Russland-Ukraine-Krieg: Rechtsfragen
Unser Artikel gibt einen Überblick zur Rechtslage und skizziert die Risiken sowie Folgen des Konflikts für Verträge und Unternehmenspflichten. Er erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und letzte Aktualität und kann eine verbindliche Rechtsberatung nicht ersetzen.
- Auswirkungen auf Verträge
- a) Verträge und Höhere Gewalt
- b) Auswirkungen von EU-Sanktionen auf Altverträge
- c) No-Russia und No-Belarus Vertragsklausel
- Risiken durch russische Zwangsverwaltung und strafrechtliche Verantwortlichkeit
- Risiken durch russische Legalisierung von Parallelimporten
- Sanktionsumgehungen vermeiden
- Hinweispflicht für Jedermann bei Verstößen gegen Sanktionen
Auswirkungen auf Verträge
a) Verträge und Höhere Gewalt
Zivilrechtlich hat der Konflikt Auswirkungen auf bereits geschlossene Verträge. Im besten Fall wurde in den Vertrag bereits vorsorglich eine Klausel zur Höheren Gewalt aufgenommen, in welchem ein militärischer Konflikt nicht bereits bewusst ausgeschlossen wurde und welcher das weitere Vorgehen regelt. Enthält der Vertrag keine solche Klausel, so gilt das Gesetz.
Nach deutschem Recht kann dann nach unverzüglicher gegenüber dem Vertragspartner ausgesprochener „Force-Majeure-Anzeige” entsprechend dem Rechtinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) eine Anpassung des Vertrags beispielsweise in Form der Verlängerung von Lieferfristen verlangt werden. Etwaige Schadenersatzansprüche hat grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen. Der Rücktritt vom Vertrag ist im Hinblick auf den im deutschen Zivilrecht verankerten Grundsatz der Vertragstreue nur im Einzelfall möglich. Möglicherweise treffen die Unternehmen auch Schadenminderungspflichten oder die Verpflichtung, eine Sonderlieferung zu veranlassen. Zur Ermittlung der Pflichten ist jedoch eine genaue Analyse des Vertrages notwendig.
Wurde für das Vertragsverhältnis durch eine Rechtswahlklausel ein anderes anwendbares Recht als das deutsche Recht vereinbart, kann das Ergebnis anders sein.
Ukrainisches Recht:
Soweit im Vertrag keine speziellere Regelung vorgesehen ist, tritt gemäß Artikel 218 Wirtschaftsgesetzbuch (WirtGB) und Artikel 617 Zivilgesetzbuch (ZGB) eine Befreiung von der Haftung für Nicht- oder Schlechterfüllung von vertraglichen Verpflichtungen ein, wenn der Schuldner beweisen kann, dass eine ordnungsgemäße Erfüllung infolge von Höherer Gewalt unmöglich geworden ist. Hierbei müssen Umstände vorliegen, die zur Nichterfüllung des Vertrages geführt haben und für beide Vertragsparteien außerordentlich und objektiv unabwendbar waren. Darüber hinaus tritt per Gesetz nach Artikel 263 ZBG eine Hemmung der Verjährungsfrist ein. Die Hemmung der Verjährung wird erst wieder aufgehoben, wenn der Umstand der Höheren Gewalt nicht mehr besteht.
Russisches Recht:
Im russischen Recht ist eine Regelung zur Höheren Gewalt gesetzlich verankert. Nach Artikel 401 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation haftet eine Partei, die eine vertragliche Verpflichtung im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt hat für die sich daraus ergebenden Folgen, es sei denn, die Partei weist nach, dass die ordnungsgemäße Erfüllung aufgrund höherer Gewalt unmöglich war. Höhere Gewalt wird dabei als außergewöhnlicher und unvermeidbarer Umstand definiert, wobei wirtschaftliche Gründe wie beispielsweise die mangelnde Verfügbarkeit von Waren auf dem Markt oder die schlechte finanzielle Lage alleine grundsätzlich keine Höhere Gewalt darstellen. Bezüglich der Rechtsfolge enthält das russische Recht in Artikel 451 des Zivilgesetzbuches der Russischen Föderation eine dem § 313 Absatz 1 BGB vergleichbare Regelung: Hiernach kann – ähnlich wie im deutschen Recht – im Falle einer schwerwiegenden Veränderung der Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, die Anpassung oder Auflösung des Vertrages verlangt werden.
