Von Bilderrahmen, Insektenschutztüren und 3-D-Druck

Mathias Mende ist Inhaber und Geschäftsführer der Mende-Group. Und: Er ist einer von hier – hier aus Brandenburg. Jetzt hat der rührige Unternehmer den „Großen Preis des Mittelstandes“ gewonnen. Seine Geschichte von der Offizierslaufbahn ins eiskalte Wasser der Selbstständigkeit klingt unglaublich. Sie zeigt vor allem eines: Pioniergeist.
Der Wettbewerb der Oskar-Patzelt-Stiftung wird seit 1994 jährlich ausgeschrieben. Seitdem wurden mehr als 20 000 Unternehmen nominiert. Die Mathias Mende e. K. wurde zum siebten Mal seit dem Jahr 2018 für den Preis nominiert und im Jahr 2021 als „Finalist“ ausgezeichnet. Die Nominierung in diesem Jahr erfolgte unter anderem durch den Landkreis Elbe-Elster. Nun hat es geklappt.
Mathias Mende erhielt den “Großen Preis des Mittelstandes”
Mathias Mende ist stolz auf seine Auszeichnung: „Selbstständig machen war für mich schon immer eine Option“.
Es ist 1999, als Mathias Mende sein Abitur in Doberlug-Kirchhain abschließt. Dann geht er zur Bundeswehr und er schreibt sich für die Offizierslaufbahn ein – zwölf Jahre Verpflichtung. Schon davor hatte er eine Affinität zu Zahlen und Finanzen, wollte „irgendwas mit Geld“ machen. Was liegt da näher als ein Studium bei der Bundeswehr? Er studiert Wirtschaftsorganisationswissenschaften (WOW), ein Mix aus BWL und VWL. Zusätzlich wird er im Bereich Logistik bei der Bundeswehr eingesetzt. Schon als Jugendlicher auf eigenen Beinen stehen, gut Geld verdienen und zusätzlich studieren, das treibt ihn an.
Mathias Mende: „Mein Opa sagte: Junge, wenn du dich dafür interessierst – dann mach es.“
So kommt er bei der Bundeswehr nach Stationen in Fürstenfeldbruck und Neubiberg nach Holzdorf, wieder zurück ins geliebte Brandenburg. Er organisiert viele Veranstaltungen mit Bundes- und Landtagsabgeordneten, Städtebundsitzungen und auch privat Veranstaltungen mit bis zu 3.000 Menschen. Mende ist da schon Geschäftsführer des Offiziersheims, verantwortlich für den Haushalt. Aber auch die Logistik ist sein Steckenpferd. Als S4 beim Einsatzführungsbereich 3 in Holzdorf ist er für die Logistik verantwortlich.

Plötzlich „Ladenbesitzer"

Kurz vor dem Ausscheiden aus der Bundeswehr muss er noch vieles abrechnen, fertig machen, übergeben. In diesem Zuge sollen auch Bilder überreicht werden.
Doch: „Meine Leute hatten Schwierigkeiten, irgendwo passende Bilderrahmen einzukaufen“, erzählt Mende. In der Nähe gab es eine kleine Firma für Bilderrahmen, wo der Offizier dann persönlich mit hin ging. Aber, so berichtet er, der alte Chef der Firma schaute ihn an und sagte: „Wer weiß, wie lange ihr hier noch kaufen könnt. Oder willst du den Laden übernehmen?“ Prompt schießt es aus ihm raus: „Klar, find ich interessant, das schaue ich mir mal an.“
Und so kommt es. Bevor Mende „den Laden“, einen kleinen Handwerksbetrieb namens „GRAF‘S Bilderrahmen“, übernimmt, durchläuft er über die Bundeswehr noch Qualifikationsprogramme und Weiterbildungen, ist in Chemnitz zu Management-Seminaren. „Da sah ich plötzlich, wie schlecht die Zahlen der kleinen Firma waren“, erzählt er.
„Der Umsatz war geringer als mein Gehalt bei der Bundeswehr und eine Buchführung gab es auch nicht.“
Zweifel kommen auf. Doch dann sitzt Mende mit seinem Coach an der Bar, als dieser sagt: „Wenn du meinst, du kannst was draus machen, dann mach es.“
Da fasst der frisch gebackene Unternehmer Mut und beginnt 2011 seine kleine Einzel-Selbstständigkeit.
Mende: „Ich hatte Ideen, konnte sie gut umsetzen und konnte gut organisieren. Außerdem hab`ich den alten Chef behalten und vereinbart für zwei Jahre noch partiell mit dabei zu sein.“

Das erwies sich als goldwert, denn der langjährige Vorbesitzer konnte altes Wissen mit überliefern. Allerdings gab es auch unterschiedliche Vorstellungen, wenn alt auf jung trifft. Doch Mende hat Menschenführung bei der Bundeswehr gelernt, kann mit jeder Situation umgehen.
„Nach zwei Jahren habe ich ihn dann würdevoll in den Ruhestand verabschiedet, danach kamen ein erster Mitarbeiter und eine Aushilfe dazu“.

