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Café Blütenzauber - Blumenträume bei Kaffee und Käsekuchen
Auf 35 Quadratmetern ging es vor vierzehn Jahren in der Langen Herzogstraße in Wolfenbüttel los. Doreen Mildner wollte nach der Elternzeit nicht in ihren Beruf als Pharmazeutisch-technische Assistentin zurückkehren. Den Umgang mit Blumen, das Aufbinden zu Sträußen hatte sie für sich entdeckt – aber daraus eine Profession machen, den Schritt in die Selbstständigkeit wagen? Da war ihr immer etwas mulmig zumute, zu viele Bedenken hatten sie zögern lassen. Doch ihr Mann machte Nägel mit Köpfen und überraschte sie mit dem in jedweder Hinsicht überschaubaren Geschäft in der Fußgängerzone. Kleiner Laden, kleines Risiko. Und siehe da: die Blütenträume gingen auf.
Doreen Mildner betreibt die gemütlichen Räumlichkeiten in der Okerstraße 11 seit über sechs Jahren.
Das Geschäft ist mittlerweile nicht nur in die Okerstraße rübergewandert, die freundlich zugewandte 47-Jährige hat es in den vergangenen vierzehn Jahren auch gehörig umgekrempelt. „Ich war immer davon ausgegangen, dass ich den Fokus wie gehabt auf Blumen und Deko lege“, erzählt sie. Spätestens mit dem Umzug in die Okerstraße 11 im Mai 2019 war klar, dass Kaffee und Co. nun in den Mittelpunkt des Interesses gerückt waren. Immer mehr Leute fragten, derweil sie beim Blumenbinden zusahen, nach einem Kaffee, einem Stück Kuchen. „Das war die Zeit, als wir unser Geschäft zum Platz des Plausches machten.“ Denn logisch: Nachfrage reguliert das Angebot – eine alte Weisheit, ebenso wie der Satz: Der Kunde ist König.
Ich war immer davon ausgegangen, dass ich den Fokus wie gehabt auf Blumen und Deko lege.Doreen Mildner
Wie bei Oma in der guten Stube
Mittlerweile sitzt man auf zwei Etagen in einem heimeligen Sammelsurium aus allem, was bei Omas und lieben Tanten früher so in der guten Stube stand. Altrosafarbene Polster harmonieren hier in schönstem Vintage-Style mit Holzstühlen aller Art. Häkeldeckchen oder kleine Flokatis zieren die Tische. Blumen gibt‘s nicht nur als käufliche Deko oder für die Vase daheim, sondern auch noch auf den Tapeten. Auf zwei Etagen bewirten Doreen Mildner und Herzensfreundin Tanja Schmidt bis zu 50 Gäste, draußen genießen 15 Kundinnen und Kunden nicht nur die Sonne und das geschäftige Treiben der Innenstadt.
Gemeinsam mit Freundin Tanja Schmidt bewirtet Doreen Mildner bis zu 50 Gäste gleichzeitig.
„Als wir hier losgelegt haben, fragten die Leute immer wieder nach Frühstück, Kleinigkeiten für zwischendurch.“ Also schaffte sie eine vernünftige Kaffeemaschine an, erweiterte das Angebot über die Waffeln hinaus. Seither gibt es eine kleine Brotzeitkarte und Frühstück. Ja, wer Appetit auf Rührei hat, bekommt auch hier eines serviert – allerdings ohne Speck. Warum? Weil der Duft von frisch gebrutzeltem Speck zwar köstlich ist, aber den zarten Blütenduft für immer und ewig überlagern würde. Und wer vielleicht doch nur in den Laden kommt, um ein paar Blumen zu kaufen, zu stöbern oder seine Deko für die Hochzeitstafel abzusprechen, würde womöglich doch ein wenig das Näschen rümpfen.
