EU-Lieferkettengesetz

Verschärfung des Lieferkettengesetzentwurfs der Europäischen Kommission durch das Europäische Parlament

Unternehmen in der EU sollen nach dem Willen des Europaparlaments künftig strenger darauf achten, dass ihre Produkte im Einklang mit Menschenrechten und Umweltschutz hergestellt werden. Der vom EU-Parlament vorgeschlagene Gesetzesentwurf geht weit über das über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus, zum Beispiel bei der enthaltenen zivilrechtlichen Haftung und bei den Pflichten für die Unternehmensleitung.
Das europäische Lieferkettengesetz soll für alle Unternehmen ab 250 Mitarbeitende und 40 Millionen Nettoumsatz (ab 2028) gelten, zudem sollen Sanktionen von bis zu 5 Prozent des Jahresumsatzes möglich sein. Auch Muttergesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mindestens 150 Millionen Euro werden dem Entwurf zufolge mit eingebunden. Je nach Größe der Firma sollen die Regelungen nach einer Übergangsfrist von drei oder vier Jahren angewandt werden. Außerdem müssen nach dem Willen des EU-Parlaments auch Finanzinstitute Sorgfaltspflichten einhalten. Das Erstellen eines Plans zur verpflichtenden Klimaneutralität 2050 ist vorgeschrieben. Schlussendlich enthielt der ursprüngliche Gesetzentwurf verschiedene Pflichten für die Unternehmensleitung („director duties“). Das EU Parlament legte in seiner Abstimmung final fest, dass Mitglieder der Unternehmensleitung zwar Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen müssen, aber sie sind nicht mehr direkt und persönlich für die Umsetzung der Sorgfaltspflicht in der Strategie verantwortlich.

Welche Unternehmen sind direkt betroffen?

Direkt betroffen sind Unternehmen mit Sitz in der EU mit mindestens 500 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mindestens 150 Millionen Euro weltweit (Gruppe 1) oder mit mindestens 250 Beschäftigten und einem Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro weltweit (Gruppe 2), die in einem Risikosektor (Landwirtschaft, Textil, Rohstoffe) tätig sind und in diesem mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaften.
Um ein Level Playing Field mit ausländischen Unternehmen zu schaffen, sind auch Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten von dem EU-Gesetz erfasst: zum einen Unternehmen mit mindestens 150 Millionen Euro Nettoumsatz in der EU (Gruppe 1); zum anderen Unternehmen, die in einem der Risikosektoren tätig sind und 40 bis 150 Millionen Euro Nettoumsatz in der EU erwirtschaften, davon mindestens 50 Prozent in einem der Risikosektoren (Gruppe 2).

Welche Unternehmen sind indirekt betroffen?

Das Gesetz umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden und weiter bis zur Entsorgung des Produktes. Indirekt sind alle Lieferanten und Geschäftspartner der direkt betroffenen Unternehmen durch eine “vertragliche Kaskade” (“Contractual Cascading”) betroffen.
Lieferanten müssen ihren direkt dem Gesetz unterliegenden Kunden vertraglich zusichern, sich im Einklang mit dem Verhaltenskodex des Kunden zu verhalten und wenn notwendig, einen vorbeugenden Aktionsplan oder einen Abhilfeplan aufstellen.

Welche Branchen gehören zu den Risikosektoren?

  • Fertigung von Textilien, Leder und verwandter Produkte (einschließlich Schuhe) und Großhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen
  • Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei (einschließlich Aquakulturen), der Fertigung von Lebensmitteln und dem Großhandel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, lebenden Tieren, Holz, Nahrungsmittel und Getränken
  • Förderung mineralischer Rohstoffe unabhängig vom Ort ihrer Förderung (einschließlich Rohöl, Gas, (Braun)Kohle, Metalle und metallhaltige Erze sowie alle anderen nicht-metallischen Mineralien) und Großhandel mit mineralischen Rohstoffen, mineralischer Grund- und Zwischenprodukte (einschließlich Metalle und Metallerze, Baumaterialien, Brennstoffen, Chemikalien und anderen Zwischenprodukten).

Was kommt auf Unternehmen zu?

  • Der Richtlinienvorschlag begründet eine Bemühenspflicht.
  • Die Unternehmensleiter der betroffenen Unternehmen sind für die Einführung und Beaufsichtigung der genannten Sorgfaltspflichten verantwortlich; dafür soll ein Sorgfaltspflichtenprozess etabliert werden.
  • Mindestens einmal pro Jahr müssen alle etablierten direkten oder indirekten Geschäftsbeziehungen überprüft werden, sofern sie dauerhaft sind und einen bedeutenden Teil der Wertschöpfungskette darstellen.
  • Betroffene Unternehmen sollen regelmäßig über die Einhaltung und Umsetzung der Sorgfaltspflichten berichten, in der Regel über den Nachhaltigkeitsbericht (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)).
  • Unternehmen der Gruppe 1 sind darüber hinaus verpflichtet, ihre Unternehmensstrategie in Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen (Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C) zu bringen.
  • Unternehmen sollen einen Beschwerde-Mechanismus implementieren. So können direkt betroffene Personen sowie Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NGO) eine Verletzung oder den Verdacht einer Verletzung der Sorgfaltspflichten melden.
  • Unternehmen müssen für Schäden haften, wenn sie gegen die Sorgfaltspflichten verstoßen haben und infolge des Pflichtverstoßes eine “nachteilige Auswirkung” eingetreten ist, die zu einem Schaden geführt hat.
  • Die Mitgliedstaaten bestimmen über die Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig sowie abschreckend sein und sich am Umsatz des Unternehmens orientieren sollen. Bei der Bemessung der Sanktion soll das Bemühen des Unternehmens berücksichtigt werden.
Quelle: IHK Rhein-Neckar