Positionspapier Freizeit- und Tourismuswirtschaft

Die Freizeit- und Tourismuswirtschaft ist für das Land Baden-Württemberg, die Region Bodensee-Oberschwaben und das angrenzende Allgäu ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Tourismusbranche, allen voran das Gastgewerbe, garantiert standortsichere und wohnortnahe Arbeits- und Ausbildungsplätze. Außerdem erhöhen die Freizeitangebote die Lebensqualität. In der Vollversammlung am 22. Oktober 2025 hat die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben das Positionspapier Freizeit- und Tourismuswirtschaft als Grundlage ihrer wirtschaftspolitischen Arbeit beschlossen.

Die Freizeit- und Tourismuswirtschaft ist wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor

Stand Oktober 2025
Der Tourismus ist in Baden-Württemberg mit der Destination Bodensee, dem angrenzenden württembergischen Allgäu und dem Reisegebiet Oberschwaben ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Vom Tourismus profitieren nicht nur die Freizeit- und Tourismusbranche, sondern auch Betriebe im Einzelhandel oder Dienstleistungssektor. Zudem profitieren Gastronomen und Beherbergungsbetriebe in den Innenstädten, denn durch die Symbiose dieser Anbieter wird die Attraktivität der Innenstädte für Tagesgäste, Urlauber und Einheimische erst erlebbar. In ländlichen Regionen können durch den Tourismus außerdem Verkehrsinfrastrukturen und Nahversorgungsangebote aufrechterhalten und erweitert werden.
Die Tourismusbranche, allen voran das Gastgewerbe, garantiert standortsichere und wohnortnahe Arbeits- und Ausbildungsplätze. Außerdem erhöhen die Freizeitangebote die Lebensqualität. Dies kommt auch der einheimischen Bevölkerung zu Gute und kann sehr hilfreich bei der Anwerbung von Arbeits- und Fachkräften sein.
Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben befürwortet, die finanzielle Förderung der Freizeit und Tourismuswirtschaft durch die Landesregierung.

1. Effiziente touristische Strukturen und Kooperationen

Der Erfolg des Tourismus in unserer Region hängt unter anderem von leistungsstarken Tourismus- und Vermarktungsorganisationen ab. In der Region Bodensee-Oberschwaben sind folgende Organisationen für die Bewerbung und Vermarktung zuständig: (a) Die Internationale Bodensee Tourismus GmbH (IBT), Konstanz, vermarktet den internationalen Bodensee in den relevanten europäischen Märkten. (b) Die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT), Friedrichshafen, hat den Auftrag das deutsche Bodenseeufer zu vermarkten und touristische Strategien zu entwickeln. So hat die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH die Echt-Bodensee-Card etabliert, mit der Urlauber unter anderem den regionalen öffentlichen Personennahverkehr kostenfrei nutzen können. (c) Die Oberschwaben Tourismus Gesellschaft mit Beschränkter Haftung (OTG), Bad Schussenried, ist für das Reisegebiet Oberschwaben und das württembergische Allgäu zuständig. In 2025 hat auch die Oberschwaben Tourismus Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Gästekarte etabliert mit der die Urlaubsgäste unter anderem zahlreiche Attraktionen verbilligt oder kostenlos nutzen können.
Durch eine gute Zusammenarbeit zwischen den Tourismus Organisationen, den Tourist-Informationen und den Beherbergungsbetrieben und Gastronomen werden neue Projekte angestoßen und Synergieeffekte erzielt. Dadurch können unter anderem die knappen finanziellen Marketingmittel gebündelt werden. Für die erfolgreiche Weiterentwicklung und Vermarktung der Destination braucht es außerdem eine überregionale Strategie. Diese darf sich nicht an Städten oder Landkreisgrenzen ausrichten, sondern muss die Stärken der jeweiligen Destination klar herausarbeiten.
Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben unterstützt die touristischen Organisationen sowie die Unternehmen in diesem Wirtschaftszweig auf vielfältige Weise. Unter anderem führt sie die Geschäftsstelle des Verbands der Tourismuswirtschaft Bodensee (VTWB) eingetragener Verein. Der Verbands der Tourismuswirtschaft Bodensee ist ein Zusammenschluss, in dem sich die touristischen Leistungsträger der Freizeitwirtschaft rund um den Bodensee organisieren. Mitglied sind zum Beispiel die Insel Mainau, alle Schiffsbetriebe rund um den See, die Pfänder- sowie Säntisbahn, Schloss Salem, das Ravensburger Spieleland, der Affenberg, Pfahlbauten Museum und viele andere.

