Unsere Vorschläge zum Bürokratieabbau im Bereich der Industrie

Vorschläge der Brandenburger Industrie- und Handelskammern zum Bürokratieabbau im Bereich der Industrie
In seiner 8. und 9. Sitzung befasst sich der Sonderausschuss Bürokratieabbau des Landes Brandenburg in zwei Fachgesprächen mit dem Bürokratieabbau im Bereich der Industrie. Hier sind die bürokratischen Hürden aus Sicht der Landesarbeitsgemeinschaften der brandenburgischen Industrie- und Handelskammern vor allem in den Genehmigungsverfahren zu finden. Unsere Vorschläge finden Sie hier:
  1. Erhalt und Aufwertung der Umwelt- und Klimapartnerschaft

    Problem: Die Umwelt- und Klimapartnerschaft dient seit 1999 als Austauschformat zwischen Wirtschaft und Landesregierung. Durch den Neuzuschnitt der Landesministerien ist die Zuständigkeit gewechselt, und es fehlt eine formelle sowie organisatorisch stabile Grundlage, um wirtschaftsrelevante Gesetzgebungsverfahren weiterhin abgestimmt zu begleiten. Zudem verfügt das Ministerium aus unserer Sicht nicht über ausreichende Durchgriffsrechte in die relevanten Fachabteilungen, um zeitnah Informationen zu geplanten Neuregelungen in der Regulatorik oder bei der Erstellung von Erlassen zu erhalten.
    Lösungsvorschlag: Die Partnerschaft soll durch eine formelle Vereinbarung dauerhaft gesichert werden. Kammern sollen stärker bei Verbändeanhörungen eingebunden werden. Die organisatorische Verankerung der Umwelt- und Klimapartnerschaft soll in einer Stabsstelle im MLEUV, mit ausreichenden Kapazitäten und Durchgriffsrechten innerhalb des MLEUV und des MWAEK erfolgen. Die Energieallianz Brandenburg soll zu einem der Umwelt- und Klimapartnerschaft gleichwertigen Austauschformat aufgewertet werden.
  2. Änderung der Vollzugspraxis beim Ausgangszustandsbericht (AZB) und bei Anlagen unter der AwSV

    Problem: Aktuell besteht in BImSchG-Genehmigungsverfahren eine Pflicht zur Erstellung eines Ausgangszustandsberichts (AZB), selbst wenn bereits Sicherheitseinrichtungen gemäß AwSV installiert sind. Außerdem muss der AZB regelmäßig vor Genehmigungsverfahrensbeginn vorgelegt werden. Parallel überwachen sowohl die Untere Wasserbehörde als auch das zuständige Landesamt für Umwelt die Anlage und die Einhaltung der Vorschriften, obwohl letztere Überwachung häufig keinen zusätzlichen Umweltnutzen bringt.
    Lösungsvorschlag: Befreiung von der AZB-Pflicht im Genehmigungsverfahren für AwSV-Anlagen, sofern die Untere Wasserbehörde die Einhaltung der Vorschriften bestätigt. Die Vorlagepflicht des AZB soll zeitlich flexibilisiert und vom Beginn des Genehmigungsverfahrens entkoppelt werden. Zusätzliche Überwachungspflichten sollen entfallen, wenn sie keinen Zusatznutzen bringen.
  3. Vollständige Digitalisierung der Antragsverfahren über ELiA‑Online

    Problem: Die Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens im Umweltbereich über ELiA-Online ist bislang unvollständig. Nutzer berichten von Problemen wie automatischem Schließen des Programms nach kurzer Zeit ohne Speicherung, fehlender Eingabemöglichkeiten bestimmter Datenformate und fehlender Harmonisierung über Landesgrenzen hinweg — was zu Systembrüchen führt. Aufgrund fehlender Digitalisierung der bearbeitenden Behörden werden zudem regelmäßig Antragsunterlagen in Papierform nachgefordert.
    Lösungsvorschlag: Eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Verfahren über ELiA-Online: Ausstattung der bearbeitenden Behörden mit ausreichend digitalen Ressourcen zur digitalen Bearbeitung von Verfahren; Stabilisierung der Software, Speicherung von Bearbeitungsständen auch bei Unterbrechung, korrekte Eingabemöglichkeiten und bundesweite Vereinheitlichung der Verfahrensschritte.
  4. Überprüfung der Nichtanwendung des Kompensationserlasses Windenergie

