Zukunft Unternehmertum: IHK zu Coburg setzt Impulse für erfolgreiche Unternehmensübergaben

Die Industrie- und Handelskammer zu Coburg hat mit der Veranstaltung „Zukunft Unternehmertum – Weiterdenken. Unternehmen gestalten.“ ein deutliches Zeichen für die Bedeutung der Unternehmensnachfolge gesetzt. In der Kulturfabrik Coburg trafen sich rund 70 Unternehmerinnen und Unternehmer, Nachfolgeinteressierte sowie Expertinnen und Experten, um zentrale Fragen der Übergabe mittelständischer Betriebe zu diskutieren und Lösungsansätze aufzuzeigen.
In seiner Begrüßung machte Dr. Andreas Engel, Präsident der IHK zu Coburg, die Brisanz des Themas deutlich: „Laut einer aktuellen Analyse der KfW planen bis Ende 2025 über 230.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland die Schließung oder Übergabe des Betriebs.“ Besonders alarmierend: „Nur ein Bruchteil – etwa 45.000 – findet jährlich tatsächlich eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.“ Die Zahlen sprechen für sich – und sie zeigen: Der Bedarf an Austausch, Information und konkreter Unterstützung ist groß.
Die IHK zu Coburg als Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft sieht sich hier in einer aktiven Rolle. Ziel der Veranstaltung war es daher, für das Thema zu sensibilisieren und Menschen zusammenzubringen, die ein Unternehmen übergeben möchten, mit jenen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Denn: „Der Wunsch zu übergeben ist da – und vielfach ist auch die Bereitschaft da, Verantwortung neu zu denken. Aber: Drei Viertel der übergabewilligen Unternehmerinnen und Unternehmer berichten von fehlenden Kandidatinnen und Kandidaten“, so Dr. Engel weiter.
Das Programm der Veranstaltung war vielseitig und praxisorientiert. Nach der Begrüßung folgte der Impulsvortrag von Thomas Fink, Geschäftsführer der Portus Corporate Finance GmbH, mit dem Titel „ZEPTER.WECHSEL! – Resilient in die Zukunft“. Er zeigte auf, wie durch Offenheit für Veränderung stabile Übergänge gelingen können – sowohl auf der wirtschaftlichen als auch auf der emotionalen Ebene. Seine Tipps: die Unternehmensnachfolge langfristig vorbereiten und strategisch angehen. Außerdem riet er dazu, einen „Notfallkoffer“ anzulegen zur Sicherung der Geschäftsfähigkeit des Betriebes bei einem überraschenden Ausfall des Chefs. Er stellte die Abläufe bei firmeninternen und -externen Nachfolgeprozessen vor. Nach seiner Darstellung nimmt die Bedeutung außerfamiliärer Nachfolgelösungen zu, u.a. wegen fehlender unternehmerischer Eignung oder mangelnden Interesses des Nachwuchses. Dabei könne man spezielle Berater zur Suche geeigneter Interessenten einsetzen.
Anschließend sprach Dr. Larissa Hofmann, geschäftsführende Gesellschafterin der Hilmar Gundermann GmbH & Co. KG, in ihrer Keynote über den Generationswechsel im eigenen Unternehmen – ein ehrlicher Einblick in einen Prozess, der nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch zwischenmenschliche Dimensionen hat. Dr. Hofmann leitet den Familienbetrieb bereits in vierter Generation. Sie gab einen sehr authentischen Einblick in ihre Betriebsübernahme, die unverhofft und kurzfristig notwendig geworden war. Im Alter von 26 stand sie vor einem „ungeahnt breiten Aufgabenspektrum im relativ kleinen Familienbetrieb“. In ihrer Firma gab es keinen „Notfallkoffer“ – dafür Erfahrung aus rund neun Jahrzehnten Unternehmensgeschichte, familiären Rückhalt sowie gute Berater und Unterstützer wie die IHK zu Coburg. Ihre Erfahrung aus dieser Situation lautete: „Guter Rat muss nicht teuer sein.“ Übernehmern riet sie dazu, Altbewährtes beizubehalten und trotzdem Neues zu wagen.
