in Berührung kommen. Betroffen sind sowohl klein- und mittelständische Betriebe als auch Großbetriebe des Handwerks, der Industrie, des Handels und der Gastronomie.
Die HACCP-Anforderungen sollen so flexibel sein, dass auch kleine Betriebe sie in allen Situationen anwenden können. In manchen Fällen kann eine gute Hygiene-Praxis die Überwachung der kritischen Kontrollpunkte ersetzen. Die Maßnahmen sollen verhältnismäßig bleiben, kleine Betriebe keinem übermäßigen Aufwand ausgesetzt werden.

Schritt für Schritt zum HACCP

Die einzelnen Schritte des HACCP-Konzepts ergeben sich aus Artikel 5 Absatz 2 a-f der Verordnung Nr. 852/2004/EG.

Grundsatz 1: Identifizierung der Risiken

Identifizierung der möglichen Gefährdung(en) auf allen Stufen der Lebensmittelherstellung von der Erzeugung über die Behandlung, Verarbeitung und Verteilung bis zum Verbrauch. Abschätzen der Wahrscheinlichkeit des Vorkommens der Gefährdung(en) und Festlegen der Vorbeugemaßnahmen zu ihrer Beherrschung.

Grundsatz 2: Identifizierung und Festlegung der kritischen Punkte

Bestimmen der Stellen, Behandlungs- und Verfahrensstufen, an denen die Gefährdung(en) drohen oder sich die Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens verringern lässt (CCP = kritische Kontrollpunkte). Eine „Stufe“ ist jedes Stadium der Lebensmittelherstellung und/oder -bearbeitung einschließlich der Rohmaterialien, des Wareneingangs, der Herstellung, Gewinnung, Beförderung, Zusammenstellung, Behandlung, Lagerung usw.

Grundsatz 3: Festlegung der Lenkungsbedingungen/Grenzen

Festlegung der kritischen Grenzwerte (Sollwerte), deren Einhaltung sicherstellt, dass der CCP unter Kontrolle ist. Für jeden identifizierten kritischen Punkt sind jetzt die Kriterien zu beschreiben, anhand derer man eine Risikogefährdung erkennen kann. Durch Auswahl geeigneter Parameter, wie z. B. Temperatur-/Zeitbedingungen (Kühltemperatur, Standzeiten, Lagerzeiten, Erhitzungszeiten etc.), Angaben zur Reinigung/Desinfektionsmittelkonzentration oder Einwirkzeiten lassen sich Lenkungsbedingungen bzw. Grenzwerte beschreiben. Es sind solche Bedingungen, bei denen behauptet werden kann, dass ihre Einhaltung die Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen gewährleistet (z. B. bestimmte Lagertemperaturen).

Grundsatz 4: Festlegung von Maßnahmen zur Überwachung

Einrichtung eines Systems zur Überwachung der CCPs durch planmäßige Prüfungen oder Beobachtungen. Als Parameter für die Überwachung eignen sich am besten physikalische Messgrößen, wie. z. B. Temperaturwerte oder ph-Werte. In jedem Fall ist festzulegen, wer wie häufig die Kontrolle durchzuführen hat und wie diese dokumentiert werden soll.

Grundsatz 5: Festlegung von Maßnahmen bei Überschreiten der Grenzen

Festlegungen von Korrekturmaßnahmen, die zu ergreifen sind, sobald die Überwachung anzeigt, dass ein bestimmter CCP nicht mehr unter Kontrolle ist. Diese Maßnahmen sind vorbeugend vorzuhalten; sie müssen jedoch unmissverständlich beschrieben und in Form von Anweisungen verfügbar sein. Auch muss die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit klar sein. Korrekturmaßnahmen konzentrieren sich einerseits auf das Produkt, das als potentiell gesundheitsgefährdend eingestuft werden muss (z. B. Vernichtung der überlagerten Produkte im Kühlhaus) sowie auf die Wiederherstellung von Bedingungen (z. B. Desinfektion des Kühlraumes).

Grundsatz 6: Festlegung von Maßnahmen der Überprüfung

Einrichten von Bestätigungsverfahren mit ergänzenden Prüfungen oder Maßnahmen, die sicherstellen, dass das HACCP-System einwandfrei funktioniert. Z. B. können durch externe Beratungsinstitutionen oder Labors Stichprobenprüfungen vorgenommen oder Abklatschproben gezogen werden, die die Wirksamkeit des Konzeptes insgesamt bestätigen. Diese Maßnahmen sollen nur noch bestätigenden Charakter haben und nicht der Überwachung dienen. Insofern können die Intervalle für diese Maßnahmen entsprechend großzügig festgelegt werden.

