Die Pan-Euro-Med-Freihandelszone

Ziel der Pan-Euro-Med-Kumulierungszone

Durch die Pan-Euro-Med-Kumulierungszone soll ein zollfreier Handelsraum mit einheitlichen Ursprungsregeln und einheitlicher Dokumentation entstehen. Maßgeblich für den Freihandel ist, dass die Erzeugnisse ihren Ursprung in einem der beteiligten Länder haben. Diese Ursprungserzeugnisse können dann (in der Endphase der Pan-Euro-Med-Zone) in jedes beliebige andere Mitgliedsland zollfrei eingeführt werden. Der Ursprung kann auch durch Be- und Verarbeitungsvorgänge in mehreren beteiligten Ländern erworben werden (Kumulation). Die Kumulationszone ist für Unternehmen mit Produktionsstätten im Mittelmeerraum interessant, da sie die Anwendung der dort erworbenen Präferenzen auf alle Teilnehmerstaaten ausweitet.

Beteiligte Handelspartner

  • EFTA-Länder (Norwegen, Island, Schweiz, Lichtenstein)
  • Türkei
  • Mittelmeeranrainer (Ägypten, Algerien, besetzte palästinensische Gebiete, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien)
  • Balkanstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien)
  • Färöer
  • Republik Moldau
  • Georgien
  • Ukraine

Voraussetzungen für die Gewährungen des Zollvorteils

Es gibt im Wesentlichen zwei besondere Voraussetzungen für die Nutzung der Vorteile des Regionalen Übereinkommens:
  • Die am Ursprungserwerb und am Handel beteiligten Staaten müssen dem Regionalen Übereinkommen beigetreten sein. Der jeweils aktuelle Stand wird durch eine Abkommensmatrix dokumentiert. Sie spiegelt den Stand der abgeschlossenen Abkommen zum 1. August 2021 wider.
  • Falls die Zone tatsächlich nicht nur bilateral genutzt wird, muss dies besonders dokumentiert werden. Dies geschieht entweder durch einen ausgefüllten Kumulationsvermerk (Ursprungserklärung, Lieferantenerklärung) oder die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED anstelle der EUR.1
Weiterführende ausführliche Informationen sowie die jeweils aktuelle Matrix finden Sie  auf der Webseite des Zolls.

Reform des Regionalen Übereinkommens (PEM neu)

Zum 1. September 2021 wurde das Regionale Übereinkommen reformiert (PEM neu). In der Vergangenheit wurde besonders die diagonale Kumulation sehr zurückhaltend und nur von bestimmten Branchen (Textil/Bekleidung) genutzt, weil die Regelungen zu komplex waren.

Erleichterte Ursprungsregeln

Die reformierten Ursprungsregeln umfassen folgende Punkte:
  • Modernisierte und deutlich reduzierte Listenregeln. Auffällig sind höhere Anteile an Vormaterialien ohne Präferenzursprung. Geschätzt sind 95 Prozent aller Ursprungsregeln leichter geworden oder gleich geblieben.
Für Spezialisten:
  • Volle Kumulation ist möglich. Das bedeutet, dass auch einzelne Fertigungsschritte, die selbst noch keinen präferenziellen Ursprung begründen, angerechnet werden können.
  • Für fast alle Branchen: Erleichterungen bei Toleranzen, Territorialität, buchmäßiger Trennung. Kein Drawback-Verbot.
  • Endlich: Berechnung mit Durchschnittspreisen möglich, Aufweichung des Identitätsprinzips.
  • EUR-MED und Kumulationsvermerk entfallen.
Die neuen Regeln werden in das Warenursprungs- und Präferenzportal des Zolls eingearbeitet. Unter „Schweiz” und anderen Teilnehmern lassen sich die bisherigen Regelungen (“Regionales Übereinkommen”) und die neuen Regelungen (“Übergangsregelungen”) auswählen, die für die gesamte Zone schrittweise gelten. 
Nebenbemerkung: Die Ursprungsregeln für Länder außerhalb des Regionalen Übereinkommens ändern sich nicht.