Recht von Belarus:
Auch hier gibt es eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage. Haben sich Umstände, auf deren Grundlage der Vertragsabschluss zustande gekommen ist, schwerwiegend verändert, kann der Vertrag gemäß Artikel 421 Zivilgesetzbuch (ZGB) angepasst oder gegebenenfalls sogar aufgehoben werden. Die Änderung von Umständen gilt als schwerwiegend, wenn sie sich derart verändert haben, dass die Parteien, sofern sie dies hätten vernünftigerweise vorhersehen können, den Vertrag gar nicht oder zu ganz anderen Bedingungen abgeschlossen hätten. Gemäß Artikel 203 ZGB ist die Verjährung gehemmt, wenn die Rechtsverfolgung aufgrund Höherer Gewalt unmöglich war. Ab dem Tag, an dem der Umstand der höheren Gewalt nicht mehr besteht, läuft die Verjährungsfrist weiter. Gerichte in Belarus stufen alleine eine schwierige finanzielle Lage einer Vertragspartei oder eine Änderungen des Währungswechselkurses nicht als Höhere Gewalt ein.
UN-Kaufrecht:
Ist UN-Kaufrecht anwendbar, regelt Artikel 79 Absatz 1 Convention des Nations unies sur les contrats de vente internationale de marchandises (CISG) den Fall der Höheren Gewalt. Danach hat eine Vertragspartei für die Nichterfüllung einer ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund und seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden. Im Unterschied zur fast deckungsgleichen deutschen Rechtslage, trifft die durch die Höhere Gewalt behinderte Vertragspartei explizit eine Informationspflicht: Sie muss die andere Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist nachdem sie von dem Hinderungsgrund Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, über diesen und dessen Auswirkungen auf die Erfüllbarkeit der vertraglichen Pflicht informieren. Tut sie dies nicht, so verliert sie ihr Recht, sich auf Höhere Gewalt zu berufen. Ein Recht auf Kündigung des Vertrags aufgrund Höherer Gewalt enthält Artikel 79 CISG nicht.
Hinweis: Handelt es sich um einen internationalen Handelskauf zwischen Unternehmern, die ihre Niederlassung in einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechtsabkommens haben, so ist UN-Kaufrecht automatisch einschlägig, sofern es nicht vorher bewusst von den Parteien ausgeschlossen wurde. Sowohl Deutschland, als auch die Ukraine und Russland sind Vertragsstaaten des UN-Kaufrechtsabkommens.
Musterklausel verwenden
Als Hilfestellung für die Vereinbarung aufschiebend bedingter Verträge, empfiehlt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in seinem Merkblatt zum Außenwirtschaftsverkehr mit der Russischen Föderation (Stand Februar 2024) eine entsprechende Musterklausel in den Vertrag aufzunehmen, welche das Unternehmen für den Fall eventuell auftretender Genehmigungserfordernisse absichert.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei der Musterklausel lediglich um eine rechtlich unverbindliche Version handelt, welche eine eigenverantwortliche Einzelfallprüfung nicht ersetzt.
