IHK begleitet Strukturwandelprojekte im WRL-Werkstattprozess
Das „Kohleausstiegsgesetz“ und das „Strukturstärkungsgesetz“ wurden vergangenes Jahr beschlossen, die Landesförderrichtlinie ist seit vergangenem November in Kraft. Da bis zum Jahr 2038 die Braunkohleverstromung in Deutschland eingestellt wird, ist es das Anliegen aller Akteure in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, den Wegfall der rund 16 000 direkten und indirekten Industriearbeitsplatze in der Energiewirtschaft in der Lausitz durch neue, zukunftsfähige und gut bezahlte Arbeitsplätze in innovativen Branchen auszugleichen und Ansiedlungen zu befördern. Dazu gibt die Bundesregierung insgesamt 10,32 Milliarden Euro in die brandenburgische Lausitz.
Dieses Geld wird in zwei getrennten Verfahren vergeben: 6,708 Milliarden Euro werden in Verantwortung des Bundes ausgereicht, 3,612 Milliarden Euro in Verantwortung des Landes Brandenburg.
Wohin die Bundesmittel fließen
Die durch den Bund verantworteten Mittel sollen für die im Strukturstärkungsgesetz festgelegten Maßnahmen und Projekte dienen. Dazu zählen u. a. große Infrastrukturmaßnahmen wie der Eisenbahn- und Straßenausbau in der Lausitz. Aber auch das neue DB Instandsetzungswerk in Cottbus oder das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus werden darüber finanziert.
Hinzu kommen Ansiedlungen mehrerer Wissenschafts- und Forschungsinstitute in Cottbus.
Wohin die Landesmittel fließen
Seit Ende November letzten Jahres ist die Landesförderrichtlinie „Strukturentwicklung zum Lausitzer Braunkohlerevier“ in Kraft. Mit den vom Bund für das Land Brandenburg bis 2038 bereitgestellten Mitteln können wichtige Vorhaben unterstützt werden, die die Strukturentwicklung in der Lausitz voranbringen. Fördergebiet ist das Lausitzer Revier mit den Landkreisen Dahme-Spreewald, Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz, Elbe-Elster und der kreisfreien Stadt Cottbus. In dem mehrstufigen Verfahren bis zur direkten Antragstellung bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg steht die Wirtschaftsregion Lausitz (WRL) GmbH an erster Stelle.
Was gefördert wird
Die Landesförderrichtlinie deckt folgende Förderbereiche ab:
- wirtschaftsnahe Infrastruktur
- Verkehr ohne Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen
- öffentliche Fürsorge
- Städtebau
- Stadt- und Regionalentwicklung
- Digitalisierung
- Breitband- und Mobilinfrastruktur
- touristische Infrastruktur
- Infrastrukturen für Forschung, Innovation und Technologietransfer
- Klima- und Umweltschutz
- Naturschutz und Landschaftspflege
Wie Kooperationen Zugang für Unternehmen schaffen
Direkt können Unternehmen keine Antrage auf diese Strukturmittel stellen – wenngleich sie wesentlicher Träger des Strukturwandels sind und für diesen Wandlungsprozess auch finanzielle Unterstützung benötigen. Antragsberechtigt sind lediglich Gebietskörperschaften sowie sonstige öffentliche und private Träger, wie z. B. Städte und Gemeinden, Kommunen und Landkreise, kommunale Gesellschaften, Anstalten öffentlichen Rechts, Zweckverbande und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen.
Unternehmen müssen sich also zwingend einen Verbundpartner suchen, um mit diesem gemeinsam einen Förderantrag stellen zu können. Wesentlich für die Antragsberechtigung für solch ein kooperatives Projekt ist das Erfüllen einer öffentlichen Aufgabe bzw. die Umsetzung eines strukturbestimmenden Projektes im Brandenburger Teil der Lausitz. Die maximal mögliche Forderung von 90 Prozent ist dabei hochattraktiv.
Wie ein Verbundprojekt laufen kann
Ein Beispiel für eine nachahmenswerte Kooperation von einem privaten Unternehmen und Antragsberechtigten ist das Wasserstoffprojekt von LEAG und dem kommunalen Unternehmen Cottbusverkehr. Geplant ist, Wasserstoff umweltfreundlich mittels Photovoltaik vor Ort zu erzeugen und an der ersten Lausitzer Wasserstofftankstelle anzubieten. Gleichzeitig sollen die ersten umweltfreundlich mit Wasserstoff angetriebenen Busse angeschafft und auf die Straßen von Cottbus und Umgebung geschickt werden. Sollte das Projekt vom Land Brandenburg genehmigt werden, könnte es bereits im Jahr 2022 aus Strukturwandelmitteln umgesetzt werden. In der WRL-Werkstatt „Innovation und Digitalisierung“ wurde es bereits als förderwürdig bestätigt.
Wo Projektideen eingereicht werden
Projektskizzen müssen als zweiseitiger Steckbrief zentral bei der Wirtschaftsregion Lausitz eingereicht werden. Die Vorlage gibt es als Download auf der WRL-Webseite: www.wirtschaftsregion-lausitz.de.
