Interessenvertretung

Neun Punkte zum Bürokratieabbau

Die Brandenburger Industrie- und Handelskammern beteiligen sich regelmäßig an den Sitzungen des “Sonderausschuss Bürokratieabbau” im Landtag Brandenburg und bringen dort aktuelle Themen zu Gehör. In der 4. Sitzung des Sonderausschusses Bürokratieabbau steht das Thema „Bürokratieabbau im Bereich Fördermittel“ im Fokus. Die drei Brandenburger Kammern haben im Rahmen der Landesarbeitsgemeinschaft neun Punkte zu diesem Thema zusammengetragen. Diese werden wir im Fachgespräch am 16.05. im Ausschuss vorstellen und schriftlich übergeben. Die Punkte beinhalten konkrete Maßnahmen zur Vereinfachung langwieriger Förderungs- und Finanzierungsprozesse welche schnell in die Umsetzung gelangen können.

Sitzung im Livestream erreichbar

Die 4. Sitzung des Sonderausschusses Bürokratieabbau findet am 4. Mai 2025 in einer öffentlichen Sitzung statt. Die Sitzung kann ab 10 Uhr per Livestream über die Website des Landtages http://www.landtag.brandenburg.de mitverfolgt werden. Eine Aufzeichnung der Sitzung ist in der Regel am Folgetag auch in der Mediathek für einen Zeitraum von sechs Monaten über die Website des Landtages abrufbar.

Bürokratieabbau im Bereich Fördermittel

Folgende Punkte werden im aktuellen Ausschuss von den Kammern vorgebracht:

1. Forderung: Aufbewahrungsfristen nicht zusätzlich verlängern

Sachverhalt: Die Dauer der Aufbewahrung von Belegen ergibt sich aus dem Fördermittelbescheid und den Allgemeinen Nebenbestimmungen. Diese beträgt in der Regel 10 Jahre und kann von der ILB verlängert werden. Mit der Verlängerung der ILB wird von der steuerlichen Aufbewahrungsfrist abgewichen. Im Jahr 2025 wurde die steuerliche Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege (Rechnungen und Kostenbelege) von 10 auf 8 Jahre verkürzt.
Vorschlag: Die Beleg-, Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten sollten halbiert werden, mindestens jedoch den steuerlichen Pflichten der Abgabenordnung entsprechen und nicht darüber hinaus gehen, z. B. beglaubigte Kopien von Originalen. Die Aufbewahrungspflichten sollten auch gegenüber dem Prüfungs- und Rückforderungsrecht der Europäischen Kommission gleichlautend und verbindlich sein.

2. Forderung: Nachweispflicht bei Bagatellbeträgen reduzieren

Sachverhalt: Generell sollten bei der Förderung, im speziellen im niederschwelligen Bereich, aber auch in deren Nachweispflicht der Kosten, Kleinstbeträge als Pauschalen ansetzbar sein, welche nicht durch Belege nachgewiesen werden müssen. Dies sollte gerade bei Förderungen nach der de-Minimis-Regelung gelten.
Vorschlag: Bei der Nachweispflicht sollten Bagatellbeträge von bis zu 100,00 EURO und bei Förderrichtlinien nach der de-Minimis-Regelung als Pauschalen abgerechnet werden können.

3. Forderung: Mehr Flexibilität beim Finanzierungsplan

Sachverhalt: Fördermittelempfänger dürfen gem. Verwaltungsvorschrift/Verwaltungsverfahrens-gesetz (VV/VVG) Nr. 5.4.1 zu § 44 LHO i.V.m. Ziffer 1.2 AnBest-P/-G/- EU14/ -EU 21 (AnBest = Allgemeine Nebenbestimmungen nach Projektarten) die Mittel der Einzelansätze in Höhe von 20% verschieben, wenn die Gesamtfinanzierung dabei eingehalten bleibt.
Vorschlag: Die bisherige prozentuale Überschreitungsmöglichkeit der Einzelansätze in Höhe von 20% sollte auf 30% erhöht werden. Damit erlangt der Fördermittelnehmer Flexibilität beim Mitteleinsatz und der Auftragsvergabe. Der Verwaltungsaufwand beim Fördermittelgeber wird dadurch auch minimiert.

