Das Thema Wasser ist ein Dauerbrenner


Laut Bundesumweltamt gehört die Landwirtschaft in Deutschland zu den wichtigsten Wassernutzern. Zwar befinden sich die Entnahmen noch auf einem vergleichsweise niedrigen, aber stetig steigenden Niveau. In den 2010er Jahren ist die zu bewässernde Fläche allein um die Hälfte gewachsen. Der Klimawandel meldet sich auch hier mit deutlichen Alarmsignalen. Christoph Plass, Vizepräsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, ist einer der größten Kartoffelanbauer im Land und betreibt seit 1997 seinen Betrieb in Liebenwalde (Oberhavel). „FORUM, das Wirtschaftsmagazin Ostbrandenburg“ hat mit dem 47-Jährigen über die Herausforderungen gesprochen.
FORUM: Herr Plass, wie schätzen Sie die Situation für Ihren Betrieb und die Agrarwirtschaft generell ein, sehen Sie die Wasserversorgung in Brandenburg als gesichert an?
CHRISTOPH PLASS: Wasser ist ein elementarer Bestandteil der landwirtschaftlichen Produktion. Erfolg oder Misserfolg einer Ernte hängen maßgeblich vom Niederschlag ab – sowohl von der Menge als auch der zeitlichen Verteilung. Das Thema Wasser ist für uns ein Dauerbrenner. Es ist nicht nur ein Produktionsmittel, sondern umfasst auch Wasserschutz, Trinkwasserschutz und die Erhaltung von Biotopen.
Es ist wichtig zu betonen, dass es regional große Unterschiede gibt. Ich habe das Glück, in einer Region zu wirtschaften, in der noch eine Grundwasserneubildung stattfindet. Denn für meinen Betrieb mit dem Hauptaugenmerk auf Kartoffelproduktion ist die Feldberegnung essenziell. Ich halte die Wasserversorgung in Brandenburg für gesichert – allerdings nur, wenn es gelingt, mit klugen Konzepten die Interessen aller Beteiligten, darunter Landwirtschaft, Industrie und Naturschutz, zu vereinen. Es bedarf innovativer Lösungen und klarer Prioritäten in der Verteilung. Bereits innerhalb der Landwirtschaft gibt es Zielkonflikte, beispielsweise zwischen Wasser für die Bewässerung und Wasser für die Moorvernässung. Es muss daher geklärt werden, ob eine regionale Landwirtschaft gewünscht ist – denn diese verbraucht zwangsläufig Wasser.
FORUM: Brandenburg wird „Streusandbüchse“ genannt, verfügt aber auch über Lehmböden und rangiert in Deutschland bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen an sechster Stelle. Es gibt trocken gefallene Seen, Diskussionen um hohe Wasserverbräuche in der Industrie und über ins Stocken geratene Bauvorhaben wegen prognostizierter Wasserknappheit. In welcher Position sehen Sie hier die Agrarwirtschaft?
CHRISTOPH PLASS: Die Landwirtschaft kann sicher dazu beitragen, Wasser effizient zu managen. Die beschriebene Situation unterstreicht, wie dringend notwendig ein vorausschauendes Wassermanagement ist. Für meinen Betrieb braucht es eine langfristige Planungssicherheit von mehr als zehn Jahren. Andernfalls müsste die wasserintensive Produktion grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich der Wasserverbrauch optimieren lässt. Die Industrie hat ihre Verbräuche erheblich gesenkt und auch in der Landwirtschaft gibt es kontinuierliche Verbesserungen. Durch moderne Bewässerungstechniken lässt sich die Effizienz weiter steigern.
Zusätzlich wird die Nutzung alternativer Wasserspeicher und -quellen immer wichtiger. Regenwasserauffangsysteme und gezielte Bodenbearbeitung zur verbesserten Wasserspeicherung sind wesentliche Maßnahmen. Die Digitalisierung der Bewässerungstechnologie ermöglicht es, bedarfsgerecht und ressourcenschonend zu bewässern. Durch Sensortechnologien kann exakt gemessen werden, wann und wie viel Wasser wirklich benötigt wird.
FORUM: Welche konkreten Schritte mussten Sie bereits unternehmen, um sich den verändernden Gegebenheiten anzupassen?
CHRISTOPH PLASS: Anpassung ist hier nicht das richtige Wort – vielmehr befinden wir uns seit Jahrzehnten in einem stetigen Veränderungsprozess. In meinem Betrieb überdenken wir unser Wassermanagement kontinuierlich. Und jede Kultur wird im Vorfeld geprüft: Ist es die richtige Sorte? Wie viel Wasser benötigt sie? Seit 20 Jahren passen wir unsere Produktionsmethoden an, setzen zum Beispiel auf wassersparende Systeme.
Aktuell gilt unser Augenmerk der Beregnungstechnik. Dabei stehen hohe Investitionen an, die sich erst langfristig auszahlen. Doch ich bin optimistisch, dass wir mit intelligenten Management-Systemen, moderner Züchtung und innovativer Produktionstechnik weiterhin Verbesserungen erreichen.
Wichtig ist zudem die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Forschung. Durch den Austausch mit den Fachleuten erhalten wir wertvolle Erkenntnisse über neue Bewirtschaftungsmethoden und resistentere Pflanzensorten. Gleichzeitig spielen Agrarumweltprogramme und Fördermöglichkeiten eine bedeutende Rolle.
FORUM: Was kann die Agrarwirtschaft tun, um noch verantwortungsbewusster mit der kostbare Ressource Wasser umzugehen? Wie sieht eine nachhaltige Landwirtschaft aus?
CHRISTOPH PLASS: Das ist schwer zu definieren. Ich bin überzeugt, dass mein Betrieb nachhaltig wirtschaftet – immerhin betreibt meine Familie seit neun Generationen Landwirtschaft. Ich führe einen konventionellen Ackerbaubetrieb und nutze alle verfügbaren Möglichkeiten zur effizienten Bewirtschaftung, Ressourcenschonung und naturnahen Produktion. Alles vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Tragfähigkeit – schließlich steckt im Wort „Landwirtschaft“ auch „Wirtschaft“. Die Fruchtfolgen haben sich in den zurückliegenden zehn Jahren stark verändert – eine Reaktion auf den sinkenden Niederschlag. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Hier stellt sich die Frage: Was ist gewollt? Auf der einen Seite sollen wir Wasser sparen, auf der anderen Seite gibt es große Begehrlichkeiten, landwirtschaftliche Flächen durch Renaturierungsprojekte zu vernässen. Diesen Zielkonflikt gilt es zu lösen, um ein langfristig nachhaltiges Konzept zu entwickeln.
FORUM: Aber auch die Verbraucher haben mit ihrem Kaufverhalten Einfluss …
CHRISTOPH PLASS: ... Ja, der Verbraucher spielt eine zentrale Rolle. Letztlich entscheidet sich an der Ladenkasse, wie die Landwirtschaft der Zukunft aussieht. Der Kauf einer deutschen Kartoffel wäre angesichts der genannten Fakten ein wichtiger Schritt, doch so einfach ist es leider nicht. Für bewusste Verbraucherentscheidungen braucht es mehr Transparenz: Produkte sollten mit relevanten Daten versehen werden, etwa zum Wasserverbrauch oder CO2-Fußabdruck. Oft ist die Herkunft schwer zu erkennen und in Deutschland dominiert bei Lebensmitteln nach wie vor die Mentalität „Geiz ist geil“. Das macht einen grundlegenden Wandel schwer.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass politisch verordnete Maßnahmen, die die Gesetze des Marktes ignorieren, keine nachhaltigen Lösungen bringen. Ein verstärktes Bewusstsein und bessere Bildungsarbeit könnten den Wandel befördern. Schulen, Medien und Politik sind gefragt, ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und Lösungen in derLandwirtschaft zu vermitteln. Nur wenn Verbraucher gut informiert sind, können sie bewusste Kaufentscheidungen treffen, die nachhaltige Produktionsweisen unterstützen.
FORUM: Das Brandenburgische Wassergesetz soll laut Koalitionsvertrag von der neuen Landesregierung weiterentwickelt werden. Welche Inhalte möchten Sie berücksichtigt sehen?
CHRISTOPH PLASS: Mein größter Wunsch ist, dass alle Beteiligten an einem Tisch zusammenkommen und auf Augenhöhe diskutieren. Die Tesla-Ansiedlung hat gezeigt, wie emotional die Auseinandersetzung um das Thema Wasser geführt wird. Landwirte setzen sich für faktenbasierte, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen ein. Es muss anerkannt werden, dass die regionale Landwirtschaft Wasser benötigt, insbesondere für eine höhere Selbstversorgung mit Gemüse. Der aktuelle niedrige Selbstversorgungsgrad verlagert das Wasserproblem ins Ausland – etwa nach Spanien, wo große Mengen Wasser für den Gemüseanbau genutzt werden.
Ein nachhaltiges Wasserkonzept muss langfristig verlässlich sein – über Zeiträume von mehr als zehn oder zwanzig Jahren. Ohne diese Planungssicherheit wird es schwierig, Investitionen in moderne Produktionstechnik zu tätigen. Ob in Zukunft noch Kartoffeln vor den Toren Berlins angebaut werden, hängt entscheidend davon ab.