Grundsatz 7: Dokumentationsorganisation

Die Erstellung einer Dokumentation, die alle mit diesen Grundsätzen und ihrer Anwendung zusammenhängenden Verfahren und Berichte umfasst. Für jedes Unternehmen ist eine angemessene Nachweisführung empfehlenswert. Dies bedeutet, dass einmal der "Denkprozess", d. h. die Studie selbst, festgehalten werden kann sowie die Anweisungen (z. B. Reinigungsvorhaben) und Aufzeichnungen (z. B. Checklisten mit Erledigungsvermerken). Art und Umfang der Dokumentation ist keinem Unternehmen vorgegeben. Hierüber ist selbst zu entscheiden und insbesondere die Frage zu stellen, ob und wie das Unternehmen zur eigenen Sicherheit und zur Transparenz nach Außen das Getane nachvollziehbar machen möchte. Diejenigen Dokumente, die jedoch aus dem HACCPKonzept resultieren, sind so aufzubewahren, dass sie an der richtigen Stelle - wenn sie dann gebraucht werden - verfügbar sind. Die in Ratgebern und Leitfäden zum Thema HACCP veröffentlichten Dokumentationen und Checklisten sollten als Praxisbeispiele verstanden werden, die Hinweise und Anregungen für die Umsetzung im eigenen Betrieb geben. Demzufolge ist es ab einer gewissen Betriebsgröße notwendig und sinnvoll, auf die Unterstützung externer Berater zurückzugreifen. Auch die Zusammenarbeit von Unternehmen mit ähnlicher Betriebsgröße und ähnlich strukturierten Prozessen ist etwa durch Erstellen gemeinsamer Handbücher eine (kosten-) günstige Lösungsmöglichkeit bei Fragen der Umsetzung der neuen LMHV-Vorgaben.

Welche Bausteine muss ein Hygiene-Konzept auf jeden Fall enthalten?

(Quelle: Allgemeine Hotel- und Gaststätten-Zeitung)
Ein Hygiene-Konzept für einen Gastronomie-Betrieb nach den Hygienevorschriften hängt von der Größe und Art des Betriebes ab. Folgende sechs Maßnahmen sollte es aber auf jeden Fall enthalten:

Wareneingangskontrolle

Die Prüfung jeder angelieferten oder eingekauften Ware auf Zustand, Mindesthaltbarkeitsdatum und Temperatur sowie die Dokumentation der Ergebnisse der Prüfung.

Temperaturüberwachung

Die Festlegung von Grenzwerten: Obere Temperaturgrenzwerte bei Kühlung und Gefrieren; untere Grenzwerte und Erhitzungszeit beim Garen und Warmhalten. Dazu gehören mindestens einmal täglich die Kontrolle der Kühl- und Gefriertemperatur sowie Stichprobenkontrollen der Temperaturen beim Erhitzen und Warmhalten. Die Nichteinhaltung der Grenzen muss unbedingt dokumentiert werden.

Reinigung und Desinfektionsplan

Die Festlegung von Reinigungs- und Desinfektionsintervallen für alle Betriebsräume und Arbeitsgeräte in einem Plan, der Auskunft darüber gibt, was wie oft womit und wie gereinigt wird.

Schädlingsbekämpfung

Die regelmäßige Kontrolle der Räume auf Schädlingsbefall, die Dokumentation dieser regelmäßigen Kontrollen sowie der Bekämpfungsmaßnahmen bei Befall.

Personalschulung

Mindestens einmal jährlich eine Schulung aller Mitarbeiter, die mit Lebensmitteln umgehen sowie die Dokumentation dieser Schulung (Datum, schulende Personen, Teilnehmer, Themen).

Rückverfolgbarkeit

Einrichtung eines Systems zur Feststellung der Lieferanten der im Betrieb verwendeten Lebensmittel.

Wer bietet Schulungen an?

Anbieter von HACCP- und Lebensmittelhygiene-Schulungen finden Sie im Internet.
Stichwortvorschlag: Lebensmittelhygiene Dortmund

Wo findet man weiterführende Informationen?

Wer kann im Fall noch offener Fragen weiterhelfen?

Die Lebensmittelüberwachungsämter unter https://www.lave.nrw.de/themen/ernaehrung/lebensmittel.
Diese Informationen sollen - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und können grundsätzlich nicht die individuelle Beratung ersetzen. Die Texte beruhen auf Ausarbeitungen der IHK Köln, der wir für die Überlassung danken. Sie wurden mit der gebotenen Sorgfalt erarbeitet, jedoch kann für die inhaltliche Richtigkeit keine Haftung übernommen werden.
Stand: April 2025