Das Regelinsolvenzverfahren

Das Insolvenzverfahren ist ein Gesamtvollstreckungsverfahren im Gläubigerinteresse, das heißt die Gläubiger sind die eigentlichen "Herren" des Verfahrens. Das Insolvenzgericht ist lediglich Hüter der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Der Insolvenzverwalter ist den Interessen sämtlicher am Verfahren Beteiligter verpflichtet. Für Selbständige, das heißt auch Gewerbetreibende, ist in der Insolvenzordnung das Regelinsolvenzverfahren vorgesehen.
Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter sind gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von maximal 3 Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Vertretungsorgane dieser Gesellschaften sollten beachten, dass die schuldhafte Verletzung dieser Antragspflicht zivilrechtliche (Schadensersatz) und strafrechtliche Folgen für sie persönlich haben kann. Insolvenzgründe sind drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. 

Wo ist der Insolvenzantrag zu stellen?

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Der Antrag kann beim zuständigen Insolvenzgericht schriftlich gestellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.

Wer kann einen Insolvenzantrag stellen? 

Sowohl Gläubiger als auch Schuldner können einen Insolvenzantrag stellen. Insolvenzfähige Unternehmen sind: Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), UG (haftungsbeschränkt), Aktiengesellschaft (AG), eingetragener Kaufmann (e. K.), Einzelunternehmen, Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG), Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Partnerschaftsgesellschaften, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWIV), Societas Europea (SE) und ausländische Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz und Betrieb im Inland haben. Für Unternehmen gilt das Regelinsolvenzverfahren. Davon zu unterscheiden ist das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren, das bis auf wenige Ausnahmen nur natürlichen Personen ohne unternehmerische Tätigkeit offen steht. 
Der Antrag kann zurückgenommen werden, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Die Gerichte entscheiden in der Regel binnen circa 4 bis 8 Wochen über den Antrag. Wird der Antrag zurückgenommen, werden die Verfahrenskosten dem Antragsteller auferlegt.

Gläubigerantrag

Der Gläubiger muss zunächst ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben. Dabei ist zu beachten, dass die Forderung nicht völlig unbedeutend sein darf. So reichen beispielsweise rückständige Zinsen und Mahnkosten grundsätzlich nicht aus, soweit die Hauptforderung beglichen ist. Auch darf der Antrag nicht als unlauteres Druckmittel missbraucht werden (zum Beispiel zur Schädigung des Antragsgegners als Wettbewerber).
Der Gläubiger hat die Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen. Dazu müssen entsprechende Unterlagen zum Nachweis der Forderungen vorgelegt werden. Darüber hinaus muss dargelegt werden, dass der Schuldner außerstande ist, diese Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ausreichend dafür ist beispielsweise die Bescheinigung eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch (Fruchtlosigkeitsbescheinigung) oder eine Vermögensauskunft des Schuldners nach § 802c ZPO. Ist der Gläubigerantrag zulässig, hat das Insolvenzgericht den Schuldner anzuhören.

Schuldnerantrag

Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ist zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens jedes Mitglied des Vertretungsorgans beziehungsweise jeder persönlich haftende Gesellschafter berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, muss der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Fall der sogenannten Führungslosigkeit einer juristischen Person (das heißt bei Fehlen eines organschaftlichen Vertreters) ist jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt. In der Regel wird der Geschäftsführer beziehungsweise Vorstandsvorsitzende bzw. persönlich haftende Gesellschafter den Antrag selbst stellen. Der Schuldner beziehungsweise seine Vertretungsorgane sind dem Insolvenzgericht gegenüber unbeschränkt auskunftspflichtig.

Erforderliche Unterlagen:

  • Ein Beispiel für einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens finden sie auf der Website des Amtsgerichts Heidelberg
  • Dem Antrag ist ein Vermögensverzeichnis beizufügen, aus dem durch Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva unter Berücksichtigung von Liquidationswerten ein vollständiger Überblick über die Vermögenslage gewonnen werden kann. 
  • Ein Gläubiger- und Schuldnerverzeichnis ist mit genauer Bezeichnung der Gläubiger und Schuldner sowie deren Anschriften beizufügen. Bei jeder Forderung und Verbindlichkeit sind der Betrag und der Schuldgrund anzugeben. Weiterhin sollte ersichtlich sein, ob seitens Dritter Ansprüche auf Herausgabe oder abgesonderte Befriedigung bestehen.

Wann ist der Insolvenzantrag zu stellen?

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffnungsgrund besteht. Insolvenzeröffnungsgründe sind Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. 

Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO

Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Von der Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist die bloße Zahlungsstockung. Diese liegt vor, wenn der Schuldner die berechtigte Erwartung hat, er werde die Forderungen der Gläubiger innerhalb eines Zeitraums, der üblicherweise als nur vorübergehend anzusehen ist, erfüllen können. Der Schuldner muss also kurzfristig (Zeitraum einzelfallabhängig, Richtwert: etwa 2-3 Wochen) imstande sein, sich die erforderlichen flüssigen Mittel zu beschaffen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Nur dann kann von einer bloßen Zahlungsstockung ausgegangen werden, die noch keinen Insolvenzgrund darstellt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Deshalb wird an dieser Stelle unbedingt zur Einschaltung von Fachleuten geraten. Typische Indizien der Zahlungsunfähigkeit sind: 
  • Nichtzahlung von Lieferanten
  • Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen
  • Hingabe ungedeckter Schecks
  • Wechselproteste
  • Zwangsvollstreckungen/Vorliegen von Vollstreckungsanträgen
  • Antrag zur Abgabe einer Vermögensauskunft des Schuldners

Drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO

Der Schuldner hat außerdem die Möglichkeit, schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Gesetzgeber wollte dem Schuldner die zusätzliche Möglichkeit einräumen, auch schon dann Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits absehbar ist und ein weiteres Zuwarten die Sanierungschancen des Unternehmens nur noch weiter verschlechtern würde (zum Beispiel Abwanderung der besten Arbeitnehmer, Schuldenanstieg). Von der Möglichkeit des Eigenantrags des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit sollte deshalb dann Gebrauch gemacht werden, wenn Sanierungschancen für das angeschlagene Unternehmen in Aussicht sind.

Überschuldung, § 19 InsO 

Bei juristischen Personen kann auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren sein. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Neben der rechnerischen Überschuldung - wenn also das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene Vermögen kleiner ist als die auf der Passivseite ausgewiesenen Verbindlichkeiten - ist die positive Fortführungsprognose für die Beurteilung des Insolvenzgrundes der Überschuldung maßgeblich. Dadurch können rechnerisch überschuldete Unternehmen der Insolvenzantragspflicht entgehen, sofern sie eine positive Fortführungsprognose aufstellen können. 

Bewertungskriterien

Die Überschuldungsbilanz ist nicht mit der Handelsbilanz identisch, sondern stellt eine eigenständige Sonderbilanz dar. Dafür sind allein die tatsächlichen Zeitwerte zu ermitteln ohne Rücksicht auf die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften. Die positive Fortführungsprognose setzt voraus, dass der Wille besteht, das Unternehmen fortzuführen (subjektives Element) und dass die Fortführung objektiv erfolgsversprechend erscheint. Maßgeblich ist, ob ein ordentlicher Geschäftsleiter auf der Grundlage einer gewissenhaften, sachkundigen Prüfung aller am Stichtag erkennbaren wesentlichen Umstände sich für eine Fortführung des Unternehmens entscheiden würde. Objektiv erfolgsversprechend ist die Fortführungsprognose, wenn das Unternehmen im laufenden sowie im nächsten Geschäftsjahr voraussichtlich nicht zahlungsunfähig wird. Dies wiederum ist anhand eines konkreten Unternehmenskonzeptes zu prüfen und zu belegen. Grundsätzlich wird es als unumgänglich angesehen, die Fortführungsprognose durch einen Finanzplan sowie eine Liquiditätsrechnung zu belegen, da nur so ermittelt werden kann, ob die zukünftige Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Die wesentlichen Prämissen und Bestandteile der Überschuldungsprüfung, insbesondere auch die der Fortführungsprognose zugrunde gelegten Tatsachen, Annahmen und Schlussfolgerungen, sollten dokumentiert und erläutert werden. Die Auswirkungen des Unternehmenskonzeptes sind darzulegen. Die ordnungsgemäße Dokumentation ist auch vor dem Hintergrund einer Minderung der Haftungsrisiken bedeutsam.

Antragsfrist 

Für juristische Personen (GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG) oder Personenhandelsgesellschaften, bei denen der persönlich haftende Gesellschafter keine natürliche Person ist (zum Beispiel GmbH & Co. KG), gelten Antragsfristen. Ist eine solche Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15a InsO). Gleiches gilt für vergleichbare Auslandsgesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Wird die Antragstellung schuldhaft verzögert,  unterlassen oder erfolgt sie fehlerhaft, machen sich die Antragspflichtigen sogar strafbar. Außerdem ist eine Haftung mit dem Privatvermögen in unter Umständen erheblicher Höhe möglich. 
Im Fall der Führungslosigkeit einer GmbH ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer AG oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Besonderes Augenmerk ist außerdem auf die pünktliche Zahlung der Sozialabgaben für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu richten. Hier droht ebenfalls eine Strafbarkeit nach § 266a StGB, wenn die Sozialabgaben nicht fristgemäß an die Träger überwiesen werden.