Blumen-Abo beschert regelmäßige Blütenpracht
Blumen sind schon die Herzenssache von Doreen Mildner, das spürt man im Gespräch. Auch wenn Waffeln und Co. das tägliche Bindegeschäft in den Hintergrund gedrängt haben, blüht auch die Chefin noch mehr auf, wenn es um ihr einstiges Kerngeschäft geht. Aber weil natürlich auch so ein beschaulicher, kreativer Ort den Regeln der Wirtschaftlichkeit unterworfen ist, stellte sie das Blumengeschäft anders auf. Besser kalkulierbar. Wer gerne am Wochenende einen schönen Strauß Blumen auf dem Tisch haben möchte, kann ein Blumen-Abo abschließen und sich Sträuße verlässlich ins Haus liefern lassen. Der Vorteil für die Unternehmerin: wenig bis keine Restware.
Die Kombination aus bunten Sträußen und hauseigenen Backkreationen kommt gut an.
Blumige Tischdeko für Feiern aller Art bietet sie zudem auch noch feil. Doreen Mildner kooperiert gern mit anderen. Wenn Brautleute zu ihr kommen, kann sie Kontakt zu einer Kosmetikerin, einem Fotografen oder einer Rednerin herstellen. Als es mit dem Laden losging, stellten die Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitsnachweise bisweilen in ihrer ersten Etage aus. „Eine kleine Hochzeitsmesse“ sei das gewesen.
Als wir hier losgelegt haben, fragten die Leute immer wieder nach Frühstück, Kleinigkeiten für zwischendurch.Doreen Mildner
Fluffige Waffeln nach belgischer Art
Mittlerweile findet auch oben Cafébetrieb statt. „Die erste Etage ist bei unserer Kundschaft heiß begehrt, dort sitzen alle am liebsten.“ Vielleicht, weil es so gemütlich ist, so abseits vom Trubel draußen, so ein bisschen wie früher, wenn Omas Sonntagskuchen blechwarm auf den Tisch kam und das ganze Haus duftete. Außerdem kann man zwischen Käsekuchen und der zweiten Tasse Kaffee oben auch noch shoppen: Der Modezauber aus Schladen hat ein paar Ständer bestückt. Die Waffeln von Doreen Mildner gleichen den belgischen: sehr fluffig, sehr dick. Das Rezept: sehr geheim! Kuchen wird auch in Eigenregie gebacken, Käsekuchen in allen Variationen ist der Hit.
Das kreativ zusammengewürfelte Mobiliar lädt zum Verweilen ein.
Etageren im Selbstbaukasten-System
Ähnlich wie das Mobiliar ist auch das Geschirr zusammengewürfelt. Aus Geschenken, von Flohmärkten, aus Haushaltsauflösungen. Besonders apart sind die Etageren. Selbst zusammengebaut aus Tellern. Manchmal krönt auch eine Tasse den Servierklassiker, dort kommt dann der Obstsalat rein. Vor Jahren hat die Mutter zweier mittlerweile erwachsener Töchter mit zwei anderen Geschäftsfreunden das Rosenfest in Wolfenbüttel initiiert. Dabei ist ihr einmal mehr aufgefallen, wie sehr die Menschen den Umgang mit zarten Blüten und kräftigen Knospen gleichermaßen als inspirierend und entspannend empfinden.
Adventskränze selbst binden
Und so entwickelte sie gemeinsam mit Tanja Schmidt ein Workshop-Angebot. So werden im Juli Rosenkränze mit Buchsbaum gestaltet, im Herbst Gewürzkränze, und das jahreszeitlich abgestimmte Programm rundet sie im November mit dem Binden von Adventskränzen ab. Diese Kurse sind längst ausgebucht. Schön zu beobachten sei, so die Quereinsteigern in Sachen Blüten und mehr, dass die Wertschätzung bei den Kundinnen und Kunden steigt, wenn sie mit eigenen Händen begreifen, wie viel Arbeit in so einem handgebundenen Tannenkranz steckt. Arbeit, die keine Maschine ersetzen kann.
Das ein oder andere Konzert mit Hutkasse hat sie auch schon in ihren Räumen organisiert. Musik von Schlager bis Rock. Für jeden, der einen heiteren Abend schätzt, sollte etwas dabei sein.
Für Gesellschaften bietet das Team auch einen Brunch oder Kaffeetafeln an. Abends ist dann aber Schluss. Familienfreundliche Arbeitszeiten sind ihr für sich selbst und ihre Mitarbeitenden wichtig. So stehen Elan und Ideenvielfalt auch nach Jahren in voller Blüte.
suja
5/2025