Beteiligungs- und Risikokapital

Was steckt hinter Beteiligungskapital, Risikokapital oder Venture Capital? Gerade kleinen, innovativen Unternehmen fehlt oft das Geld, um vielversprechende Projekte zu realisieren. Dafür findet sich bei Beteiligungsgesellschaften, aber auch liquiden Unternehmen und Privatpersonen die Bereitschaft Geld renditebringend in Form einer stillen oder offenen, passiven oder aktiven Beteiligung in wachstumsträchtige Unternehmen zu investieren. Sie trauen sich zu, das Risiko, dass ein solches Engagement zwangsläufig beinhaltet, beurteilen und im Falle einer positiven Entscheidung tragen zu können. Beteiligungen stellen keine Notlösungen dar. Die Vorbereitungszeit beträgt in der Regel drei bis sechs Monate. Grundlage ist ein sorgfältig ausgearbeitetes Konzept (Business- und Finanzplan).

Welche Beteiligungen gibt es?

  • Direkte (offene) Beteiligung, zum Beispiel als Aktionär, Kommanditist oder GmbH-Gesellschafter. Der Investor erwirbt Anteile am Unternehmen und partizipiert damit am künftigen Wertzuwachs. Im Unterschied zum Darlehen fallen hier keine Zinszahlungen oder Tilgungen an.
  • Stille Beteiligung: Der Eigenkapitalgeber gibt ein Darlehen an die Gesellschaft, das nicht besichert werden muss und mit einer Rangrücktrittserklärung versehen ist. Dadurch erhält das Darlehen Eigenkapitalcharakter. Charakteristisch für die stille Beteiligung ist, dass während der Laufzeit ein fester Zinssatz bezahlt wird. Darüber hinaus können vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten gewählt werden, wie zum Beispiel eine variable Verzinsung, die vom Ertrag abhängig ist, höhere Zinszahlungen zum Laufzeitende hin oder die Beteiligung an einem Wertzuwachs des Unternehmens bei der Veräußerung von Anteilen. Auch die Beteiligung an Verlusten kann vereinbart werden, wobei dies nicht der Regelfall ist. Die Rechte der stillen Gesellschafter bezüglich der Mitwirkung, Information und Kontrolle werden meist individuell geregelt. Die stille Beteiligung ist grundsätzlich bei jeder Rechtsform möglich.

Welche Vor- und Nachteile hat die Beteiligungsfinanzierung?

Vorteile

  • Durch höhere Eigenkapitalquote kann die Bonität und das Rating verbessert werden. Dies erweitert den künftigen Finanzierungsspielraum.
  • Das zusätzliche Eigenkapital stärkt den Puffer in Wachstums- und Restrukturierungsphasen, so dass das Unternehmen schwankende oder unsichere Umsatzentwicklungen besser ausgleichen kann.
  • Zusätzliches Know-how und neue Kontakte durch den Investor können wichtige Impulse für die Weiterentwicklung geben. Das Leistungsspektrum von Eigenkapitalgebern umfasst häufig die Ausarbeitung eines Finanzierungskonzepts, die Vorbereitung und Durchführung weiterer Finanzierungsrunden sowie die Auswahl weiterer Investoren. Darüber hinaus begleiten die Investoren im Einzelfall auch die Erstellung von Unternehmensstrategie- und Entwicklungskonzepten, geben Hilfestellung bei der Vertragsgestaltung und Internationalisierung, bei personeller Managementverstärkung, der Entwicklung von Marketing- und Vertriebsstrategien oder der Identifikation und Auswahl von Kooperationspartnern.
  • Das Engagement einer renommierten Beteiligungsgesellschaft führt zu einem Imagegewinn und stärkt die Verhandlungsposition des Unternehmens.

Nachteile

  • Im Vorfeld entsteht erheblicher Aufwand, da die Anfrage bei Investoren durch Vorlage eines sorgfältig ausgearbeiteten Konzeptes (Business- und Finanzplan) erfolgen muss. Neben der Beschreibung des Vorhabens und einer fundierten Marktanalyse benötigt das Unternehmen eine Mehrjahres-Planung (Gewinn- und Verlustplanung, Investitionsplanung, Bilanzplanung, Liquiditätsplanung).
  • Die Suche nach Beteiligungspartnern ist aufwändig und langwierig. Investoren prüfen in der Regel 3 bis 6 Monate lang die Anfrage, bevor sie eine Entscheidung fällen. Oft kommen nur 2 bis 5 Prozent der Anträge zum Abschluss.
  • Kommt die Beteiligung zustande, so muss regelmäßig und sehr detailliert über aktuelle Entwicklungen informiert werden. Darüber hinaus hat der Investor oft Mitspracherecht bei Entscheidungen.