Wie läuft das Insolvenzverfahren im Einzelnen ab?

Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag durch Beschluss hat das Gericht alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich scheinen, um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Das Gericht kann insbesondere:
  • einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen.
  • dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass die Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
  • Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind.
  • eine vorläufige Postsperre anordnen.
Wird ein Insolvenzgutachter oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so wird dieser zunächst prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird Maßnahmen treffen, um das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten. Dazu kann er das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortführen oder das Unternehmen mit Zustimmung des Insolvenzgerichts stilllegen. Wenn das Gericht seine Ermittlungen (gegebenenfalls mit Hilfe eines Insolvenzgutachters) abgeschlossen hat, kann es entweder: 
  • den Insolvenzantrag mangels Vorliegens eines Eröffnungstatbestandes (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) abweisen.
  • den Insolvenzantrag mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögensmasse abweisen.
  • das Insolvenzverfahren eröffnen.
Wird der Antrag als unbegründet abgewiesen, so trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Weitere Konsequenzen für das Unternehmen gibt es nicht. Die Antragsabweisung mangels Masse führt bei juristischen Personen zu deren Auflösung. Sie werden dann kraft Gesetzes aus dem Handelsregister gelöscht. Natürliche Personen (zum Beipiel Kaufleute, persönlich haftende Komplementäre) werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen (§ 26 Abs. 2 InsO). Die Löschungsfrist beträgt 5 Jahre. Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, erlässt das Gericht einen Insolvenzeröffnungsbeschluss. In diesem wird der Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens genau bezeichnet und ein Insolvenzverwalter bestimmt. Gleichzeitig werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Frist beträgt mindestens 2 Wochen, höchstens jedoch 3 Monate.
Die Gläubiger werden im Eröffnungsbeschluss aufgefordert, dem Insolvenzverwalter ihre Sicherungsrechte mitzuteilen. Den Schuldnern wird aufgegeben, nur noch an den Verwalter zu leisten. Außerdem wird der sogenannte Berichtstermin und der Prüfungstermin im Eröffnungsbeschluss bestimmt. Im Berichtstermin wird die Situation des Unternehmens dargestellt und entschieden, ob das Vermögen des Schuldners liquidiert wird oder ob Aussichten bestehen, das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen zu erhalten und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan oder eine übertragende Sanierung bestehen. Im späteren Prüfungstermin werden die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen ihrem Rang und Betrag nach geprüft. Berichts- und Prüfungstermin können bei einfach gelagerten Fällen verbunden werden. Wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering sind, kann auf den Berichtstermin verzichtet werden. Der Eröffnungsbeschluss und der Beschluss mangels Masse den Antrag abzulehnen werden öffentlich bekannt gemacht. 
Hier können die  Bekanntmachungen des Insolvenzgerichts eingesehen werden.

Welche Besonderheiten gelten für Arbeitsverträge?

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zu einer Auflösung der Arbeitsverträge. Diese bestehen vielmehr fort. Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, so nimmt dieser sämtliche Arbeitgeberrechte und -pflichten wahr. Das Gleiche gilt auf Anordnung des Insolvenzgerichts für den vorläufigen Insolvenzverwalter. Ausnahmsweise bleibt der Schuldner rechtlich in der Arbeitgeberstellung, wenn das Insolvenzgericht in dem Eröffnungsbeschluss auf Antrag des Schuldners mit Zustimmung der Gläubiger die Eigenverwaltung angeordnet hat.

Sozialversicherung des Arbeitnehmers

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers berührt nicht die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Lediglich die Beiträge zur Unfallversicherung können entfallen, wenn die Arbeitnehmer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur fristgerechten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses von der Arbeit freigestellt wurden.

Kündigung

Wenn zwischen den Vertragspartnern nicht ohnehin eine kürzere Kündigungsfrist gilt, beträgt diese 3 Monate zum Monatsende. Diese verkürzte Kündigungsfrist setzt sich gegenüber sämtlichen längeren Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch, gleichgültig, ob diese auf Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag beruhen.

