Arbeitssicherheit bei Neubau, Umzug oder Nutzungsänderung

Hier finden Sie ausgewählte Grundlagen rund um die Planung und Gestaltung von Arbeitsstätten unter Aspekten der Arbeitssicherheit  - vom Neubau eines Betriebsgebäudes über den Umzug des Unternehmens bis zur Neugestaltung oder anderweitigen Nutzung vorhandener Räumlichkeiten.
Einführende Informationen rund um die Sicherheit am Arbeitsplatz finden Sie bei Bedarf in unserem Online-Leitfaden Arbeitssicherheit.

Allgemeines

Die Anforderungen an Arbeitsstätten ergeben sich aus verschiedenen Rechtsbereichen und reichen von der sicheren Gestaltung der Verkehrswege über die Themen Beleuchtung und Lüftung bis zu Vorgaben bezüglich Barrierefreiheit, Sanitärräumen oder Brandschutzmaßnahmen.
Die folgenden Darstellungen beziehen sich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - ausschließlich auf den Bereich Arbeitssicherheit und richten sich im Sinne einer ersten Übersicht an Unternehmer beziehungsweise deren Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

Arbeitsstättenverordnung

In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sind Anforderungen an Einrichtung und Betrieb von Arbeitsstätten festgelegt. Die Definition von Arbeitsstätten umfasst unter anderem Arbeitsräume oder Orte (auch im Freien) auf dem Gelände eines Betriebes, Orte auf Baustellen, Verkehrswege, Fluchtwege, Kantinen, Pausenräume und vieles mehr.
Für Arbeitgeber definiert die Verordnung zunächst recht allgemein die Forderung, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden.
Unter anderem ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine betriebsspezifische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und anhand dieser festzustellen, ob die Beschäftigten in irgendeiner Weise Gefährdungen ausgesetzt sind. Der Anhang der Verordnung enthält eine Liste von Anforderungen und Maßnahmen und bietet dadurch eine erste Orientierung, an welche Themen unter anderem auch im Vorfeld von Baumaßnahmen, Umzug, Umbauten oder Nutzungsänderungen überhaupt gedacht werden muss.
Hinsichtlich der aus der Arbeitsstättenverordnung abgeleiteten Maßnahmen sind der Stand der Technik und insbesondere die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekanntgegebenen Regeln zu berücksichtigen. Bei Einhaltung derartiger "Technischer Regeln für Arbeitsstätten" wird davon ausgegangen, dass die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung erfüllt werden. Werden diese Regeln nicht angewendet, so ist durch andere Maßnahmen ein gleiches Sicherheits- und Schutzniveau zu erreichen (und gegebenenfalls nachzuweisen).

Technische Regeln für Arbeitsstätten

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) finden Sie auf der BAuA-Website. Anhand der ASR A1.8 "Verkehrswege" wird deren Aufbau und Inhalt im Folgenden exemplarisch dargestellt.
Zunächst wird im Kapitel "Zielstellung" erläutert, auf welche Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung beziehungsweise des Anhangs sich die ASR bezieht. Dies erleichtert den Abgleich der getroffenen Maßnahmen im Sinne der ASR mit den Anforderungen gemäß ArbStättV. Im Kapitel "Anwendungsbereich" wird konkretisiert, welche Bereiche genau erfasst und welche wiederum ausgenommen sind. Nach zahlreichen Begriffsbestimmungen finden sich dann verschiedene Vorgaben für das „Einrichten von Verkehrswegen“. Neben recht allgemein formulierten Maßnahmen (zum Beispiel Winterdienst für im Freien liegende Verkehrswege) sind zu vielen Aspekten sehr konkret gefasste Vorgaben enthalten, zum Beispiel die Breite von Wegen für Fußgängerverkehr, die maximale Neigung von Schrägrampen oder die Steigung von Treppen.
Nach weiteren Hinweisen zur Einrichtung folgen danach Vorgaben für das "Betreiben von Verkehrswegen". Diese beziehen sich zwar nicht unmittelbar auf die Einrichtung und damit Planung beziehungsweise Bau, jedoch ergeben sich aus den Anforderungen (zum Beispiel Winterdienst) häufig indirekt Bedarfe an entsprechender Infrastruktur. Zudem sind natürlich konkrete Anforderungen an den Betrieb definiert, die im späteren Alltag zu berücksichtigen sind. Im darauffolgenden Kapitel finden sich schließlich Hinweise zur Instandhaltung beziehungsweise sicherheitstechnischen Funktionsprüfung, gefolgt von abweichenden Regelungen für Baustellen.
Wenngleich der Aufbau der verschiedenen ASR je nach adressiertem Bereich unterschiedlich ist, finden sich in allen Dokumenten Vorgaben, die im Rahmen von Planungen bereits in der Frühphase berücksichtigt werden sollten. So wird zum Beispiel in der ASR A2.2 definiert, welche Feuerlöscher und Löschmittel für welchen Zweck anwendbar sind, mit welchen Alarmierungs- und Löscheinrichtungen ein Betrieb auszustatten ist, welche Unterweisungen und organisatorischen Maßnahmen anzuwenden sind und welche Maßnahmen hinsichtlich Wartung und Prüfung erforderlich sind. Aus der ASR 3.5 (Raumtemperatur) ergeben sich wiederum Vorgaben, die von einer entsprechenden Auslegung der Heizung bis zu deren Verwendung von Bedeutung sind.