Der Projektsteckbrief kann an lausitz@wirtschaftsregion-lausitz.de gesendet werden. Einen Stichtag gibt es nicht. „Schlussendlich entscheidet die Region“
Die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH treibt die Strukturwandelprojekte voran, so dass die Rahmenbedingungen für die ansässigen Unternehmen verbessert werden und neue Unternehmen in der Lausitz angesiedelt werden können. 400 Projekte wurden bereits bei der WRL eingereicht und werden dort auf ihre Förderwürdigkeit und Bedeutung in Bezug auf den Strukturwandel geprüft. Geschäftsführer Heiko Jahn macht deutlich, dass Antragstellung und Bewertung der Projekte nicht wie im Windhundrennen ablaufen, sondern ein kontinuierlicher Prozess seien, bei dem auch nach links und rechts geschaut wird, um möglichst viele Projekte umsetzen zu können.
WRL-Geschäftsführer Heiko Jahn: Die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH übernimmt die strategische Koordinierung und Begleitung des Strukturwandels durch die Entwicklung zukunftsfähiger wirtschaftlicher Perspektiven für die Lausitz. Innovative Projekte werden hier qualifiziert bzw. initiiert. Dazu gibt es das Format der Werkstätten.Insgesamt sind es fünf thematisch gut aufgestellte Werkstatten, in denen die Projekte beraten und (weiter) entwickelt werden. Hier werden die Zukunftsfähigkeit und die Tragfähigkeit der Ideen erörtert. Die Projekte werden dann im Konsens in der Region befürwortet (oder abgelehnt). Diese Beratung zur Auswahl ist öffentlich. Im nächsten Schritt folgt dann die Abstimmung mit der Landesregierung Brandenburg in der interministeriellen Arbeitsgruppe IMAG. Derzeit haben wir über 400 Projektideen in der Bearbeitung. Darüber hinaus wird die Arbeit in den Werkstatten auch die einer Ideenschmiede sein.
Den genauen Ablauf beim Antrag einer Projektidee schildert Heiko Jahn wie folgt:
Die Projektmanager arbeiten themenbezogen die Ideen auf – nach den Themenbereichen in den fünf Werkstatten – und stellen Querverbindungen her. Sie stehen dabei sowohl mit regionalen Vertretern, den Antragstellenden selbst und den Mitgliedern der Werkstatten im Austausch. Es geht bei den Projektideen weder um Schnelligkeit noch um gänzlich fertige Projekte. Um das Beste für unsere Region und das wirtschaftliche Wachstum aus den Veränderungen durch den Strukturwandel zu erreichen, sind wir im ständigen Dialog. Wir wollen Lösungen finden. Daran arbeiten wir gemeinsam mit Sach- und Fachverstand und bleiben dabei dynamisch.
Die Entscheidung zu den Projektanträgen fällt sicher nicht leicht. Dazu der WRL-Geschäftsführer:
Jede Projektidee ist gleichwertig. Wir können mit viel oder wenig Fördergeld Vieles erreichen. Die Projektideen werden im Team der WRL beraten und dann mit Partnern, Experten und den Mitgliedern der Werkstätten (weiter)qualifiziert. Schlussendlich entscheidet die Region. Wenn etwas förderrechtlich über das Strukturstärkungsgesetz nicht geht, stellen wir uns Fragen: Wie geht es dann? Was von der Idee passt zu einem anderen Projekt bzw. wann wurde es besser passen? Wir wollen Lösungen finden – für die Einreichenden und die Ideen. Wir haben feststehende Termine für das Einreichen der Projektideen bei der IMAG, die Beratung in den Werkstatten erfolgt regelmäßig und öffentlich. Die ILB ist als Ansprechpartner in Cottbus vor Ort.
Fachverstand der Region
Im Werkstattprozess ist die IHK in den Werkstätten „Unternehmen, Wirtschaftsentwicklung und Fachkräftesicherung“, „Innovation und Digitalisierung“ sowie „Infrastruktur und Mobilität“ vertreten. Weitere Werkstätten sind „Daseinsvorsorge, ländliche Entwicklung, Smart Regions“, „Kultur, Kreativwirtschaft, Tourismus & Marketing“. Eine länderübergreifende Sonderwerkstatt gibt es auch. Als IHK bringen wir uns in den bereits gestarteten Werkstattprozess umfassend ein. Gemeinsames Ziel aller Akteure ist es, dort viele gute Projektideen zu qualifizieren und zur Umsetzung zu bringen. Der Werkstattprozess wird von der WRL gesteuert. Jens Krause, Generalmanager der IHK Cottbus, ist offizieller Sprecher der Werkstatt „Infrastruktur und Mobilität“. Weitere Mitarbeiter aus unserem Haus bringen sich in die anderen vier Werkstätten ein:
- Unternehmen, Wirtschaftsentwicklung und Fachkräftesicherung: Manuela Glühmann
- Innovation und Digitalisierung: Dorit Köhler und Jens Krause
- Infrastruktur und Mobilität: Jens Krause
- Daseinsvorsorge, ländliche Entwicklung und „smart regions“: Annett Schmidt
- Kultur, Kreativwirtschaft, Tourismus & Marketing: Annett Schmidt
Die Arbeit der WRL und der Werkstätten ist durch eine BAFA-Förderung für zunächst vier Jahre bis 2024 mit mehr als 5,3 Millionen Euro gesichert.
Welche Projekte des Werkstattverfahrens bestätigt wurden, erfahren Sie hier.
Wortlaut Kohleausstiegsgesetz (PDF) vom 8. August 2020
Wortlaut Strukturstärkungsgesetz (PDF) vom 8. August 2020
Der Artikel ist im FORUM-Magazin, Ausgabe 1/2 2021 erschienen.