2. Arbeits- und Fachkräftemangel nach wie vor eine zentrale Herausforderung

Tourismus ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern aufgrund der hohen Arbeitsintensität ebenso ein Beschäftigungsmotor, der insbesondere im ländlichen Raum standortgebundene Arbeitsplätze schafft. Der demographische Wandel sowie der Fachkräftemangel machen es immer problematischer, offene Stellen adäquat zu besetzen.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung haben viele Ausbildungsbetriebe ihre Bemühungen verstärkt mit Hilfe der dualen Berufsausbildung ihren eigenen Fachkräftenachwuchs zu schaffen. Leider übersteigt die Anzahl der freien Lehrstellen deutlich die Bewerbernachfrage. Durch Intensivierung ihrer landesweiten Ausbildungskampagne unterstützen die Industrie- und Handelskammern die Betriebe bei der Nachwuchswerbung:
Zusätzlich zur Qualität der Ausbildung muss in der arbeitsintensiven Freizeit- und Tourismuswirtschaft die Beschäftigung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland vereinfacht werden. Deshalb haben sich die Industrie- und Handelskammern unter anderem für das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ausgesprochen und weitere Vorschläge bezüglich der noch ausstehenden Ausführungsbestimmungen gemacht. Durch die Übernahme des Welcome Centers Bodensee-Oberschwaben im Jahr 2024 leistet die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben einen weiteren wichtigen Beitrag zur Rekrutierung von Fachkräften aus Drittstaaten.

3. Bürokratieabbau – Mehr Markt und weniger Regulierung im Tourismus

Die Tourismusbranche ist geprägt von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die serviceorientierte Branche ist durch eine Vielzahl von bürokratischen Vorschriften und Dokumentationspflichten belastet. Unternehmen in der dynamischen Freizeit- und Tourismuswirtschaft müssen ihr Geschäftsmodell kontinuierlich überprüfen, um den Erwartungen und Wünschen der Kunden gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen sich die überwiegend inhabergeführten Betriebe vor allem auf die serviceorientierte Arbeit mit den Gästen konzentrieren.
Die bürokratischen Belastungen müssen deshalb auf ein notwendiges und im Tagesgeschäft handhabbares Maß reduziert werden. Bestehende Dokumentationspflichten und Kontrollen müssen vereinfacht oder sogar abgeschafft werden. Darüber hinaus spricht sich die Industrie- und Handelskammer dafür aus, dass das Prinzip in der Gesetzgebung „One in, two out“ das heißt für jede neue Regelung sollen zwei andere Regelung entfallen, Anspruch der Legislative wird. Bei Gesetzgebungsverfahren auf Europäischer Unions-, Bundes- und Landesebene muss darauf geachtet werden, dass neuen gesetzlichen Regelungen auch von kleinen mittelständischen Unternehmen umgesetzt werden können bzw. entsprechende Grenzwerte für kleine und mittlere Unternehmen formuliert werden. Wichtig ist darüber hinaus, dass nationale Gesetze nicht über die Zielsetzungen der europäischen Vorgaben hinausgehen.

Die Novellierung des baden-württembergischen Gaststättengesetzes, die zum Beginn des Jahres 2026 in Kraft treten wird, wird das bisherige Erlaubnisverfahren ablösen und durch ein Anzeigeverfahren ersetzt. Dadurch werden Betriebsgründungen- und übergaben unkomplizierter möglich gemacht und es ist ein konkreter Beitrag zur angestrebten Bürokratievereinfachung, für den sich die baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern intensiv eingesetzt haben.

4. Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen

Steuerpolitik ist ein wichtiger Ansatzpunkt um die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Betriebe in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft zu stärken. Dies betrifft vor allem die vielen kleinen und mittleren Unternehmen dieser Branche. Begrenzte personelle Kapazitäten machen es den Unternehmen besonders schwer alle relevanten Steuergesetze und Vorschriften im Auge zu behalten. Die Komplexität und Vielfalt der zu beachtenden Regeln ist enorm. All dies führt zu Rechtsunsicherheiten sowie zu erheblichen administrativen und finanziellen Belastungen. Zudem schwächen leistungshemmende Steuerregeln die Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen.
Die Industrie- und Handelskammern sprechen sich grundsätzlich für breit angelegte und einheitlich niedrige Steuersätze für alle Wirtschaftszweige aus. Hierzu gehört beispielsweise auch die Bereinigung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze, die auch in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft die Betriebe belasten.
4.1 Bettensteuer: In vielen Städten zur Verbesserung der kommunalen Einnahmen in der Diskussion
Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben hat Verständnis dafür, dass auch die Kommunen nach neuen Einnahmemöglichkeiten suchen. Stabile Kommunalfinanzen sind die Voraussetzung für eine gute regionale Entwicklung. Bei der Einführung einer Bettensteuer ist folgendes zu beachten. Die Unternehmen müssen den Betrag zwar beim Übernachtungsgast einziehen, sind aber de facto selbst Steuerschuldner. So zeigen Beispiele aus Freiburg, wo die Bettensteuer bereits seit 2014 erhoben wird, dass zur Abrechnung erheblicher zusätzlicher Personalaufwand notwendig ist. Nicht nur der Fachkräftemangel ist nach wie vor ein großes Problem für die Branche. Mit der Einführung einer Bettensteuer würden die bürokratischen Belastungen noch zunehmen. Die Einführung einer Bettensteuer ist daher durch die Kommunen sorgfältig zu prüfen und kann nur ultima ratio sein.
4.2 Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen ab 1. Januar 2026
Die Bundesregierung hat die Umsatzsteuersenkung auf Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 auf den Weg gebracht. Der Mehrwertsteuersatz für Speisen (nicht Getränke) in der Gastronomie sinkt damit wieder von 19 auf sieben Prozent. Die Erwartung, dass durch die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes auch die Preise in der Gastronomie gesenkt werden, wird die Mehrheit der Betriebe nicht erfüllen können, denn Konjunkturbefragungen der Industrie- und Handelskammern bei den gastronomischen Mitgliedsbetrieben machen deutlich, dass die Kostensteigerungen, beispielsweise. der Energie-, der Material- und Personalkosten eine Weitergabe an die Gäste nicht realistisch erscheinen lassen. Dazu kommt noch die nicht unerhebliche Konsumzurückhaltung vieler Gäste als Folge unsicherer Zukunftsaussichten und deutlich gestiegener Lebenshaltungskosten.

4.3 Verpackungssteuer
Die Einführung kommunaler Verpackungssteuern führt zu weiteren bürokratischen Belastungen für die regionalen Unternehmen. Zumal die Einführung vielfach unkoordiniert mit anderen bestehenden Umweltmaßnahmen erfolgt. Die Umsetzung einer kommunalen Verpackungssteuer ist für Unternehmen wie auch Kommunen mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigen und nicht-steuerpflichtigen Verpackungen ist aufwändig und fehleranfällig. Die Einführung der Verpackungssteuer wird durch die kommunalen Entscheidungsträgern mit der Erzielung von Mehreinnahmen und der Lenkungsfunktion begründet. Der Erhebungs- und Kontrollaufwand führt dazu, dass dieser durch die Kommunen nur durch die Schaffung weiter Personalstellen bewältigt werden kann. Dies stellt somit die Sinnhaftigkeit der zusätzlichen Steuererhebung in Frage. Die Industrie- und Handelskammer regt vielmehr an, Anreizsysteme in den Kommunen zu entwickeln, damit Mehrwegsysteme gestärkt werden, die somit mittelfristig zu einer spürbaren Müllreduzierung führen können. Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben spricht sich daher, gegen die Einführung kommunaler Verpackungssteuern aus, sofern diese nicht Teil eines integrativen Müllvermeidungskonzeptes sind.

5. Digitalisierung im Tourismus – innovativer Wachstumstreiber für die Branche

Digitale Prozesse lösen alte Geschäftsmodelle ab und brechen Strukturen beim Buchungs- und Konsumverhalten auf. Darüber hinaus schaffen Gästekarten zusätzliche Anreize für den Besuch bestimmter Attraktionen. Mit Hilfe der durch die Karten gewonnenen Daten können zum Beispiel Gästeströme je nach Nachfrage oder Wetterlage gelenkt werden und multidimensionale Formen des Marketings sind möglich.
Jedoch stellen die neuen digitalen Möglichkeiten kleine und mittelständische Tourismusunternehmen als auch die zuständigen Destinationsmanagement-Organisationen und Tourismusinformationen vor große Herausforderungen, da sie häufig nicht über die personellen und finanziellen Ressourcen oder das notwendige Know-how verfügen. Zudem stoßen Betriebe im ländlichen Raum auf besondere Schwierigkeiten bei der Digitalisierung, da dort die Versorgung mit schnellem Internet teilweise noch unbefriedigend ist. Damit die Möglichkeiten der Digitalisierung in der gesamten Region Bodensee-Oberschwaben voll ausgeschöpft werden können, bedarf es einer flächendeckenden Versorgung mit schnellem Glasfaser- und Mobilen-Internet. Da sich viele touristische Attraktionen in ländlich geprägten Gebieten befinden, ist es für die Tourismusbranche wichtig, dass weiterhin bestehende Versorgungsunterschiede zwischen „Stadt“ und „Land“ ausgeglichen werden. Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben spricht sich für den zügigen weiteren Glasfaser- und Mobilfunkausbau aus. Der weitere Ausbau hängt nach wie vor von der Bereitstellung von Fördermitteln für die Kommunen ab, die ohne diese Mittel den Ausbau nicht vorantreiben können.

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