Podiumsdisk. m. Publ. von hinten
Einen Höhepunkt bildete die Podiumsdiskussion, die unterschiedliche Perspektiven aus Wissenschaft, Praxis und Beratung vereinte. Teilgenommen haben neben Dr. Andreas Engel, Thomas Fink und Dr. Larissa Hofmann auch Jens Beland (Maler- und Lackierermeister sowie Kreishandwerksmeister), Prof. Dr. Jutta Michel (Professorin für Versicherungsbetriebslehre und allgemeine Betriebswirtschaft, Hochschule Coburg) sowie Dr. Daniel Sommer (Notar auf Lebenszeit mit Amtssitz in Coburg).
Diskutiert wurde unter anderem, wie Nachfolgeprozesse vorbereitet und begleitet werden sollten, welche Förderinstrumente zur Verfügung stehen und welche Rolle persönliche Netzwerke spielen. Dabei betonte Beland, dass der Nachwuchs nicht in die Rolle des Unternehmers gedrängt werden dürfe, die Nachfolge müsse freiwillig sein. Dr. Sommer gab zu bedenken, dass es im Vorfeld einer Übergabe sinnvoll sein könne, Umstrukturierungen vorzunehmen, beispielsweise bei der Gesellschaftsform des Unternehmens. Prof. Dr. Michel bedauerte, dass der Wunsch nach unternehmerischer Selbstständigkeit heute weniger ausgeprägt sei als in der Vergangenheit, weil viele junge Leute eher auf Sicherheit setzen.
IHK-Präsident Dr. Engel erinnerte daran, dass eine Unternehmensnachfolge „kein Sprint, sondern ein Marathon“ sei. Eine erfolgreiche Übergabe erfordere nicht nur ein belastbares Konzept, sondern auch emotionale Reife und die Bereitschaft, Verantwortung abzugeben. Diese Einschätzung wurde von vielen Teilnehmenden geteilt, die im Anschluss die Gelegenheit nutzten, bei einem lockeren Netzwerkabend in den Austausch zu treten.
Was macht eine Unternehmensnachfolge so herausfordernd? Zum einen fehlen geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger – eine Folge des demografischen Wandels, aber auch der veränderten Karrierewünsche junger Menschen. Zum anderen ist die Nachfolge ein komplexes Vorhaben, das steuerliche, rechtliche, organisatorische und emotionale Aspekte umfasst. Oft sind es gerade diese persönlichen Fragen, die den Prozess verzögern oder scheitern lassen. „Verantwortung abzugeben, heißt auch loszulassen: von Rolle, Einfluss, Routine“, sagte Dr. Engel – und betonte gleichzeitig, dass genau darin auch eine Chance liege: „Denn nur wer loslässt, schafft Platz für neue Ideen, neue Perspektiven und eine neue Erfolgsgeschichte.“
Laut aktuellem KfW-Nachfolgemonitor stehen allein in Bayern zwischen 2022 und 2026 rund 36.500 Unternehmen mit über 600.000 Beschäftigten vor einem Generationswechsel. Für den IHK-Bezirk Coburg mit rund 8.000 Mitgliedsunternehmen ist das Thema daher von besonderer Bedeutung. Die IHK zu Coburg unterstützt mit einem breiten Angebot: von individuellen Beratungen über Nachfolgebörsen und Sprechtage bis hin zu Veranstaltungen wie „Zukunft Unternehmertum“, die konkrete Kontakte ermöglichen und Mut machen sollen.
Die Veranstaltung „Zukunft Unternehmertum“ hat gezeigt, wie wichtig der Austausch zwischen Übergebenden und potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern ist. Die IHK zu Coburg wird auch weiterhin Unternehmen in der Region bei der erfolgreichen Gestaltung von Unternehmensnachfolgen unterstützen – mit dem Ziel, „dass Unternehmertum in unserer Region eine Zukunft hat“, wie Präsident Dr. Engel betonte.