Keine zusätzlichen Belastungen für das Verkehrsgewerbe

Die IHK lehnt insbesondere Zusatzbelastungen auf Landesebene wie die Landes-LKW-Maut oder das Landesmobilitätsgesetz, die den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern schwächen, entschieden ab.
Die Vollversammlung der IHK Bodensee-Oberschwaben hat in ihrer Sitzung am 17.07.2024 beschlossen:
  • dass die IHK sich gegenüber der Politik dafür einsetzt die enorme Belastung des Verkehrsgewerbes insgesamt nicht weiter zu erhöhen
  • insbesondere die Bundespolitik aufzufordern, Förderprogramme zur Bewältigung der Antriebswende in wirkungsvollem Umfang wiederaufzunehmen.
Hintergrund dazu:

Situation im ÖPNV/bei den mittelständischen Omnibusunternehmen

Die mittelständischen Betriebe in der IHK-Region Bodensee-Oberschwaben im ÖPNV leiden nach Rückmeldungen der Branche massiv unter dem 49-EURO-Ticket, den Folgen von Corona und – wie die gesamte Verkehrsbranche – unter dem Fahrermangel. Die Einnahmesituation vieler mittelständischer Unternehmen im Verkehrsbereich wird immer dramatischer. Dazu kommt die gesetzliche Verpflichtung für die Verkehrsbranche, schrittweise auf CO2-neutrale Antriebsformen umzusteigen. Das Ministerium für Verkehr in Baden-Württemberg plant hier mit dem Landesmobilitätsgesetz (LMG) eine Verschärfung der bundesweiten Vorgaben. Im geplanten Landesmobilitätsgesetz ist zudem eine Angebotsausweitung des ÖPNV vorgesehen, die sogenannte Mobilitätsgarantie: Zu Hauptverkehrszeiten mindestens ein 15-Minutentakt im Ballungsraum, ein 30-Minuten-Takt im ländlichen Raum und zu den übrigen Zeiten ein 30-Minuten-Takt im Ballungsraum und ein Ein-Stunden-Takt im ländlichen Raum. Allerdings wurde diese Mobilitätsgarantie vor kurzem auf 2030 verschoben mit der Begründung des Fahrpersonalmangels.
Finanziert werden soll diese Angebotsausweitung durch sogenannte Drittnutzerfinanzierung (von Einwohnern einer Stadt als Mobilitätsabgabe, als Mobilitätsabgabe von Unternehmen für ihre Mitarbeiter, als KFZ-Abgabe von Fahrzeughaltern, als Citymaut von allen KFZ-Nutzern), die Landkreise oder Städte als Besteller von ÖPNV-Leistungen einführen können – das ist der Kern des lange angekündigten und in der Koalition umstrittenen Landesmobilitätsgesetzes.
Das 49-Euro-Ticket führt im ÖPNV dazu, dass die Abhängigkeit von der Finanzierung durch die öffentliche Hand zementiert worden ist, denn die Einnahmen aus dem Ticketverkauf betragen dadurch nur noch 25 Prozent der Gesamteinnahmen. Die notwendigen Ausgleichsleistungen für das 49-EUR-Ticket sind weiterhin ungeklärt und Haushaltvorbehalten unterworfen.
In der Region Bodensee-Oberschwaben sind die Fahrgastzahlen noch nicht auf dem Vor-Corona-Referenzjahr 2019 – was an dem immer wieder unzuverlässigen Qualitäts-Angebot des Zugverkehrs auf der Süd- und Bodenseegürtelbahn und an dem lückenhaften ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum liegen könnte. Ein Umstieg auf den ÖPNV kommt somit sehr wahrscheinlich für viele Nutzer trotz des preislich eigentlich attraktiven 49-EUR-Tickets nicht in Frage. Für die Verkehrsunternehmen und die ÖPNV-Aufgabenträger der Region bedeutet das, dass die weggebrochenen Einnahmen absehbar nicht durch Ausgleichsleistungen kompensiert werden. Dazu kommt, dass nahezu alle Busunternehmen weiterhin händeringend Fahrerinnen und Fahrer suchen und sich der Fahrermangel aus verschiedenen Gründen seit der Corona-Krise verschärft hat.
Viele Betriebe der Verkehrswirtschaft plagen Existenzängste, das ÖPNV-Geschäft wird zum Zu-schussbetrieb für die öffentliche Hand. Lösungen aus der Politik sind derzeit nicht in Sicht. Die Politik in Land und Bund nimmt die Lage zwar wahr, so die Verlautbarungen, echte und umfassende Lösungsansätze gibt es allerdings noch nicht.

Situation in der Transportbranche

Die Transportbranche kämpft aktuell mit einer geringen Auslastung, was die Preise am Transportmarkt drückt. Gleichzeitig besteht hoher Kapitalbedarf für die Antriebstransformation. In dieser ausgesprochen angespannten Situation plant die Landesregierung die Einführung einer LKW-Landesmaut auf Landes- und Kommunalstraßen, nur in Baden-Württemberg, die zusätzlich zur bestehenden Bundesmaut erhoben werden soll. Bei dieser Maut steht zudem zu befürchten, dass sie wesentlich schwerer am Markt durchzusetzen sein wird als die Bundesmaut. Die Mautpläne sind kurzfristig zwar gescheitert, die Realisierung der Maut ist für 2027 vorgesehen.
Weiterhin legt die neue Verordnung der EU 2024/1610 zu CO2 Flottengrenzwerten fest, dass kontinuierlich steigende Anteile aller Fuhrparks auf emissionsfreie Fahrzeuge umgestellt werden müssen und bis 2040 die Emissionen im Straßenverkehr um 90 Prozent (bezogen auf das Jahr 2019) gesenkt werden müssen. Dies bedeutet immense Investitionen für die Zukunft – finanziert aus Einnahmen, die derzeit nicht erzielt werden. Förderprogramme zur Beschaffung von Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur sind vom Bund bis auf weiteres gestrichen worden.