Insolvenzgeld

Ist ein Arbeitgeber zahlungsunfähig und haben Arbeitnehmer deshalb ihre Löhne beziehungsweise Gehälter nur noch teilweise beziehungsweise gar nicht mehr erhalten, zahlt die Agentur für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen die ausstehenden Entgeltansprüche an die betroffenen Arbeitnehmer in Form von Insolvenzgeld (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Anspruch auf Insolvenzgeld besteht bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses (zum Beispiel Insolvenzeröffnung, Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse) für die davor liegenden letzten 3 Monate (Insolvenzgeld-Zeitraum) des Arbeitsverhältnisses. Innerhalb einer von 2 Monaten nach dem Insolvenzereignis können Arbeitnehmer bei der zuständigen Arbeitsagentur Insolvenzgeld beantragen.
Zuständig ist die Arbeitsagentur, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Hat der Arbeitnehmer aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, die Ausschlussfrist versäumt, kann er innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses den Antrag nachholen. 
Weitere Informationen zum Insolvenzgeld und Antragsformulare stellt die Arbeitsagentur zur Verfügung.

Was sind die Folgen des Insolvenzverfahrens?

Soweit der Unternehmer für die Unternehmensschulden mit seinem privaten Vermögen  persönlich haften muss und zu erwarten ist, dass der Unternehmer auch nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen bleiben wird, kann es für den Schuldner sinnvoll sein, zusätzlich einen Antrag auf Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht zu stellen. Dem redlichen Schuldner kann nach einer Wohlverhaltensperiode von 6 Jahren die sogenannte Restschuldbefreiung erteilt werden. Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt, kann die Restschuldbefreiung bereits nach 5 Jahren erfolgen. Befriedigt er zusätzlich die Forderungen der Insolvenzgläubiger mindestens in Höhe von 35 Prozent, kann das Gericht bereits nach 3 Jahren über die Restschuldbefreiung entscheiden. 
Die Restschuldbefreiung bewirkt, dass der Schuldner von den restlichen Verbindlichkeiten gegenüber allen Gläubigern befreit wird. Voraussetzung für die Restschuldbefreiung ist in der Regel jedoch, dass der Schuldner einer Erwerbstätigkeit nachgeht und sich ernsthaft bemüht seine Gläubiger zumindest teilweise zu befriedigen. Verletzt der Schuldner die Erwerbsobliegenheit und ist dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, kann ihm die Restschuldbefreiung versagt werden. Die Restschuldbefreiung kann auch versagt werden, wenn der Schuldner wegen Insolvenzstraftaten nach den §§ 283, 283a, 283b und 283c des Strafgesetzbuches rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitstrafe von mehr als 3 Monaten verurteilt wird. 
Schulden aus einer vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat des Schuldners nach §§ 370, 373 oder 374 der Abgabenordnung bleiben trotz Restschuldbefreiung bestehen. Außerdem nehmen an der Restschuldbefreiung solche Forderungen nicht teil, die aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners begründet worden sind. 

Erleichterungen für die Sanierung von Unternehmen

Bislang hat fast jedes Unternehmen in der Krise den Insolvenzantrag so spät wie möglich gestellt. Der endgültige Verlust der Kontrolle sowie der Verlust des eigenen Unternehmens war, der menschlich durchaus nachvollziehbare, Anlass für dieses Verhalten. Und geschäftserfahrene Gläubiger wussten: Wer keinen Eigentumsvorbehalt oder eine Sicherungsübereignung mit dem insolventen Unternehmen vereinbart hatte, konnte rund 95 Prozent seiner offenen Forderung abschreiben und erheblich daran zweifeln, ob er von dem Unternehmen jemals wieder einen Auftrag erhält. Der wichtigste Termin für die Gläubiger, der sogenannte Berichtstermin, bei welchem der Insolvenzverwalter die Gläubiger erstmals umfänglich informiert und bei welchem er auch abgewählt und ein neuer Verwalter gewählt werden kann, wurde in der Regel nur von einer erstaunlich geringen Anzahl von Gläubigern wahrgenommen. 
Dies wurde mit dem am 1. März 2012 in Kraft getretenen Gesetz zur weiteren Erleichterungen der Sanierung von Unternehmen, kurz ESUG genannt, geändert. Sanierungsfähige Unternehmen erhalten eine realistische Möglichkeit zur Eigenverwaltung, Gläubiger sollen von Beginn an mehr in die Gestaltung des Verfahrens eingebunden werden. Vor allem 4 wesentliche Änderungen müssen Schuldner und Gläubiger kennen:

