Nach der Bundestagswahl: Wirtschaftspolitik muss jetzt oberste Priorität erhalten!
"Nach der Bundestagswahl ist eines ganz klar: Unsere Unternehmen brauchen jetzt sehr schnell klare Signale und Taten für eine auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Nur so können wir die wirtschaftliche Talfahrt stoppen. Leider hat das Thema Wirtschaft im Wahlkampf der zurückliegenden Wochen eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Das ist angesichts der ökonomischen Rahmenbedingungen nur schwer nachzuvollziehen, denn aktuell geht es um nicht weniger als die Zukunft des heimischen Standortes“, erklärt Dr. Andreas Engel, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Coburg.
IHK-Präsident Dr. Andreas Engel
Nach zwei Jahren Rezession droht auch 2025, ein Krisenjahr zu werden. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer erwartet, dass die Wirtschaftsleistung zum dritten Mal nacheinander schrumpfen wird, und zwar um 0,5 Prozent. Dabei sind aus Sicht der Unternehmen nicht die Folgen der geopolitischen Verwerfungen aktuell das größte Problem – es sind die strukturellen Schwächen. An die maßgeblichen politischen Akteure richtet sich daher die eindringliche Forderung, zügig eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden, um den drängenden Herausforderungen des Landes entschlossen zu begegnen. Unsere Unternehmen benötigen dringend verlässliche Rahmenbedingungen, um wieder investieren und wachsen zu können.
„Die zukünftige Bundesregierung ist aufgefordert, wirtschaftspolitische Themen zur obersten Priorität zu machen“, betont Dr. Engel. Die Zahl an Aufgaben zur Krisenüberwindung ist groß – aber es zeichnen sich einige Baustellen ab, bei denen der Handlungsdruck besonders massiv ist. Das geht aus dem IHK-Unternehmensbarometer zur Bundestagswahl 2025 hervor: Hier wurden die Betriebe u.a. befragt, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland in wesentlichen Bereichen im Vergleich zum Herbst des Coronajahres 2021 verändert hat. Demnach gab es in keinem Bereich eine Verbesserung, stattdessen überwiegend fortschreitende Verschlechterungen. Besonders deutlich wird das in folgenden Bereichen: Mit großem Abstand wurde die Verlässlichkeit der Wirtschaftspolitik als der Bereich genannt, in dem sich die Wettbewerbsfähigkeit „sehr verschlechtert“ hat. Mit der gleichen Beurteilung folgen Kosten für Strom und für Gasversorgung, Bürokratie und Auflagen, Arbeitskosten, Gründungsfreundlichkeit sowie Qualität der Verwaltung.
Entsprechend zu dieser Bestandsaufnahme folgen Antworten auf die Frage, was die neu gewählte Bundesregierung aus Sicht der Unternehmen vornehmlich anpacken sollte: „Bürokratie abbauen“, so lautete die von fast allen Befragten (93,5 Prozent) genannte Forderung. Gerade der unseren Coburger Wirtschaftsraum prägende Mittelstand wird in besonderem Maße durch die weiter wuchernde Bürokratie ausgebremst.
„Steuerbelastung von Unternehmen reduzieren“ steht mit 76,1 Prozent an zweiter Stelle in der Forderungsliste: Zurzeit liegt die Steuerbelastung auf Gewinne in Deutschland bei circa 30 Prozent – im Durchschnitt der OECD-Länder sind es dagegen 23,6 Prozent, in den EU-Staaten nur 21,1 Prozent. Die Forderung nach Reduzierung der staatlichen Belastung des Strompreises folgt mit 67,4 Prozent an dritter Stelle. Je rund zwei Drittel der Befragten fordern die Begrenzung der Sozialabgaben sowie die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Für die Hälfte der Befragten zählt die Beschleunigung und Digitalisierung der Verwaltungsleistungen zu den Aufgaben, die die neue Bundesregierung vorrangig anpacken sollte.
Ganz gleich, wie die künftige Regierung zusammengesetzt ist: Nach der Bundestagswahl müssen die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wieder herzustellen und neues Vertrauen in den Standort Deutschland zu schaffen. „Unser Wirtschaftsstandort braucht dringend einen politischen Kurswechsel Richtung Wachstum. Die nächste Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, ob das gelingt. Die Zeit drängt“, mahnt IHK-Präsident Dr. Engel. Für die erforderliche Trendumkehr braucht es neben entsprechendem Willen vor allem Mut – nicht zuletzt, wenn es um lösungsorientierte Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg geht.