Für wen eignet sich die Finanzierung über Eigenkapital/Beteiligungskapital und was kostet sie?

Eigenkapitalgeber spezialisieren sich oft selektiv auf einzelne Beteiligungsphasen:
  • Frühphasenfinanzierung (Pre-Seed-, Seed-, Startup-Finanzierung)
    Die sogenannte Pre-Seed-Finanzierung findet bereits vor der Unternehmensgründung statt. Bei der sogenannten Seed-Finanzierung wird Kapital zur Umsetzung einer Geschäftsidee in marktgängige Produkte und Dienstleistungen akquiriert. Daran schließt sich die Start-up-Finanzierung an, bei der meist Kapital zur Deckung der Markteinführungskosten bereitgestellt wird.
  • Expansions- oder Wachstumsfinanzierung: In dieser Phase wird Eigenkapital typischerweise zur Erweiterung des Produktions- und Vertriebssystems, zur Produktdiversifikation oder zur Stärkung der Marktdurchdringung in Anspruch genommen. Zur Vorbereitung eines Börsengangs ist eine Brückenfinanzierung nötig, die häufig von Eigenkapitalgebern bereitgestellt wird.
  • Besondere Anlässe: Fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen durch das Management (Management buy out [MBO], Management buy in [MBI]); Finanzierung der Unternehmensnachfolge, -restrukturierung und -sanierung.

Welche Eigenkapitalgeber gibt es?

  • Venture Capital Gesellschaften spezialisieren sich auf vielversprechende, wachstumsorientierte Frühphasen- und Innovationsfinanzierungen. Aufgrund des relativ hohen Risikos liegt die Ertragserwartung bei 25 bis 40 Prozent pro Jahr.
  • Private Equity Gesellschaften engagieren sich im Bereich der Wachstumsfinanzierung oder bei besonderen Anlässen (zum Beispiel Nachfolge, in einzelnen Fällen auch Sanierung). Mindestbeträge der Investments liegen gewöhnlich bei 2,5 bis 5 Mio. Euro. Die Verzinsung beträgt rund 12 bis 25 Prozent pro Jahr.
  • Öffentliche Investoren: Die Förderinstitute des Bundes und der Länder haben häufig eigene Beteiligungsgesellschaften, deren Mindestinvestitionssummen bei etwa 50.000 Euro beginnen. Auch hier wird mit einer Verzinsung von 8 bis 15 Prozent pro Jahr gerechnet (zum Beispiel die MBG in Stuttgart).
  • Beteiligungsgesellschaften von Banken und Sparkassen: Häufig bieten solche Gesellschaften auf regionaler Ebene Beteiligungen an Unternehmen an (zum Beispiel die BGM im Landkreis Ravensburg und im Bodenseekreis).
  • Sonderformen: Mitarbeiterbeteiligungen, Business Angels (vermögende Privatinvestoren, die als Mentoren im Unternehmen tätig werden). Diese Sonderformen werden noch nicht flächendeckend angeboten.

Wo findet man den passenden Beteiligungs-Partner?

Zahlreiche Private Equity-Gesellschaften in Deutschland sind im Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften organisiert.
Bei der Auswahl eines Eigenkapitalgebers sollte nicht in erster Linie entscheidend sein, wer am meisten Kapital zur Verfügung stellt, sondern wer den größten Wert für das Unternehmen schaffen kann. Unternehmen sollten dabei auf folgende Kriterien achten:
  • Branchenmäßige Ausrichtung und Interessenprofil des Eigenkapitalgebers. Der Firmenchef sollte sich auf jeden Fall nach Referenzen und dem Beteiligungsportfolio des Eigenkapitalgebers erkundigen.
  • Refinanzierung, Kapitalquellen und verfügbares Kapitalvolumen des Eigenkapitalgebers. Sind zum Beispiel Mittel für eine Nachfinanzierung verfügbar?
  • Ist die Beteiligung von weiteren Investoren möglich (übernimmt der Eigenkapitalgeber die Rolle des Haupt-/Lead-Investors)? Oder engagiert sich der Kapitalgeber nur mit einem zweiten Investor gemeinsam (als Co-Investor)?
  • Art (direkte Beteiligung oder stille Beteiligung beziehungsweise Mischformen) und Höhe der Beteiligung.
  • Finanzierungszeitraum; ist eine Laufzeitverlängerung möglich?
  • Welche Exit-Strategie wird verfolgt?
  • Welche Mitsprache- und Kontrollrechte sichert sich der Eigenkapitalgeber? Welche Informations- und Berichtspflichten treffen den Unternehmer?
  • Beratungskompetenz, Art und Umfang der Managementunterstützung sowie Erreichbarkeit des Eigenkapitalgebers.
  • Stimmen die „weichen Faktoren“? Unverzichtbarer Baustein jeder Eigenkapital-Finanzierung ist das gegenseitige Vertrauen.