    Problem: Die Nichtanwendung des Kompensationserlasses für Windenergieprojekte führt dazu, dass Vorhabenträger statt Ausgleichszahlungen aufwändige Ausschreibungs- und Bewertungsprozesse durchführen müssen. Das verursacht hohe Kosten, verlängert Genehmigungszeiten, schafft Planungsunsicherheit und wirkt sich negativ auf Energiepreise, Netzentgelte und die Wettbewerbsfähigkeit von Standorten aus.
    Lösungsvorschlag: Neuregelung des Kompensationserlasses unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung, um Planungssicherheit zu gewährleisten, Verfahren zu beschleunigen und Kosten sowie Netzentgelte stabil zu halten.
  5. Evaluierung und Anpassung des Artenschutz-Erlasses für Windenergieanlagen (AGW-Erlass)

    Problem: Der derzeitige Erlass verlangt umfassende Kartierungen und Gutachten für zahlreiche Tierarten, darunter auch solche, die sich als wenig störungsempfindlich erwiesen haben. Prüfradien und Auflagen sind zum Teil fachlich überdimensioniert. Zusätzlich fehlen klare Bewertungsmaßstäbe, was zu Verzögerungen bei Genehmigungen führt.
    Lösungsvorschlag: Reduzierung des Kartier- und Prüfaufwands: Arten, die nachweislich nicht störanfällig sind, sollen vom Prüfregime ausgenommen werden; Prüfradien sollen fachlich angemessen angepasst werden; der Erlass soll auf Basis fachlicher Empfehlungen überarbeitet werden.
  6. Überarbeitung bzw. Entfall des Stickstofferlasses

    Problem: Die geltenden Regelungen des Stickstofferlasses führen zu umfangreichen und bürokratischen Anforderungen bezüglich Bewertung und Dokumentation von Stickstoffeinträgen. Das verursacht erheblichen Verwaltungsaufwand und verzögert Planungs- und Genehmigungsverfahren.
    Lösungsvorschlag: Der Stickstofferlass soll überprüft und ggf. ganz entfallen, um unnötige Prüf- und Dokumentationspflichten abzubauen und Verfahren zu beschleunigen.
  7. Verbesserung der Personalausstattung und Effizienz der Genehmigungsbehörden

    Problem: Mit zunehmender Komplexität und Zahl der Verfahren sind die Genehmigungsbehörden personell oft nicht ausreichend ausgestattet. Das führt zu Verfahrensstaus, langen Wartezeiten und verzögerten Investitionen. Zudem fehlt es den bearbeitenden Behörden oft an der notwendigen technischen Ausstattung, um Verfahren adäquat digital zu bearbeiten.
    Lösungsvorschlag: Temporärer Personalaufbau und Einsatz von Prozessautomatisierung, damit Genehmigungsverfahren zügig bearbeitet werden können, ohne dass zusätzliche Kosten auf Antragsteller verlagert werden. So kann die Genehmigungsinfrastruktur der wirtschaftlichen Nachfrage besser angepasst werden. Angemessene Ausstattung der Behörden mit den technischen Voraussetzungen zur digitalen Bearbeitung von Verfahren.
  8. Ausnahmeregelungen für Schalen-Abfälle als nachwachsende Rohstoffe (NaWaRo)

    Problem: Schalen-Abfälle, etwa aus der Obst- oder Nussverarbeitung, werden derzeit nicht als nachwachsende Rohstoffe anerkannt. Damit sind sie in NaWaRo-Anlagen nicht verwertbar, was zu höheren Entsorgungskosten und Ressourcenverschwendung führt.
    Lösungsvorschlag: Gewährung gezielter Ausnahmegenehmigungen, damit Schalen-Abfälle in NaWaRo-Anlagen verwendet werden dürfen. Das erlaubt eine nachhaltige Verwertung, senkt Entsorgungskosten und fördert umweltfreundliche Energie- und Rohstoffnutzung.