Durch Verwendung von Musterklauseln machen Sie jedenfalls deutlich, dass Sie sich über das Bestehen (eventueller) Genehmigungserfordernisse im Klaren sind und eine rechtliche Bindung nur eingehen wollen, wenn die konkret erforderliche Genehmigung erteilt wird.
b) Auswirkungen von EU-Sanktionen auf Altverträge
Eine wichtige Rechtsfrage ist, wie und in welchem Umfang sich Sanktionen auf bereits geschlossene Verträge auswirken. Grundsätzlich gelten die neuen Sanktionen ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens für Bestands- und Neugeschäfte. Allerdings sehen die Sanktionsverordnungen teilweise Altvertragsklauseln beziehungsweise Abwicklungsfristen vor. Dies ermöglicht in bestimmten Einzelfällen, dass bereits vor Inkrafttreten der neuen Sanktionen abgeschlossene Verträge noch – zumindest bis zu bestimmten Stichtagen – erfüllt werden können. Gleiches gilt für die Sanktionen gegen Belarus. Die Anwendung dieser Regelung bedarf in den meisten Fällen jedoch der Genehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Vor Inkrafttreten der Sanktionen erteilte Genehmigungen werden überlagert. Sie besitzen daher keine Gültigkeit mehr und müssen erneut elektronisch beim BAFA beantragt werden.
c) No-Russia und No-Belarus Vertragsklausel
Mit Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 (für Russland) und Artikel 8g der EU-Verordnung 765/2006 (für Belarus) sind Unternehmen jeweils ab dem 20. März 2024 und 1. Juli 2024 verpflichtet, in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland sowie Belarus und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland sowie Belarus vertraglich untersagt.
Entsprechende Klauseln müssen beim Verkauf von in den jeweiligen Artikeln definierten Gütern und Technologien aufgenommen werden.
Partnerländer
Entsprechende Klauseln sind nicht notwendig, sofern der Verkauf in eines der in Anhang VIII der Verordnung 833/2014 (für Russland) und Anhang Vba der Verordnung 765/2006 (für Belarus) aufgeführten Partnerländer erfolgt. Derzeit (Stand 5. August 2024) stimmen die entsprechenden Anhänge der beiden Verordnungen überein und führen die folgenden Länder auf:
• Vereinigte Staaten von Amerika
• Japan
• Vereinigtes Königreich
• Südkorea
• Australien
• Kanada
• Neuseeland
• Norwegen
• Schweiz
• Liechtenstein
• Island
• Japan
• Vereinigtes Königreich
• Südkorea
• Australien
• Kanada
• Neuseeland
• Norwegen
• Schweiz
• Liechtenstein
• Island
Abhilfemaßnahmen und Musterklausel
Die vertragliche Vereinbarung muss außerdem für den Fall eines Verstoßes „angemessene“ Abhilfemaßnahmen enthalten. Außerdem sind Verstöße gegen den Re-Export nach Russland / Belarus der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu melden.
Die EU-Kommission hat in den FAQs zu den Russland-Sanktionen Erläuterungen zur No-Russia-Klausel veröffentlicht. Abweichende Formulierungen sind möglich.
Bei der Ausgestaltung der No-Belarus-Klausel kann der Maßstab an die von der EU-Kommission veröffentlichte No-Russia-Musterklausel angelegt und entsprechend angepasst werden.
Beschränkungen bei der Übermittlung von technischem Wissen und Rechten an geistigem Eigentum
Gemäß Art. 12ga ist ab dem 26. Dezember 2024 eine No-Russia-Klausel auch erforderlich beim Verkauf, der Lizenzierung oder der anderweitigen Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums oder Geschäftsgeheimnissen sowie der Gewährung von Zugangs- oder Weiterverwendungsrechten an Material oder Informationen im Zusammenhang mit Gütern des Anhangs XL.
Auch hier kommt eine Altvertragsklausel zum Tragen: so gilt dies nicht für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2024 geschlossen wurden, bis zum 26. Juni 2025 beziehungsweise bis zum Ablaufdatum, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.
Die Meldepflichten sowie zu vereinbarende Abhilfemaßnahmen entsprechen denen des Art. 12g.
Die Meldepflichten sowie zu vereinbarende Abhilfemaßnahmen entsprechen denen des Art. 12g.