Beteiligte Länder und Übergangsregelungen („Transitional Rules”)

Leider wollen die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien im Moment (noch) nicht am reformierten Regionalen Übereinkommen (PEM neu) teilnehmen. Alle anderen Staaten haben dennoch beschlossen, dass sie die neuen Regeln seit 1. September 2021 optional anwenden können. Daher gibt es nun zwei getrennte Systeme, PEM alt und PEM neu. Während der Übergangszeit können sowohl die bisherigen Regeln als auch die neuen Regeln (genannt Übergangsregeln oder transitional rules) angewendet werden. Welche PEM-Staaten an PEM neu teilnehmen, kann man entweder über das Präferenzportal des Zolls oder über eine Übersicht ist auf der Internetseite der Generaldirektion TAXUD feststellen. 

Keine Durchlässigkeit, getrennte Dokumentation

Wenn die Ursprungsermittlung auf Basis der Übergangsregeln nach PEM neu, auch genannt „Transitional Rules”, erfolgt, ist das durchgängig zu dokumentieren. Das bedeutet, dass der Begriff „Transitional Rules” auf allen Nachweisen verwendet werden muss: auf Lieferantenerklärungen, Ursprungserklärungen und auf der EUR.1. Falls die Dokumente keinen Vermerk enthalten, gilt, dass sie die Erfüllung der bisherigen, parallel laufenden Regeln (PEM alt) nachweisen. 
Zwischen der Ursprungsermittlung und der Ursprungsdokumentation nach den bisherigen Regelungen und den „Transitional Rules” gibt es keine Durchlässigkeit (Permeabilität). Das hat gravierende Folgen: Findet die Ursprungsermittlung nach neuen Regeln statt und sind hierfür Lieferantenerklärungen (Nachweis Vormaterial mit Ursprungseigenschaft!) erforderlich, mussten diese ebenfalls den Vermerk „Transitional Rules” enthalten. Damit konnte PEM neu nicht in Gang kommen.
Mit der Verordnung (EU) 2022/2334 vom 29.11.2022 ist nun folgendes möglich: Lieferantenerklärungen ohne Vermerk “Übergangsregeln/Transitional Rules” können auch für die Ursprungsermittlung nach PEM neu verwendet werden, falls diese Lieferantenerklärungen keinen positiven Kumulationsvermerk haben und sich auf Waren der Kapitel 25-97 oder der Kapitel 1, 3 und 16 (verarbeitete Fischerzeugnisse) beziehen. Diese Regelung gilt rückwirkend zum 1. September 2021, also dem Zeitpunkt des Inkrafttretens von PEM neu. Damit umfasst sie alle vorhandenen Lieferantenerklärungen. Die Nutzung der neuen Regeln wird damit nicht durch die vorhandenen Lieferantenerklärungen gebremst.
Einen Leitfaden hat TAXUD als pdf-Download „Guidance on transitional PEM rules” in englischer Sprache publiziert. Weitere Informationen hat der deutsche Zoll veröffentlicht. 

Fazit

Grundsätzlich:

PEM neu gilt nur für die teilnehmenden Staaten. Wenn der präferenzielle Ursprung für alle anderen EU-Abkommensstaaten ermittelt werden soll, wie das bei der Erstellung von Lieferantenerklärungen regelmäßig der Fall ist, müssen weiterhin die strengsten Regeln zugrunde gelegt werden. Alternativ wird die Präferenz nach den einfacheren „Transitional Rules” ermittelt, aber auf der Lieferantenerklärung auch nur die entsprechenden Anwenderstaaten genannt. 

Positiv:

Die neuen Ursprungsregelungen sind gelungen. Zahlreiche Vereinfachungen erleichtern die Ermittlung und auch die Dokumentation des präferenziellen Ursprungs. In einigen Fällen werden keine Vornachweise (Lieferantenerklärungen) mehr erforderlich sein. In anderen Fällen kann es sein, dass der präferenzielle Ursprung erstmals erreicht wird. Unternehmen, bei denen das der Fall ist, werden mit der Nutzung der „Transitional Rules” beginnen. Mit der Nutzbarkeit bestehender Lieferantenerklärungen ohne den Vermerk “Transitional Rules” wurde ein wesentliches Hemmnis zur Nutzung beseitigt.

Negativ:

Die fehlende bzw. schleppende Umsetzung von PEM neu durch viele Mitgliedsstaaten des Regionaen Übereinkommens macht PEM neu unnötig komplex. Das sorgt dafür, dass die Nutzung des reformierten Regionalen Übereinkommens nicht so schnell zunimmt, wie das wünschenswert wäre. Die Lösung liegt in der Anerkennung der neuen Regeln durch (fast) alle PEM-Staaten. Dies ist aber leider nicht absehbar. 
Quelle: IHK Region Stuttgart