Experten für faire und fachkundige Bewertung

Beim Oberfränkischen Sachverständigentag ging es um Weiterbildung, Nachwuchsgewinnung und verschiedene Fachthemen

Das System der „öffentlich bestellten Sachverständigen“ hat sich bewährt, in vielen Bereichen der Gesellschaft ist das Sachverständigenwesen das Rückgrat einer fairen und fachkundigen Bewertung. Ob für die Industrie, das Handwerk, das Bauwesen oder den Handel – Sachverständige sind diejenigen, die mit ihrem Fachwissen und ihrer Präzision Licht in das Dunkel komplexer Themen bringen. Sie bewerten, prüfen und beraten. Dabei dienen sachverständige Gutachten nicht allein der Klärung von Rechtsstreitigkeiten vor Gericht, sondern tragen auch dazu bei, gerichtliche Auseinandersetzungen zu verhindern.

Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen öffentlich bestellten und freien Sachverständigen: Die öffentliche Bestellung und Vereidigung kann nur in einem Verwaltungsverfahren bei den Wirtschaftskammern (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern) erlangt werden. Die Wirtschaftskammern bestellen und vereidigen Sachverständige, die einen genau definierten Prozess durchlaufen, einen hohen Sachkundestand über dem Niveau eines Meisters und auch persönliche Eignung nachweisen müssen. Darüber hinaus sorgen die IHKs und die HWKs durch gezielte Fortbildung ihrer Sachverständigen und ein aufwändiges Qualitätssicherungssystem für gleichbleibend hohes Niveau in der Sachkunde.

Die drei oberfränkischen Wirtschaftskammern (IHK zu Coburg, IHK für Oberfranken Bayreuth und Handwerkskammer für Oberfranken) haben insgesamt 192 Sachverständige bestellt und vereidigt, die u. a. in den Gebieten Immobilienbewertung, Schäden an Gebäuden, Kraftfahrzeugschäden und -bewertung sowie in vielen Handwerken tätig sind. Mitte November veranstalteten die drei Kammern in Coburg unter Federführung der IHK zu Coburg ihren oberfränkischen Sachverständigentag. „In einer Zeit, in der sich die Rahmenbedingungen unserer Wirtschaft dynamisch und teils sogar disruptiv ändern, steigt die Bedeutung der Sachverständigen. Sie sind es, die mit ihrer Arbeit die Standards setzen und erhalten, die Qualität sichern und somit unseren Wohlstand mitgestalten. Dabei sind Sie gefordert, sich immer wieder neu an veränderte Standards, Normen und gesetzliche Vorgaben anzupassen“, betonte Dr. Andreas Engel, Präsident der IHK zu Coburg, in seiner Begrüßung.

Die Veranstaltung diente der Weiterbildung der aktiven Sachverständigen, aber auch der Nachwuchsgewinnung, denn der Fachkräftemangel ist auch im Sachverständigenwesen ein großes Thema. Um auch künftig herausragend qualifizierte Fachleute als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zu interessieren, gelte es, rechtzeitig potenziellen Nachwuchs zu motivieren und diese in einem Verwaltungsverfahren zu bestellen und zu vereidigen, so IHK-Präsident Dr. Engel. „All der Aufwand lohnt nicht nur, sondern er ist auch gerechtfertigt, denn mit der Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen übernehmen die Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern auch ein Qualitätsversprechen.“

Top-Thema beim Oberfränkischen Sachverständigentag war das Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“), das am 1. Januar 2024 in Kraft tritt und festlegt, dass neu eingebaute Heizungsanlagen die produzierte Wärme aus mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien erzeugen. Alexander Lyssoudis (IHK-Sachverständiger für Heizungstechnik) informierte u. a. über die ab dem kommenden Jahr geltenden Anforderungen an Heizungsanlagen, beschlossene Übergangsfristen und Härtefallregelungen sowie Angaben in Energieausweisen. 

Dem Thema Schiedsgutachten widmete sich Rechtsanwalt Volker Schlehe. Ein Schiedsgutachten ist ein Gutachten eines Sachverständigen über eine streitige Tatsache, beispielsweise sind ein Vermieter und ein Mieter sich uneins über die angemessene Höhe einer Miete. Der Sachverständige erstellt sein Schiedsgutachten, das beide Parteien anerkennen. Sie ersparen sich so einen Gerichtsprozess.

Richter am Landgericht Daniel Kolk informierte die Sachverständigen über die Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation mit der Justiz und klärte darüber auf, wie ein Sachverständiger sein Gutachten elektronisch an die Gerichte übermitteln kann.