Statement von IHK-Präsident Dr. Andreas Engel zur Umsetzung des Radwegekonzepts auf der Frankenbrücke

„Die Diskussion um den Rückbau einer Fahrspur auf der Frankenbrücke berührt einen zentralen Nerv der Coburger Verkehrspolitik. Als Industrie- und Handelskammer zu Coburg sehen wir solche weitreichenden Entscheidungen mit großer Sorge – nicht, weil wir Veränderungen grundsätzlich ablehnen, sondern weil hier ein Schritt vollzogen werden soll, der erhebliche Folgen für den innerstädtischen Straßenverkehr und damit auch für die Wirtschaft unserer Region hätte.“ Bei Planungen dieser Tragweite ist es wichtig, dass die IHK zu Coburg als Träger öffentlicher Belange und Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft frühzeitig einbezogen wird. „Genau das haben wir in unserer Verkehrsresolution von 2023 angemahnt: Entscheidungen, die die Leistungsfähigkeit des Coburger Verkehrssystems betreffen, dürfen nicht im Alleingang getroffen werden, sondern müssen im Dialog mit allen Betroffenen vorbereitet werden – mit Wirtschaft, Bürgerschaft und Fachstellen. Nur so entstehen tragfähige Lösungen.“
Handlungsbedarf ja – aber ganzheitlich statt punktuell
Die IHK zu Coburg sieht durchaus Handlungsbedarf im Bereich der Frankenbrücke. Gerade im Umfeld von Marschberg, Frankenbrücke und Uferstraße besteht Nachholbedarf bei der Verkehrssicherheit. Dort muss angesetzt werden, wenn man Unfallschwerpunkte entschärfen und die Situation für alle Verkehrsteilnehmer verbessern will. Ein isolierter Eingriff – wie der geplante Rückbau einer Kfz-Fahrspur – löst diese Probleme jedoch nicht. Er verschiebt sie lediglich bzw. erhöht sie sogar: Engstellen und Staus würden nicht verschwinden, sondern sich in angrenzende Bereiche verlagern und aufgrund reduzierter Leistungsfähigkeit erhöhen. Was bislang bekannt wurde, wirkt wie Stückwerk – ohne erkennbare Einbettung in ein übergeordnetes Konzept.
Seit Jahren fordert die IHK zu Coburg ein Gesamtverkehrskonzept, das die Belange sämtlicher Verkehrsträger berücksichtigt. Nur wenn das Verkehrsnetz als Ganzes gedacht wird, lassen sich Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit in Einklang bringen. Ein positives Beispiel liefert der Coburger Verkehrskompromiss zur Südzufahrt: Dort ist es gelungen, eine Lösung zu finden, die den unterschiedlichen Bedürfnissen von Auto-, Rad- und Fußverkehr sowie Schiene gleichermaßen gerecht wird. Bestandteil dieses Kompromisses ist auch eine eigene Brücke ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger – ein Projekt, das die Engstelle auf der Frankenbrücke perspektivisch deutlich entschärfen würde. Genau in solche gesamtheitlichen, zukunftsfähigen Ansätze sollte Coburg investieren – nicht in Maßnahmen, die einzelne Verkehrsträger gegeneinander ausspielen.
Der Rückbau trifft Wirtschaft und Pendler gleichermaßen
Der geplante Wegfall einer Fahrspur ginge eindeutig zu Lasten des motorisierten Verkehrs. Weniger Fahrspuren bedeuten zwangsläufig längere Wartezeiten, mehr Rückstau und damit auch steigende Umweltbelastungen. Besonders betroffen wären Berufspendler, Werksverkehr, Lieferdienste und Logistikdienstleistungen, die auf eine verlässliche Verkehrsinfrastruktur angewiesen sind. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der viele Betriebe wirtschaftlich ums Überleben kämpfen – wie unser aktueller IHK-Konjunkturbericht zeigt –, braucht es Planungssicherheit auch mit Blick auf leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur statt zusätzlicher Hemmnisse.
Coburg ist Automobilstandort – das verpflichtet
Eine Maßnahme, die den motorisierten Verkehr bewusst zurückdrängt, sendet ein fatales Signal an den Wirtschaftsstandort Coburg. In keiner anderen Stadt Nordbayerns ist der Anteil der Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt mit dem Automobil verbunden sind, so hoch: Rund ein Viertel aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hängt am Auto. Gerade deshalb ist bei verkehrspolitischen Entscheidungen eine besondere Sensibilität gefordert. Wer die Leistungsfähigkeit der Hauptverkehrsachsen schwächt, gefährdet nicht nur den täglichen Verkehr, sondern langfristig auch die Standortqualität. Im schlimmsten Fall droht eine Abwanderung von Unternehmen, die auf gute Erreichbarkeit und effiziente Logistik angewiesen sind.
„Verkehrspolitik darf nicht zum Experimentierfeld werden“, mahnt IHK-Präsident Dr. Engel. „Coburg braucht Lösungen, die den Gesamtverkehr im Blick behalten – nicht Maßnahmen, die einzelne Gruppen bevorzugen und andere benachteiligen. Unser Ziel muss ein sicherer, flüssiger und zukunftsfähiger Verkehr für alle sein – für Autofahrer ebenso wie für Radfahrer und Fußgänger. Das kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten frühzeitig an einem Tisch sitzen und gemeinsam nach ausgewogenen Lösungen suchen. Die vorgelegte Umsetzung des Radwegkonzeptes auf der Frankenbrücke lehnen wir deshalb ab.“