4. Forderung: Verlängerung der Geltungsdauer von Förderrichtlinien

Sachverhalt: In Anlage 19 zu VV Nr. 14.2.1 zu § 44 LHO wird die Geltungsdauer von Förderrichtlinien auf zwei Jahre beschränkt.
Vorschlag: Die Beschränkung der Geltungsdauer sollte von zwei auf drei Jahre verlängert werden. Bei Fördermitteln aus EU-Programmen sollte die Laufzeit der Richtlinie den Gesamtzeitraum der Förderperiode umfassen.
Backlog (Beispiel): Im Bereich der Förderung von Bauvorhaben und komplexen Maschineninvestitionen bzw. der Umsetzung von Bundesförderungen ist eine Begrenzung der Geltungsdauer nicht sachgerecht. Mit einer Verlängerung der Geltungsdauer erlangen die Fördermittelnehmer eine Sicherheit auch bei laufenden Richtlinien Fördermittel für entsprechende Investitionen in Anspruch nehmen zu können.

5. Forderung: Maßnahmebeginn mit Antragstellung

Sachverhalt: Der Antragsteller kann geförderte Investitionen erst nach der Vorlage des Fördermittelbescheides beauftragen. Der Zeitraum von der Antragstellung bis zur Auftragsauslösung ist für den Antragsteller nicht kalkulierbar. Lieferanten halten sich jedoch nur eine begrenzte Zeit an Angebote, so dass die geplante und dem Antrag zugrunde liegende Investitionssumme zum Zeitpunkt der Fördermittelbewilligung und der Bestellung zu niedrig ist und der Antragsteller einen Nachtrag stellen muss. Dies ist zusätzlicher Arbeits- und Verwaltungsaufwand.
Vorschlag: Der vorzeitige Maßnahmebeginn sollte standardmäßig mit der Antragsstellung gegeben sein und nicht in Ausnahmefällen. Generell erleichtert der vorzeitige Maßnahmebeginn dem Fördermittelnehmer die Auslösung auf Aufträgen, speziell bei langen Lieferzeiten und bei Förderrichtlinien nach de-Minimis-Regelung.
Backlog (Beispiel): Die GRW- und JTF-Richtlinien sehen einen vorzeitigen Maßnahme Beginn vor, wodurch die Antragsteller zeitnah nach der Antragstellung auf eigenes Risiko die Investitionsbestellungen auslösen können. Dadurch hat der Antragsteller die Sicherheit der Einhaltung der Investitionssumme und er kennt den Lieferzeitpunkt.

6. Forderung: Richtlinien sollten für den Antragsteller verständlich sowie digital abbildbar und umsetzbar sein.

Sachverhalt: Richtlinien sind in einer verwaltungstechnischen, fachspezifischen Sprache formuliert, die dem Antragsteller die Beantragung erschwert. Die Richtlinien sollten so gestaltet werden, dass diese digital abgebildet und umsetzbar sind.
Vorschlag: Die Förderrichtlinien sollten in einer klaren, verständlichen Sprache formuliert werden, so dass der Antragsteller die Bedeutung und den Zweck der Fragen bzw. der Angaben nachvollziehen kann. Fachspezifische Begriffe sollten bei der online Beantragung durch Hilfefunktionen erläutert werden. Die Fördergegenstände sollten so definiert bzw. bestimmt werden, dass sie vom Antragstellenden nachvollziehbar sind. Auch sollten die zahlreichen aufgeführten Dokumente reduziert werden. Öffentlich zugängliche Daten eines Antragstellers, wie Handelsregisterauszug oder Gesellschafterliste sollten direkt zwischen den Institutionen angefordert und ausgetauscht werden.