Verkauf an eine Tochtergesellschaft im Drittland
Auch bei Verkäufen innerhalb einer Unternehmensgruppe oder an Tochtergesellschaften in Drittländer ist eine No-Russia- und No-Belarus-Klausel zu vereinbaren.
Darüber hinaus müssen EU-Unternehmen beziehungsweise -Personen ab dem 26. Dezember 2024 sicherstellen, dass außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden und die in Anhang XL der VO 833/2014 aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter verkaufen, liefern, verbringen oder ausführen, eine Risikobewertung durchführen sowie Kontrollmechanismen implementieren.
Wenn jedoch „aus unvermeidbaren Gründen“ keine Kontrolle über die ausländische juristische Person ausgeübt werden kann, so findet die hier genannte Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft keine Anwendung.
Risiken durch russische Zwangsverwaltung und strafrechtliche Verantwortlichkeit
In Russland aktive Unternehmen müssen gleichermaßen auch das Thema russischer Gegensanktionen beachten. Insbesondere die möglichen behördlichen Maßnahmen des Verfahrens der externen Verwaltung (Zwangsverwaltung) und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei Beendigung der Geschäftstätigkeit durch ausländische Investoren sind hierbei relevant.
Risiken durch russische Legalisierung von Parallelimporten
Die russische Regierung hat mit föderaler Rechtsverordnung Nummer 506 zahlreiche Parallelimporte legalisiert. Die Rechtsverordnung erlaubt es dem russischen Einzelhandel ab sofort direkt, Produkte aus dem Ausland ohne direkte Genehmigung des Markeninhabers einzuführen. Rechte am geistigen Eigentum des ursprünglichen Produzenten sind hier dann nur noch sehr eingeschränkt durchsetzbar.
Der für die Verordnung maßgebliche Warenkatalog wird vom Ministerium für Industrie und Handel auf der Grundlage von Vorschlägen der anderen föderalen Ministerien erstellt. Insbesondere liegt ein Bezug zu technischen Fertigungsprodukten vor. Parallelimporte sind ein rechtlicher Graubereich und stellen für Importeure eine Möglichkeit dar, klassische Vertriebswege zu umgehen.
Überdies hat die russische Regierung mit dem föderalen Gesetz Nummer 46 vom 4. März 2022 und der Verordnung Nummer 299 vom 6. März 2022 ihren heimischen Unternehmen und Einzelpersonen erlaubt, Erfindungen, Gebrauchsmuster und Industriedesigns von Eigentümern aus feindseligen Ländern ohne deren Zustimmung und ohne Zahlung einer Entschädigung zu nutzen. Die Verordnung sieht eine Entschädigung in Höhe von 0 Prozent der Einnahmen der Person vor, die ein Patent verwendet, zahlbar an Patentinhaber die verbunden sind mit ausländischen Staaten, die " unfreundliche" Handlungen gegenüber russischen juristischen Personen und Einzelpersonen begehen.
Sanktionsumgehungen vermeiden
Einheitliche Umsetzung regionaler Sanktionen durch Litauen, Estland, Lettland, Finnland und Polen
Die genannten Staaten wollen durch die einheitliche Umsetzung regionaler Sanktionen Umgehungslieferungen nach Russland und Belarus verhindern beziehungsweise die Durchfuhr von Waren nach Länder wie zum Beispiel Türkei, Aserbaidschan oder Georgien sicherstellen. Dies soll mit Hilfe der jeweiligen Zollbehörden durch verstärkte Kontrollen und Maßnahmen umgesetzt werden.