Stärkere Beteiligung der Gläubiger 

Vorläufiger Gläubigerausschuss

Das Insolvenzgericht hat zukünftig einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn die Bilanzsumme des Unternehmens mindestens 6 Millionen Euro und der Umsatz mindestens 12 Millionen Euro beträgt sowie das Unternehmen durchschnittlich mindestens 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Nur 2 der 3 Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein. Vorläufig bedeutet dabei, dass er vor Eröffnung des Verfahrens einzusetzen ist. Damit kann er bereits vor Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters eingesetzt werden. Um den Ablauf bei Gericht zu erleichtern, ist dem Krisenunternehmen zu empfehlen, bereits im Vorfeld der Stellung eines Insolvenzantrags bei seinen Gläubigern zu sondieren, wer bereit wäre, in den Gläubigerausschuss zu gehen. Letztlich liegt die Entscheidung über die Besetzung des Ausschusses dennoch im Ermessen des Gerichts.  

Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung

Vor der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss zukünftig Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters, zu äußern, soweit dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. Dabei darf das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Antrags nicht geeignet ist. Das Gericht hat bei der Auswahl des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zugrunde zu legen. 

Eigenverwaltung durch Geschäftsführung des Krisenunternehmens 

Die Anordnung der Eigenverwaltung durch das Gericht setzt nur voraus, dass sie vom Schuldner beantragt worden ist und keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Der bisherigen Sanierungspraxis entsprechend ist zu empfehlen, kurz vor der Antragsstellung einen Insolvenzspezialisten als Generalbevollmächtigten des Unternehmens zu bestellen. Ein solcher Spezialist verfügt nicht nur über Sanierungserfahrung, sondern auch über die sachliche und emotionale Unabhängigkeit zu Vorgängen im Unternehmen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zur Äußerung zu geben.  

Vorbereitung einer Sanierung: Antrag auf Eigenverwaltung, Schutzschirmverfahren 

Hat das Krisenunternehmen den Insolvenzantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt und die Eigenverwaltung beantragt und ist die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos, so bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. Diese Frist darf höchstens 3 Monate betragen. Das Krisenunternehmen hat mit dem Antrag eine mit Begründung versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalt oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber eben noch keine eingetretene Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. 
Das Gericht bestellt dann nicht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, sondern einen vorläufigen Sachwalter, so dass das Krisenunternehmen seine Geschäfte ohne Zustimmung eines Dritten (bisher musste typischerweise der vorläufige Insolvenzverwalter zustimmen) tätigen kann. Dabei kann das Gericht dem Vorschlag des Schuldners für einen solchen Sachwalter folgen. Der Schuldner erhält durch Beschluss des Gerichts bis zu 3 Monate Zeit, um unter einem Schutzschirm und unter der Kontrolle des Gerichts sowie eines vorläufigen Sachwalters unbehelligt solche Sanierungsmaßnahmen vorzubereiten, die Aussicht auf Erfolg haben. Dem Schuldner soll die Sorge genommen werden, mit dem Eröffnungsantrag die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren und bereits im Vorfeld vorbereitete Sanierungsschritte nicht mehr durchführen zu können. Gleichzeitig wird der Schuldner durch den Schutzschirm des Beschlusses für einen begrenzten Zeitraum dem unmittelbaren Zugriff seiner Gläubiger entzogen.

Verbesserung des Insolvenzplans

Bereits in der Vergangenheit haben Insolvenzpläne vielfach zu wesentlich besseren Quoten zu Gunsten der Gläubiger geführt. Während sie beim Regelinsolvenzverfahren zumeist auf nicht mehr als 5 Prozent ihrer ursprünglichen Forderung hoffen konnten, erhielten sie im Insolvenzplanverfahren nicht selten 20 Prozent oder mehr. Der Insolvenzplan galt bisher zu Recht als schwerfällig und komplex. Durch verschiedene Neuregelungen des Gesetzgebers wurde dies nun geändert. Erwähnenswert ist insbesondere die Möglichkeit des sogenannten Debt-Equity-Swaps. Danach können Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplans ihre Forderungen in Gesellschaftsrechte am insolventen Unternehmen wandeln und partizipieren damit an der Zukunft des Unternehmens. Die Möglichkeit einzelner Gläubiger den Insolvenzplan zu Fall zu bringen wurde auf ein vernünftiges, rechtsstaatliches Maß zurückgeführt.  
Dieser Fachartikel soll als Service der IHK Bodensee-Oberschwaben für unsere Mitgliedsunternehmen erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Quelle: IHK Berlin