Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

Finanzielle Anreize für Abmahner verringert

In den vergangenen Jahren ist der Missbrauch von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch unseriöse Vereine, Verbände und leider in Einzelfällen auch durch Rechtsanwälte zu einem Ärgernis für viele, insbesondere kleinere, Betriebe geworden. Dies hat zu einer großen Unsicherheit geführt und zu beständig neuen Fragen, welche besonderen Anforderungen an Homepages, Online-Shops oder Werbeanzeigen zu stellen sind.
Abmahnungen sollen zu einem rechtstreuen Wettbewerb beitragen und nicht zur Generierung von Anwaltsgebühren und Vertragsstrafen missbraucht werden. Die Verringerung finanzieller Anreize ist daher ein wirksames Mittel, um missbräuchliche Abmahnungen einzudämmen. Zu diesem Zweck erhalten Mitbewerber bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien keinen Anspruch mehr auf Kostenerstattung für die Abmahnung. Bei der Abmahnung von Datenschutzverstößen besteht ein Aufwendungsersatzanspruch ebenfalls nicht, wenn das abgemahnte Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiter hat.
Bei einer erstmaligen Abmahnung für Bagatellen wird die Höhe einer Vertragsstrafe auf 1.000 Euro begrenzt, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Voraussetzungen für die Anspruchsbefugnis der Abmahner wird erhöht

Wettbewerbsverhältnisse sollen nicht bewusst geschaffen werden, um Einnahmen durch Abmahnungen zu ermöglichen. Mitbewerber können Unterlassungsansprüche daher in Zukunft nur noch geltend machen, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Online-Shops mit Fantasieangeboten werden damit ebenso ausgeschlossen wie Mitbewerber, die bereits insolvent sind und gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen.
Auch unseriösen Wirtschaftsverbänden, die zur Erzielung von Einnahmen aus Abmahnungen gegründet werden, wird die Geschäftsgrundlage entzogen. Anspruchsberechtigt sind nur noch Wirtschaftsverbände, die sich – nach Erfüllung bestimmter Anforderungen – auf einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eintragen lassen. Die Erfüllung der Anforderungen durch die Wirtschaftsverbände wird durch das Bundesamt für Justiz regelmäßig überprüft.

Gegenansprüche des Abgemahnten werden erleichtert

Abgemahnte Unternehmen können zukünftig leichter darlegen, dass es sich um eine missbräuchliche Abmahnung handelt. Hierzu wurden Regelbeispiele für einen Missbrauch geschaffen, wie die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber genauso wie Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird oder Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzt. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung. Abmahner müssen die Berechtigung einer Abmahnung daher in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, um finanzielle Risiken zu vermeiden.

Wahl des Gerichtsstands eingeschränkt

Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (sogenannter fliegender Gerichtsstand) ermöglicht dem Kläger bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen, sich das für sie passende Gericht auszusuchen. In Zukunft gilt bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (des zuvor Abgemahnten) dass heißt an seinem Geschäftssitz.
Die Regelungen zur Eintragung von Wettbewerbsvereinen beim Bundesamt für Justiz werden erst ein Jahr später am, 02.12.2021, in Kraft treten, da der Registrierungsprozess eine gewisse Zeit beansprucht und bereits bestehenden Wettbewerbsvereinen nicht ein unmittelbar wirkendes Tätigkeitsverbot auferlegt werden soll.
Insgesamt ist das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ein toller Erfolg für die Industrie- und Handelskammer Organisation, die sich schon seit vielen Jahren intensiv gegen Abmahnmissbrauch einsetzt. Viele unserer Anregungen sind aufgenommen worden. Mitte 2017 hatten bereits der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), neun Wirtschaftsverbände und  der Gutachterausschuss für Wettbewerbsfragen die Reformierung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gefordert. Unter der Überschrift "Private Rechtsdurchsetzung stärken - Abmahnmissbrauch bekämpfen" wurde am 23.06.2017 ein gemeinsames Verbändepapier veröffentlicht. Es ist zu hoffen, dass der Abmahnmissbrauch durch das Gesetz tatsächlich eingedämmt wird.

Quelle: IHK Osnabrück – Emsland