Positionspapier Einpersonen- und Kleinstunternehmen

Einpersonen- und Kleinstunternehmen (EKU) sind wichtig für die Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg und die Region Bodensee-Oberschwaben. Diese kleinen Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, sind innovativ und fördern das Wirtschaftswachstum. Die Politik muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen, dass die Wettbewerbsfähigkeit auf die Zukunft ausgerichtet werden kann. In der Vollversammlung am 25. Oktober 2023 hat die IHK Bodensee-Oberschwaben das Positionspapier EKU als Grundlage ihrer wirtschaftspolitischen Arbeit beschlossen.

Ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftsregion Bodensee-Oberschwaben, Stand: Oktober 2023

In der Europäischen Union ist man den Kleinstunternehmen zugeordnet, wenn man eine Mitarbeiterzahl von unter 10 vollzeitbeschäftigten Arbeitskräften, sowie einen Jahresumsatz von 2 Millionen Euro nicht überschreitet. Die IHK Bodensee-Oberschwaben verfügt über circa 40.000 Mitgliedsunternehmen, wovon ein sehr großer Anteil den EKU zugeordnet werden kann.
Aufgrund des aktuellen wirtschaftlichen Wandels, geprägt einerseits durch die Transformation in Industrie, Handel und Dienstleistung, andererseits durch veränderte Lieferketten und hohe Energiepreise, sind die Herausforderungen für die Wirtschaft sehr groß. Verstärkt wird dies durch die geopolitische Lage, die hohe Abhängigkeit von internationalen Absatz- und Zuliefermärkten, sowie neue Technologien und Marktteilnehmer außerhalb der Europäischen Union.
Trotz dieser komplexen Rahmenbedingungen entwickeln sich immer neue EKU, die mit teilweise neuen kreativen und innovativen Geschäftsmodellen unsere Wirtschaft vielfältig und flexibel halten. Der Faktor Wissen und Wissensvorsprung spielt dabei eine entscheidende Rolle, ebenso die Fokussierung auf die Produkte. Die EKU sind daher wichtig für die Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg und der Region Bodensee-Oberschwaben. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen die EKU gefördert und ihre Besonderheiten beachtet werden.
Stärkung der Einpersonen- und Kleinstunternehmen durch:
  • Stärkere Berücksichtigung von Interessen der EKU
  • Stärkere Förderung durch zielgruppen- und zukunftsorientierte Programme
  • Stärkere Entlastung durch Entbürokratisierung

Stärkere Berücksichtigung von Interessen der Einpersonen- und Kleinstunternehmen

EKU werden in der Politik bei Entscheidungen oft außer Acht gelassen. Ein Grund hierfür sind die sehr heterogenen Interessen dieser Gruppe. Wir als IHK möchten politisch agierende Personen darauf hinweisen, dass die Bedürfnisse und Ressourcen der EKU meist stark von denen der kleinen, mittleren und großen Unternehmen abweichen. Die EKU müssen sich noch stärker als größere Unternehmen auf das Kerngeschäft konzentrieren und haben selbst keine Personalressourcen, um die sehr dynamische Gesetzgebung zu beobachten und in die Geschäftsprozesse zu integrieren.
Wir fordern die Politik daher dazu auf, die Rahmenbedingungen von EKU stärker zu berücksichtigen. Ziel muss sein, die Auswirkungen von Gesetzen und Vorschriften auf EKU zu bedenken und gegebenenfalls anzupassen. Aktuelle Gesetzgebungen, wie zum Beispiel das Verpackungsgesetz, differenzieren nicht zwischen unterschiedlichen Unternehmensgrößen. Hier gilt es, EKU von Verpflichtungen zu befreien, wie es zum Beispiel beim Verpackungsgesetz durch Einführung einer Bagatellgrenze von Verpackungsmengen möglich wäre.

Stärkere Förderung durch zielgruppen- und zukunftsorientierte Programme

EKU sind regional stark verwurzelte Impulsgeber für Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Dadurch leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Transformation unserer Wirtschaft. Es ist daher wichtig EKU von Seiten der Politik stärker zu fördern und verstärkt Risikokapital zur Verfügung zu stellen.
Die Förderungen müssen zielgruppenorientiert gestaltet sein und zukunftsrelevante Themen abdecken. Außerdem muss Gleichheit hinsichtlich der Inanspruchnahme beziehungsweise Zuweisung der Fördermittel herrschen. Ein Beispiel ist die Meistergründungsprämie, die vom Land Baden-Württemberg in Form eines Tilgungszuschusses gewährt wird. Dieser wird jedoch nur Jungmeistern des Handwerks gewährt, nicht Industrie-, Küchen- oder Logistikmeistern. Die Abwicklung muss zentral gesteuert, unbürokratisch und die Bereitstellung von Fördermitteln kurzfristig erfolgen. Rückzahlungsmodalitäten, Kontrollen, sowie Dokumentationspflichten müssen großzügiger gestaltet werden, um die Unternehmen hierdurch nicht zusätzlich zu belasten.
Als weiteres Beispiel möchten wir das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) anführen. Die geforderten Eigenanteile der Unternehmen senken die Eigenkapitalquote der Unternehmen meist deutlich. Zudem können sich einige Unternehmen die Beantragung der Förderung wegen des großen Umfangs nicht leisten. Neue Wege einer vereinfachten Beantragung und Dokumentation der Verwendung, sowie die Möglichkeit von Fremdfinanzierung mit entsprechenden Rückzahlmodellen des Eigenanteils wären hilfreich. Bestehende Anforderungen sind zu prüfen und gegebenfalls an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der EKU anzupassen.
Bedingt durch Fachkräftemangel müssen auch Anreize zur Bewerbung und Mitarbeit in EKU geschaffen werden, sowie entsprechende qualifizierende Bildungsangebote unterstützt werden.

Stärkere Entlastung durch Entbürokratisierung

Die EKU melden der IHK Bodensee-Oberschwaben eine überproportionale Bürokratiebelastung. Oft müssen die EKU aufgrund begrenzter personeller Kapazitäten Dienstleister in Anspruch nehmen, um die gesetzlichen Vorgaben im Bau-, Personal- und Steuerrecht, sowie anderen Bereichen, in die Geschäftsprozesse integrieren zu können. Das reduziert die Liquidität und Rentabilität der Unternehmen und hemmt neue Investitionen in die Geschäftsentwicklung.
Die EKU müssen sich wieder verstärkt ihrem Unternehmen widmen können und dürfen sich nicht in einen bürokratischen Verwaltungsapparat verwandeln. Entbürokratisierung wäre ein wichtiger Schritt, um die EKU von Anforderungen zu entlasten. Vereinfachungen bergen ein enormes Kosteneinsparungspotenzial sowohl für die EKU als auch für die Behörden, zum Beispiel bei steuerrechtlichen Vereinfachungen.
Eine einheitliche Vernetzung und Digitalisierung von Institutionen und Ämtern gilt es daher ebenso kontinuierlich zu verbessern und konsequent umzusetzen, sowie eindeutige Kontaktpersonen für die Unternehmen zu definieren.

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