Worauf legen Eigenkapitalgeber Wert?

Ausgangspunkt von Erfolgs- und Wachstumschancen sowie den Risiken einer Beteiligung durch den Eigenkapitalgeber ist der Business Plan des Eigenkapitalnehmers. Der Business Plan ist Strategiepapier und Visitenkarte des (geplanten) Unternehmens. Er sollte maximal 35 Seiten umfassen und eine Executive Summary (Kurzdarstellung) enthalten, in dem die wichtigsten Aspekte des Geschäftsvorhabens auf maximal zwei Seiten komprimiert dargestellt sind. Da Eigenkapitalgeber oft bereits anhand dieser Zusammenfassung entscheiden, ob eine Geschäftsidee genügend Erfolgspotential verspricht, sollte die Kurzdarstellung auf die Interessenlage potentieller Investoren abstellen.
Bei der Entscheidung über eine Eigenkapitalbeteiligung achten Beteiligungsgesellschaften besonders auf folgende Beurteilungsschwerpunkte:
  • Qualifizierter, detaillierter Geschäftsplan (Businessplan) mit überzeugenden Aussagen über das Produkt, das Unternehmen, das Management, über Markt und Wettbewerb sowie über die finanzwirtschaftlichen Eckdaten (nachvollziehbare Investitions-, Gewinn- sowie Verlust- und Liquiditätsplanung über die nächsten 3 bis 5 Geschäftsjahre, davon das erste Geschäftsjahr zusätzlich auf monatlicher Basis). Der Finanzbedarf sollte realistisch dargestellt sein (häufig werden Marketing- und Vertriebskosten unterschätzt). Die Planzahlen müssen mit detaillierten Erläuterungen zu den getroffenen Annahmen hinterlegt werden.
  • Branche, Geschäftsfeld und Wachstumspotential. Wesentlich sind ein klar definierter Kundennutzen, ein ausbaufähiger Wettbewerbsvorteil und ein für das Produkt beziehungsweise die Dienstleistung attraktiver, wachstumsfähiger Markt. Marktführerschaft sollte angestrebt werden. Innovationen sollten zum Beispiel durch Patente geschützt sein. Eine hohe Markteintrittsbarriere für neue Unternehmen wirkt sich positiv aus.
  • Kompetenz des Managements. Entscheidend ist, ob der Eigenkapitalgeber davon überzeugt ist, dass das Management fähig ist, die Unternehmensstrategie und die operationale Planung umsetzen, und auch bereit ist, persönliches Risiko zu tragen.
  • Klare Unternehmensstruktur. Sämtliche Kernaufgaben wie Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb, Finanzen und Controlling sollten kompetent abgedeckt sein oder durch Inanspruchnahme von Beratungsleistungen vervollständigt werden können. Unternehmensgründungen durch Gründerteams werden schon aus Risikogesichtspunkten den Gründungen durch Einzelpersonen vorgezogen.
  • Steigerung des Unternehmenswerts und Ertragskraft (Exit-Potential). Kann aus Investorensicht ein attraktiver und dem Investitionsrisiko angemessener Beteiligungsertrag (Return on Investment) durch die Veräußerung der Beteiligung am Ende des Finanzierungszeitraums erzielt werden? Oder reicht der während des Beteiligungszeitraumes erwirtschaftete Cash Flow voraussichtlich aus, um die Beteiligung am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen?

Wie läuft eine Beteiligungsfinanzierung ab?