Zusätzliche Informationen müssen den Zollbehörden nun vorgelegt werden, um das Risiko des Verbleibens der Ware in Russland beim Austritt einschätzen zu können. Der Austritt der Sendung wird verweigert, wenn die Dokumente nicht vorgelegt werden oder die geforderten Informationen nicht enthalten:
Zusätzliche Informationen müssen den Zollbehörden nun vorgelegt werden, um das Risiko des Verbleibens der Ware in Russland beim Austritt einschätzen zu können. Der Austritt der Sendung wird verweigert, wenn die Dokumente nicht vorgelegt werden oder die geforderten Informationen nicht enthalten:
- unlogischer beziehungsweise wirtschaftlich ungerechtfertigter Transportweg
- Durchfuhr von Waren durch Russland und/oder Belarus
- Herstellererklärung
- zusätzliche Anforderungen für Anmelder/zuständige Zollstelle für das Ausfuhrverfahren
Compliance von Tochtergesellschaften
Im Artikel 8a der Verordnung (EU) 833/2014 wird die Compliance von Tochtergesellschaften geregelt. Der Artikel besagt, dass Unternehmen, Personen und Organisationen sich bemühen müssen, dass Tochtergesellschaften nicht an Tätigkeiten teilnehmen, mit denen die Sanktionen untergraben werden.
Hinweispapier BMWK
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 24. April 2024 ein Hinweispapier zu Sanktionsumgehungen veröffentlicht. Das Hinweispapier soll das Problembewusstsein deutscher betroffener Unternehmen und zielgerichtete interne Kontroll- und Compliance-Maßnahmen stärken.
Leitfaden der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission hat einen Leitfaden veröffentlicht, wie Unternehmen Risiken der Umgehung von Sanktionen erkennen, bewerten und verstehen können und anschließend vermeiden können.
Unternehmen aus der EU sind dazu verpflichtet, beim Handel mit Drittländern eine Sorgfaltsprüfung durchzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Geschäftspartner die Sanktionen der EU nicht umgehen. Der Leitfaden soll bei der konkreten Umsetzung Hilfestellung geben. Im Leitfaden werden folgende Themen behandelt:
- Schritte, die bei der strategischen Risikobewertung vorgenommen werden müssen
- Leitlinien für die Umsetzung einer verstärkten Sorgfaltspflicht für Unternehmen, die den Risiken der Sanktionsumgehung am stärksten ausgesetzt sind.
- Warnzeichen ("Red Flags") für Sanktionsumgehungen, vor allem bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit neuen Handelspartnern.
- Der Leitfaden ergänzt die Liste der besonders kritischen Militärgüter und wirtschaftlich wichtigen Waren, die Unternehmen bei ihrer Sorgfaltsprüfung einbeziehen sollten.
Hinweispflicht für Jedermann bei Verstößen gegen Sanktionen
Die sogenannte “Jedermannspflicht” wurde beim 11. EU-Sanktionspaket unter Art. 6b der EU-Verordnung Nr. 833/2014 aufgenommen.
Von dieser Hinweispflicht sind alle natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen betroffen. Unabhängig davon, ob die Informationen beruflich oder privat erlangt werden, müssen diese gemeldet werden. Eine Ausnahme gilt für Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen und deren Mandantschaft.
Die Pflicht zur Hinweisgebung bezieht sich auf sämtliche sachdienlichen Informationen über Verletzungen und Umgehungen sowie Versuche der Verletzung oder Umgehung der in der Verordnung festgelegten Verbote und tritt direkt nach Erlangung der jeweiligen Kenntnisse ein.
Hierzu gehören zum Beispiel Kenntnisse über konkrete Beschaffungsversuche oder sanktionswidrige Handelsbeziehungen.
Die Hinweispflichtigen haben hierbei aber keine Verpflichtung, die Richtigkeit der Informationen durch eigene Recherchen zu überprüfen.
Betreffen diese Hinweise zu Sanktionsverstößen Güter und güterbezogene Dienstleistungen, sind diese dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA – Melderegister-Sanktionen@bafa.bund.de) zu melden.
Betreffen die Hinweise Gelder, Finanzmittel oder Finanzhilfen, so ist die Bundesbank (sz.finanzsanktionen@bundesbank.de) zuständig.
Quelle: BAFA, IHK Stuttgart, IHK Düsseldorf