FAQs zur Rüstungsindustrie
Hier finden Sie die Fragen und Antworten zum Thema Rüstungsindustrie.
- Welche Rolle spielt die Rüstungsindustrie in der Region Bodensee-Oberschwaben?
Wie viele Firmen sich direkt mit der Produktion von militärischem Gerät beschäftigen oder als Zulieferer tätig sind, wird aus verschiedenen Gründen statistisch nicht vollständig erfasst. Allerdings ist bekannt, dass Baden-Württemberg einer der bedeutendsten Standorte für sicherheits- und verteidigungsrelevante Industrie in Deutschland ist. Große Akteure mit Standorten in Baden-Württemberg sind zum Beispiel Rheinmetall, Diehl Defence, Hensoldt, Airbus, Thales, Heckler & Koch, Rolls Royce Power Systems. Auch die Region Bodensee-Oberschwaben trägt zu dieser Bedeutung mit ihren ansässigen namhaften Firmen bei. Nicht zu vernachlässigen ist zudem die Zahl der Firmen, die im Bereich Dual-Use zu verorten sind, also Produkte herstellen, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind. Nicht zuletzt existiert ein umfangreiches Netzwerk an Zulieferern aus unterschiedlichsten Branchen.
- Wie wird sich die Branche vermutlich weiterentwickeln?
Sowohl bei der etablierten Rüstungsindustrie wie auch bei Dual-Use-Herstellern kann eine erhöhte Dynamik und Skalierbarkeit erwartet werden – sofern die Politik die richtigen Weichen stellt. Damit Unternehmen in diesem Bereich investieren, forschen und produzieren können, brauchen sie vor allem optimale Rahmenbedingungen. Die Politik ist daher auf mehreren Ebenen gefordert: Sie muss hier einen Rahmen setzen, der Planungssicherheit und Tempo ermöglicht, wenn Investitionen in Personal und Kapazitäten gemeistert werden wollen. Übermäßige Berichtspflichten und komplizierte Vergaberegeln bremsen Unternehmen aus und machen den Wandel unnötig schwierig. Viele Zulassungen und Genehmigungen sind unnötig kompliziert und langwierig.
- Welche Möglichkeiten für die Wirtschaft bietet das Milliardenpaket des Bundes für Rüstung und Infrastruktur?
Gerade Baden-Württemberg verfügt über großes Potenzial in Sachen Verteidigung und Sicherheit. Die Politik ist daher auf mehreren Ebenen gefordert: Erstens, sich auf EU- und Bundesebene für größtmögliche Planungssicherheit einzusetzen – als Grundlage für den notwendigen Kapazitätsaufbau der Unternehmen. Zweitens, durch Instrumente wie zum Beispiel das überragende öffentliche Interesse die Voraussetzungen für eine deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu schaffen. Damit würde dann insbesondere ein schneller Infrastrukturausbau möglich. Drittens braucht es einen strukturierten Rahmen, in dem das Land die gesamtgesellschaftliche Resilienz entlang seiner Zuständigkeiten aktiv gestaltet und fördert. Und nicht zuletzt ist ein breites Verständnis für die sicherheitspolitische Bedeutung von Verteidigungswirtschaft, von weiteren verteidigungsrelevanten Branchen und resilienter Infrastruktur vonnöten.
- Ist mit hohen Investitionen in der Sicherheits- und Verteidigungsbranche und damit verbunden mit einem zusätzlichen Personalbedarf zu rechnen?
Im EU-Whitepaper Readiness 2030 ist die Rede von insgesamt 800 Milliarden Euro an europäischen Verteidigungsinvestitionen in den kommenden vier Jahren, gegenüber rund 100 Milliarden im Jahr 2024. Auch in Deutschland und in der Region Bodensee-Oberschwaben ist im Bereich Sicherheit und Verteidigung mit einer Steigerung der Investitionen zu rechnen. Der sich daraus ergebende Personalbedarf ist sowohl hinsichtlich Umfang als auch hinsichtlich der Berufsbilder von vielen Faktoren abhängig, unter anderem von den konkreten Bedarfen der Streitkräfte oder vom Automatisierungsgrad der jeweiligen Produktion.
- Gilt dies auch für die Zuliefererbranche?
Die Mehrinvestitionen in Verteidigung und Sicherheit und die damit verbundene gestiegene Nachfrage führen in den betroffenen Segmenten zu mehr Produktion und auch mehr Beschäftigung. Es ist davon auszugehen, dass in anderen Branchen freiwerdende Kapazitäten bis zu einem gewissen Grad umgelenkt beziehungsweise aufgefangen werden können.
- Werden neue Geschäftsfelder entstehen?
Die Erschließung neuer Geschäftsfelder oder neuer Kunden in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung sind in den Fokus gerückt. Dabei lässt sich das Potenzial nicht auf einzelne Branchen wie zum Beispiel die etablierte Verteidigungsindustrie reduzieren. Auch branchenfremde Unternehmen, die bisher auf die zivile Nutzung beschränkt waren, sind gefragt. Egal, ob IT-Unternehmen, Textilhersteller, Robotik, Automotive, Maschinenbau, Sensorik, Solartechnik, aber auch Dienstleistungsbetriebe und viele mehr – die zivil-militärische Gesamtverteidigung reicht vom Notstromaggregat oder Funkgerät über die medizinische Versorgung und Lebensmittelversorgung bis hin zu Munition und Drohnen. Und auch Start-up -Unternehmen sind vor allem im Bereich Dual-Use-Technologien aktiv: Sensorik, KI, Kommunikation, Robotik, Drohnen, Raumfahrt. Programme wie der NATO-Innovationsfonds fördern diese gezielt.
- Gibt es verlässliche statistische Zahlen zur regionalen Rüstungsindustrie?
Es existieren verschiedene Studien und Hochrechnungen, jedoch keine exakten oder mit anderen Branchen valide vergleichbaren Daten. Das hat vor allem auch Geheimhaltungsgründe, denn mögliche Angreifer könnten aus solchen Daten Rückschlüsse auf Produktionskapazitäten, lohnende Angriffsziele und vieles mehr ziehen. Grobe Anhaltspunkte liefern die Eckdaten des Bundeswirtschaftsministeriums. Demnach waren im Jahr 2022 rund 105.000 Menschen direkt in der deutschen Rüstungsindustrie beschäftigt, der Umsatz betrug rund 31 Milliarden Euro. Anhand dieser und weiterer öffentlicher Zahlen lässt sich grob abschätzen, dass etwa ein Fünftel der Beschäftigten der Rüstungsindustrie in Baden-Württemberg arbeitet.
Weitere öffentlich zugängliche Informationsquellen:
- Bundesministerium der Verteidigung
- Rüstungsberichte
- RRGV - Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/sicherheit/RRGV.pdf?__blob=publicationFile&v=1
- Bundesverband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
- Whitepaper Readiness 2030
- EU-Verordnung SAFE
- Eckdaten zur Branche
- Studie zur strukturellen Lage aus 2015 mit der regionalen Verteilung der Beschäftigten(anteile) auf Seite 12/13 (nicht aktuell, passt aber von den Größenordnungen her)
- Aktuelle Landtagsanfrage zum Thema
- Pressemitteilung: Landtag Wirtschaftsausschuss
- Kearny Studie zur Fachkräftelücke
- NATO DIANA / Innovation Fund
- EU European Defence Fund
- EU-Programm ASAP (Act in Support of Ammunition Production)