  • Kontaktaufnahme
    Die Kontaktaufnahme mit potentiellen Eigenkapitalgebern sollte gezielt (keine Rundschreiben) durch Zusendung einer Kurzzusammenfassung des Businessplans (Executive Summary) erfolgen. Seriöse Eigenkapitalgeber werden bereits in diesem Stadium zusichern, die mitgeteilte Geschäftsidee streng vertraulich zu behandeln. Nach Erhalt der Vertraulichkeitserklärung sollten Sie den vollständigen Business- und Finanzplan zur Verfügung stellen.
  • Vorstellung des Unternehmens und persönliches Gespräch
    Hat der Unternehmer mit dem Businessplan das Interesse des Eigenkapitalgebers geweckt, wird ihn die Beteiligungsgesellschaft zu einem persönlichen Gespräch einladen. Jetzt sollte das Unternehmen kurz und prägnant vorgestellt und die wesentlichen Daten und Fakten aufgezeigt werden. Im Anschluss können mehrere vertiefende Gespräche folgen.
  • Letter of Intent
    Ist der Eigenkapitalgeber von den Erfolgsaussichten des zu finanzierenden Vorhabens überzeugt, werden in einem sogenannten Letter of Intent (LoI) die wechselseitigen Absichten des Beteiligungsengagements festgehalten. Üblicherweise enthält der LoI Aussagen über die grundsätzlichen Beteiligungsbedingungen des Eigenkapitalgebers sowie über Laufzeit und Umfang der Finanzierung. Der Unternehmer wird im Gegenzug eine Erklärung abgeben, keine Parallelverhandlungen mit dritten potentiellen Kapitalgebern aufzunehmen. Je nach dem Stand der Verhandlungen kann auch ein rechtlich verbindlicher Vorvertrag das Ende dieser Phase bilden.
  • Due Diligence bei größeren Engagements nach Zusage
    Anschließend wird der Eigenkapitalgeber im Rahmen einer Due Diligence das Unternehmen auf Herz und Nieren prüfen und dabei besonders alle rechtlichen Verhältnisse (Legal Due Diligence), Rechnungswesen, Bilanzen und Finanzdaten (Financial Due Diligence) sowie die gesamten wirtschaftlichen Aussichten des Engagements unter Einbezug des Innovationsgehalts des Unternehmens und des Wachstumspotenzials (Business Due Diligence) kritisch abklopfen. Bei Technologie-Unternehmen schließt sich häufig eine gesonderte Patent- und Lizenzrecherche an. Auf der Basis der Due Diligence wird der Eigenkapitalgeber eine Unternehmensbewertung vornehmen (in der Regel nach dem abdiskontierten Wert künftiger Cash Flows) und ein Angebot über die Höhe seiner Beteiligung abgeben.
  • Beteiligungsvertrag
    Die Rechte und Pflichten der Beteiligten werden sodann in einem oft sehr ausführlichen Beteiligungsvertrag festgehalten. Die Beteiligung kann als direkte oder als stille Beteiligung gestaltet werden. Bei der direkten Beteiligung wird der Eigenkapitalgeber Mitgesellschafter oder Aktionär. Am häufigsten werden Minderheitsbeteiligungen (meist in Höhe von 20 bis 35 Prozent) vereinbart. Voraussetzung für die direkte Beteiligung ist, dass das Unternehmen in einer Rechtsform betrieben wird, die Beteiligung von Investoren begünstigt. Insofern bietet sich neben der GmbH besonders die (kleine) Aktiengesellschaft an. Alternativ kann auch eine stille Beteiligung beziehungsweise eine Kombination aus direkter und stiller Beteiligung erfolgen. Hierzu ist keine bestimmte Rechtsform erforderlich. Bezüglich der Verzinsung und der Beteiligung am Wertzuwachs können vielfältige und sehr individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Einige Beispiele haben wir am Beginn bereits aufgezeigt. Der Eigenkapitalgeber wird sich in jedem Fall vertraglich Mitsprache- und Kontrollrechte sichern. Der Unternehmer sollte im Beteiligungsvertrag auch die vom Eigenkapitalgeber zu erbringenden Managementunterstützungs- und Beratungsleistungen festhalten. Darüber hinaus sollten auch Vereinbarungen getroffen werden über die Geheimhaltung, ein Abwerbungsverbot von Mitarbeitern des Unternehmers und gegebenenfalls Regelungen über die Möglichkeit, weitere Investoren zu beteiligen. Zur Vermeidung von Zielkonflikten empfiehlt es sich, auch Aussagen über den Ausstieg des Eigenkapitalgebers am Ende des Engagements (Exit-Strategie) gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Alternativ-Szenarien zu treffen.
    Am Laufzeitende der Beteiligungsfinanzierung steht der Ausstieg des Eigenkapitalgebers aus dem Beteiligungsengagement, der so genannte Exit. Bei der direkten Beteiligung ist die von den Beteiligten häufig als „Königs-Weg“ angestrebte Variante der Börsengang. Ist dieser Weg versperrt, veräußert der Eigenkapitalgeber seine Anteile an ein anderes Unternehmen beziehungsweise anderen Investor (Trade Sale). Häufig gibt dann auch der Unternehmer seine Anteile ab und realisiert dadurch den Wertzuwachs seines Unternehmens durch den Verkauf seiner Anteile. Als dritte Variante kommt auch in Betracht, dass der Unternehmer die Anteile des Eigenkapitalgebers aus dem während der Beteiligungszeit erwirtschafteten Cash Flow zurückkauft (Buy Back). Bei der stillen Beteiligung ist die letztere Variante, also die Rückzahlung des Darlehens, der übliche Exit-Weg.