Das Interview für FORUM/4-2025 führte Anke Beißer

Zur Person

Christoph Plass (47) ist im Niedersächsischen Emsland geboren, staatlich geprüfter Wirtschafter, hat 1997 seinen Landwirtschaftsbetrieb in Liebenwalde (Oberhavel) gegründet und betreibt diesen mit den Schwerpunkten Kartoffelanbau und Biogas. Seit 2019 beteiligt er sich aktiv an den Bauernprotesten. Er ist Mitbegründer vom „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ (LsV) e. V. Brandenburg und Deutschland, Vizepräsident des Brandenburger Bauernverbandes sowie Vorsitzender des Kreisbauernverbands Oberhavel. Christoph Plass ist verheiratet und hat drei Kinder.

Wasserkongress 2025

Ressource Wasser sichern, Regionen stärken: Länderübergreifende Lösungen für die Daseinsvorsorge: Am 13. Mai 2025 in der IHK Berlin.
Der nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser sowie ihre langfristige Sicherung stellt die Metropolregionen Berlin-Brandenburg und Sachsen vor große Herausforderungen – jetzt ist die Zeit zu handeln. Der 3. Länderübergreifende Wasserkongress 2025 bietet die Chance, gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung Lösungsansätze weiterzuentwickeln und konkrete Maßnahmen voranzutreiben. Programm und Anmeldung unter diesem Link