Statement von IHK-Präsident Dr. Andreas Engel zu den Sondierungsgesprächen von Union und SPD: Deutschland gemeinsam wieder auf Kurs bringen!
Die deutsche Industrie ist 2025 mit dem stärksten Auftragsminus seit einem Jahr gestartet. Aufgrund schwacher Binnenkonjunktur, gesunkener Wettbewerbsfähigkeit sowie anhaltender wirtschafts- und geopolitischer Unsicherheiten halten die Unternehmen sich mit Bestellungen zurück.
Mit Blick auf die Sondierungsgespräche von Union und SPD hatten in der Unternehmerschaft zwar einige auf Rückenwind durch die Politik gehofft, indem diese sich mit mutigen Schritten für die Verbesserung der inländischen Standortbedingungen einsetzt. Leider aber wird diese Hoffnung bei kritischer Analyse des Sondierungspapiers eher enttäuscht, denn es geht dabei überwiegend um ein „Weiter so“, wenn auch mit kleinen Korrekturen.
Unser Standort schlittert immer tiefer in eine existenzielle Krise und es ist dringendst erforderlich, Deutschland gemeinsam wieder auf Kurs zu bringen. Dies wird aber nur funktionieren, wenn der Umgang der beteiligten politischen Akteure von Fairness und Respekt geprägt ist. Es gilt, auf Augenhöhe miteinander zu verhandeln, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und Aufbruchsstimmung zu erzeugen – auf ein solches Zeichen warten das Land und die Menschen! Für parteipolitische Spielchen und Taktierereien ist die aktuelle Lage wirtschaftlich, sicherheitspolitisch und gesellschaftlich zu herausfordernd. Alle Protagonisten sind deshalb aufgefordert, auch über Parteigrenzen hinweg staatspolitische Verantwortung zu übernehmen.
Deutschland braucht ein umfassendes Reformpaket, um seine Wettbewerbsfähigkeit und seine wirtschaftliche Stärke wiederzuerlangen. Diesem Anspruch werden aber die Sondierungsergebnisse von Union und SPD ebenso wenig gerecht wie dem versprochenen Politikwechsel. Wie zu Zeiten der Ampel-Koalition sollen Probleme mit Geld zugeschüttet werden. Dabei sollen die geplanten Schulden in großen Teilen nicht zusätzlich für zukunftsorientierte Ausgaben verwendet werden, sondern dafür, Spielräume im Kernhaushalt zu schaffen – beispielsweise um weitere Sozialausgaben und Vergünstigungen zu schaffen oder aufrechtzuerhalten. Insbesondere fehlt eine Garantie, dass das vereinbarte Infrastruktur-Sondervermögen tatsächlich zusätzliche Investitionen finanziert, statt bestehende Haushaltslücken zu füllen oder Wahlgeschenke zu verteilen. Zudem reduziert dieses auf Pump finanzierte Investitionspaket den Druck zu tiefgreifenden Reformen.
Positiv im Sondierungspapier sind die geplanten Industriehilfen, wie niedrigere Stromsteuern und Netzentgelte, sowie die Kaufprämien für E-Autos – wobei es noch an Details fehlt, wie diese finanziert werden sollen. Es bleibt weiterhin die Frage, ob es ohne mutige Einsparungen im Bundeshaushalt ausreichend Spielraum geben wird, um wirksame steuerliche Entlastungen und Anreize für Unternehmen durchzusetzen.
In den folgenden Koalitionsverhandlungen müssen die Verhandlungspartner nachlegen, denn Geld allein wird unsere Probleme nicht lösen. Es muss dringend um Themen gehen, wie u.a. massive Senkung von Steuern und Abgaben, radikaler Bürokratierückbau, Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme – bis hin zu mehr Leistungsorientierung und mehr Effizienz im Sozialstaat.
Zum Abschluss noch einige Worte zum Mindestlohn, auch wenn das ausdrücklich ein Thema der Tarifpartner und der Mindestlohnkommission ist: Die vorgesehene Steigerung auf 15 Euro wird aufgrund des Lohnabstandgebotes zu einem weiteren Anstieg der Lohnkosten und damit zu sinkender Wettbewerbsfähigkeit führen – insbesondere in den Regionen und Branchen, in denen nicht so gut verdient wird.