7. Forderung: Nicht Arbeitsplatzbeschaffung, sondern Arbeitsplatzsicherung

Sachverhalt: Ein Kriterium des Fördereinstieges ist die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Die Schaffung der Arbeitsplätze wird mit dem Fördermittelbescheid beauflagt. Sollte der Antragsteller im Rahmen der Umsetzung der Auflagen die Arbeitsplätze nicht oder nur zeitweise besetzen können, müssen die Fördermittel in Gänze zurückgezahlt werden.
Vorschlag: Bei den Fördervoraussetzung sollte in der Situation des demographischen Wandels nicht mehr die Arbeitsplatzschaffung, sondern die Arbeitsplatzsicherung das Ziel der Förderung sein. Hier sollte auch die Sicherung der Arbeitsplätze durch Einführung von intelligenten, maschinengestützten und -gesteuerten Produktionsanlagen zählen und förderfähig sein.

8. Forderung: Einheitliche Digitalisierung des Prozesses der Fördermittelbeantragung für alle Richtlinien

Sachverhalt: Förderanträge im Original zu unterschreiben und in Papierform der ILB zu zusenden ist nicht mehr zeitgemäß. Begutachtende Stellen müssen separat vom Antragsteller zur Abgabe einer Stellungnahme informiert werden. Die notwendigen Unterlagen leitet der Antragsteller der begutachtenden Stelle separat zu.
Vorschlag: Der Prozess einer Fördermittelbeantragung muss vollständig digitalisiert werden. Der Prozess der Digitalisierung bezieht die Beantragung, die zur Verfügungstellung der Unterlagen durch den Antragsteller wie auch die Nachweisführung und Verwendungsnachweisprüfung ein. In die Antragstellung sind zahlreiche Einrichtungen über Stellungnahmen eingebunden – hier gibt es unterschiedliche Modi im Zugriff auf die Daten zwischen den Förderinstituten (z.B. der ILB und der Bürgschaftsbank). Aufgrund dessen, dass die Institute den gleichen datenschutz- und bankenaufsichtsrechtlichen Regelungen unterliegen, sollten die Systeme der Fördermittelinstitute im Land für den Fördermittelnehmer wie für fachkundige Stellen kompatibel sein. Es sollte die einfachste und kundenfreundlichste Verwaltungspraxis Anwendung finden. Auch sollte das Procedere der Nutzung der Systeme identisch sein. Mit der digitalen Abwicklung der Fördermittelanträge sollte die Transparenz des Bearbeitungsstandes gegeben sein, so dass für den Antragsteller das Verfahren nachvollziehbar ist.

9. Forderung: Vereinheitlichung der Nachweis-/Verwendungsprüfung

Sachverhalt: Jede Kontrollstelle, ob vom Land, Bund oder der EU kann die Einhaltung der Fördervoraussetzung und Beauflagungen bei Fördermittelnehmer prüfen. Dies kann sich über Jahre, auch über den Zeitraum der Aufbewahrungspflichten erstrecken. Dies verursacht im Unternehmen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, bindet Kapazitäten und Lagermöglichkeiten.
Vorschlag: Kontrollstellen, ob Land, Bund oder EU sollten eine bereits beim Fördermittelnehmer durchgeführte Verwendungsprüfung einer anderen Kontrollstelle nicht in Frage stellen. Damit werden mehrfach Verwendungsprüfungen beim Fördermittelnehmer vermieden. Eine Verwendungsprüfung einer Kontrollstelle sollte von zuständigen Unternehmensfinanzamt akzeptiert werden und nicht selbständige Verwendungsprüfung durchführen.

Weitere Ausschusssitzungen geplant

Auch in den kommenden Ausschusssitzungen werden die Industrie-und Handelskammern wieder beteiligt sein.
  • 16.05.25
  • 27.06.25
  • 23.07.25
  • 19.09.25 mit Sonderausschuss Lausitz zu Net Zero Valley Lausitz
  • 14.11.25
  • 12.12.25