Ich war alles in einer Person

Sie bauen fleißig ihre Bilderrahmen, verkaufen sie und Mende sagt rückblickend:
„Ich war Produktion, Technik, Vertrieb, Marketing – alles in einer Person. Ich hatte in der Halle keine Heizung und kein fließend Wasser. Der riesige Einschnitt von der heilen Welt der Bundeswehr in diese einfache Selbstständigkeit war wie ein Kulturschock. Mittags saßen wir mit unseren Broten und dem Wasserkocher mitten in der Produktion oder in einer kalten Kammer.“

Nun brachen auch noch alte Kunden weg. Eine Umbruchphase begann. Kunden von früher sind „ausgestorben“. Die klassischen alten Fotografen mit ihren Fotoläden und Bilderrahmen gibt es plötzlich in der Form nicht mehr. In dieser Zeit lernt Mende seine Partnerin kennen, die Kinderplanung beginnt. Da braucht man ein sicheres Einkommen.
Da kommt einem Freund die Idee: „Geh doch mit deinen Rahmen ins Internet.“ Mende denkt sich: Entweder es funktioniert oder ich muss zumachen. Nächtelang schreibt er nun Online-Shops und Portale an. Man wollte ihn listen, doch dafür brauchte er Fotos und Daten.
„Da ich die nicht hatte, hab ich einfach alte Bilder und Daten eingescannt. Das hat sich verkauft. Von Mai bis Jahresende war ich von 40 Produzenten auf Platz vier im Shop unseres ersten Onlinekunden.“

Was machen wir im Sommer?

Nun wollten immer mehr Online-Shops seine Produkte vermarkten. Die Firma wächst auf 15 Leute an. Doch da droht nächstes Ungemach.Bilderrahmen sind zyklisch. Wenn draußen schlechtes Wetter ist, brummt das Geschäft. Die Menschen sortieren Fotos, hängen Bilder auf. Weihachten ist immer der letzte Akt der Verzweiflung: ein Bilderrahmen als Geschenk. Im Sommer sind die Menschen im Urlaub, auf der Terrasse, im Garten.
„Im Sommer haben wir unser Geld verbrannt, was wir im Winter bitter erarbeitet haben. Aber ich hatte doch meine Mitarbeiter, wollte sie nicht immer zyklisch entlassen, man hat doch Verantwortung“, schildert Mende sein Dilemma.

Doch Mende wäre nicht Mende, wenn ihm da nichts einfallen würde. Auf einem 80. Geburtstag im Kulturhaus des Dorfes eingeladen, hörte er, wie die Alten erzählen, dass sie früher im Winter immer Teddys nähten, wenn in der Landwirtschaft nichts los war. Nun, Teddys sollten es nicht werden, aber plötzlich ist da die Idee des Insektenschutzes für Fenster und Türen. Auch einer der Online-Shops ist hellauf begeistert von der Idee und so wird sie in Windeseile umgesetzt. Zeitgleich lernt Mende über ein Projekt mit der BTU Senftenberg einen Geschäftsführer aus Augsburg aus dem CNC (Computerized Numerical Control) - Bereich kennen und will auch diese Idee verwirklichen. Mit der BTU entwickelte er damals ein neues Produktions-/Lager- und Materialversorgungskonzept.

Und plötzlich sind es drei Firmen

2017/2018 wurden von ihm also parallel zwei neue Bereiche gegründet. Förderprogramme der ILB halfen teils bei der Finanzierung von Maschinen. Während die ersten Angestellten noch von der Hand in den Mund lebten, sind heute in der Mende Group 40 Menschen beschäftigt. Als erster Ausbildungsbetrieb im Kammerkreis der IHK Cottbus wurde Mende Vorreiter für die Ausbildung von Kaufleuten im E-Commerce und nahm 3D-Druck in sein Portfolio auf.
Mende CNC ist heute eine junge und schnell wachsende Marke mit den Schwerpunkten 3D Druck Service, CNC-Bearbeitung und allen damit zusammenhängenden Dienstleistungen. Ihr Ziel ist es, ein komplettes Portfolio – von der Idee zum Produkt – anzubieten und alle Kunden auf Ihrem Weg kompetent zu betreuen. Der Sitz ist in Massen.
Mende Systems ist zum Lieferanten für Insektenschutzlösungen geworden. Als Partner für den Handel, das Baugewerbe sowie den regionalen Endkunden werden individuell und auftragsbezogen Lösungen gefertigt. Das Portfolio reicht vom klassischen Fliegengitter für das Eigenheim über die Insektenschutztür für den Hotelbalkon bis hin zur Fliegengitter Schiebetür im Krankenhaus. Ob Einzel- oder Serienfertigung – der moderne Maschinenpark ermöglicht eine schnelle und flexible Fertigung.
Und die Bilderrahmen? Sie sind tatsächlich immer noch die größte Säule des Betriebes. Auf dem alten LPG-Gelände in Jeßnigk werden sie weiter produziert. Inzwischen ist dieser Betriebsteil ausgegründet und auch einen eigenen Online-Shop gibt es.

Beinahe Preisverleihung verpasst

Chef Mathias Mende ist gerade im Sommerurlaub mit seiner Familie als der Anruf kommt, er solle sich den Termin für die Preisverleihung dringend freihalten. Er jedoch sagt zunächst einmal ab, weil er dringend zur Ausbildungsmesse im Landkreis müsse, wo er fest eingeplant ist. Erst als Jury-Mitglieder der Patzelt-Stiftung ihrer Forderung mehr Nachdruck verleihen, ahnt er etwas …. Und tatsächlich der Große Preis des Mittelstandes für die Wettbewerbsregion Berlin/Brandenburg geht an ihn.
Seine Vision: ein innovatives mittelständisches Unternehmen, Arbeitsplätze mit sozialer Verantwortung und eine wirtschaftlich, demografisch und kulturell starke Region. Mendes unermüdlicher Willen, etwas aufzubauen, treibt ihn dazu an, immer wieder neue Geschäftsfelder zu erschließen. Der Mensch steht bei ihm dabei im Mittelpunkt.
Eine Unternehmensgeschichte, wie es sie sicher nicht so häufig gibt. Der damalige Coach aus Chemnitz gibt jedenfalls noch heute Seminare für Gründungswillige und führt Mathias Mende gern als leuchtendes Beispiel an.