Praktische Umsetzung

Im Vorfeld einer Baumaßnahme, eines Umzugs in ein neues Gebäude (beziehungsweise dessen Kauf) oder anderweitigen Nutzungsänderungen von Firmengebäuden beziehungsweise -flächen sollte stets eine Analyse der im Einzelfall zu beachtenden Anforderungen aus der Arbeitsstättenverordnung (sowie weiteren Rechtsgrundlagen wie zum Beispiel dem Baurecht oder Gefahrstoffrecht) erfolgen. Diesbezüglich sieht das Arbeitssicherheitsgesetz vor, dass die bestellten Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärzte den Arbeitgeber unter anderem bei der Planung und Ausführung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen beraten müssen.
Der Anhang der Arbeitsstättenverordnung sowie die konkretisierenden Technischen Regeln für Arbeitsstätten bieten hierbei gute Unterstützung. Darüber hinaus bietet die VBG einen daran angelehnten Leitfaden "Arbeitsstätten sicher planen und gestalten". Dort sind vielfach auch relevante technische Normen hinsichtlich der konkreten Ausführung gelistet.
Die hieraus abgeleiteten Anforderungen beziehungsweise Maßnahmen reichen von vergleichsweise einfach bewertbaren Kriterien (zum Beispiel erforderliche Breite von Fluchtwegen) bis hin zu Themen, die umfangreicher Expertise bedürfen und gegebenenfalls durch entsprechende Dienstleister zu vertiefen sind (zum Beispiel Dimensionierung der Haustechnik oder Berechnungen hinsichtlich der Beleuchtung).
In der Praxis ist es daher üblich, dass sich bereits im Vorfeld des Baugenehmigungsantrags oder einer Nutzungsänderung (in der Frühphase der Planung) Bauherren, Architekten, Fachplaner, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt sowie gegebenenfalls weitere Betriebsbeauftragte zusammenfinden und - unter anderem auf Basis der Gefährdungsbeurteilung - die betriebsspezifischen Anforderungen analysieren. Auf dieser Grundlage kann die Planung entsprechend ausgerichtet werden, was nicht alleine der Erfüllung von Sicherheitsanforderungen dient, sondern häufig auch die "räumliche Grundlage" für Produktivität und Optimierungen im späteren Betriebsalltag darstellt.
Bei der Auswahl von Architekten beziehungsweise Fachplanern sollte die Berücksichtigung sämtlicher Anforderungen im Bereich Arbeitssicherheit nicht stillschweigend vorausgesetzt werden: Die Ermittlung der betriebsspezifischen Anforderungen bedarf ja gerade einer individuellen Analyse unter Mitwirkung verschiedener Unternehmensvertreter. Dementsprechend sollten die Ermittlung und Umsetzung der entsprechenden Anforderungen beziehungsweise Maßnahmen aktiv thematisiert und zum Gegenstand des Auftrags gemacht werden.

Sonstiges

Über die Arbeitsstättenverordnung hinaus bestehen zahlreiche weitere Vorgaben, die in Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien zu beachten sind. Diese reichen von baurechtlichen Aspekten über den Immissionsschutz bis zur Betriebssicherheitsverordnung. Zudem können sich Anforderungen an die Gestaltung von Arbeitsstätten auch aus ganz anderen Bereichen ergeben, beispielsweise in Zusammenhang mit der IT-Sicherheit oder Datensicherungskonzepten.
Im Bereich Arbeitssicherheit bieten die Berufsgenossenschaften vielfältige Informationen und Unterstützung, beispielsweise
Dort finden sich auch deutlich weitergehende Informationen und Vorgaben, beispielsweise in Zusammenhang mit Maschinen. So fordert zum Beispiel die Betriebssicherheitsverordnung eine Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz und Arbeitsmitteln (zum Beispiel einzuhaltende Schutzabstände) – hieraus können sich wiederum weitere bereits in der Planungsphase zu berücksichtigende Anforderungen ergeben.