Was ist ein regionales Einzelhandelskonzept?
Aus dem Landesplanungsgesetz ergibt sich für die zwölf baden-württembergischen Regionalverbände in die gesetzliche Pflichtaufgabe der Steuerung regional bedeutsamer Einzelhandelsvorhaben. Als regional bedeutsame Einzelhandelsvorhaben bezeichnet man Vorhaben, bei denen aufgrund ihrer Lage, ihrer Art, ihrer Größe und/oder ihres Sortiments Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung anzunehmen sind. Diese werden der landesplanerischen Definition entsprechend als Einzelhandelsgroßprojekte bezeichnet.
Die Basis eines Regionalen Einzelhandelskonzepts (REK) stellt die (meist) Vollerhebung der stationären Einzelhandelsbetriebe in einer IHK-Region dar. Im Falle der IHK Bodensee-Oberschwaben wurden im Rahmen der Erstellung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes über 4600 Einzelhandelsbetriebe erfasst.
Auftraggeber der Studie waren der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben und die IHK Bodensee-Oberschwaben. Die IHK war an den beiden Studien sowohl inhaltlich als auch finanziell beteiligt.
Das erste REK umfasst zwei Textbände: Im Band 1 "Situationsanalyse und Konzept" des Regionalen Einzelhandels-Konzeptes werden die Bevölkerungsentwicklung, die Kaufkraft, die Verkaufsflächenausstattung sowie die Handelsflächenverteilung umfassend dargestellt. Diese Ergebnisse für jede der 87 Kommunen wurden auch kartografisch aufgearbeitet und den jeweiligen Kommunen mit entsprechenden Erläuterungen zur Überprüfung übergeben.
Der Band 2 wurde als sogenannter "Regionalatlas" konzipiert. Er bereitet für jede der 87 Kommunen die Analyseergebnisse tabellarisch und kartografisch auf, nimmt eine zusammenfassende Bewertung ("Stärken-Schwächen-Bilanz") vor und zeigt Entwicklungsperspektiven auf.
Im Jahr 2015 wurde das erste Regionale Einzelhandelskonzept fortgeschrieben. Durch die erneute Vollerhebung des Handelsbesatzes in allen Mittel- und dem geteilten Oberzentrum (Ravensburg, Weingarten und Friedrichshafen) wurde deutlich, wie sich die Handelsstrukturen in diesen Städten verändert haben. Nach der Fertigstellung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes lautet das Ziel, die gewonnenen Erkenntnisse und vorgeschlagenen Flächenausweisungen für Einzelhandelsgroßprojekte in den neuen Regionalplan in Form von Zielen einfließen zu lassen. Das Regionale Einzelhandelskonzept dient somit nun als Leitlinie für das Handeln der Verbandsverwaltung und bietet den Kommunen konkrete Handlungsansätze in ihren Kommunen.
Einen Auszug aus dem Kapitel 2.7 des gültigen Regionalplans Bodensee-Oberschwaben zu den Grundsätzen und Zielen bei der Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben beziehungsweise Sicherung Nahversorgung und großflächigen Einzelhandelsansiedlungsvorhaben finden Sie nachfolgend:
Allgemeine Grundsätze und Ziele für die Gewährleistung einer verbrauchernahen Versorgung
G (1) Die verbrauchernahe Versorgung (Nahversorgung) soll möglichst in der gesamten Region gewährleistet und sichergestellt werden. Im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung sollen integrierte und wohngebietsnahe Standorte für die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsbetrieben herangezogen werden. Dabei soll den Bedürfnissen von Behinderten, Familien mit Kindern und Senioren angemessen Rechnung getragen und auf eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie im Fußgänger- und Fahrradverkehr hingewirkt werden.
Konzentrationsgebot
Z (2) Die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) ist nur in den Ober-, Mittel- und Unterzentren zulässig.
Z (3) Abweichend hiervon kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung in Betracht,
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wenn dies zur Sicherung der Grundversorgung erforderlich ist und von den Einzelhandelsgroßprojekten keine überörtlichen Auswirkungen zu erwarten sind oder
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diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind.
Die Plansätze 2.7.0 (5) bis 2.7.0 (7) gelten entsprechend.
Z (4) Hersteller-Direktverkaufszentren sind als besondere Form des großflächigen Einzelhandels grundsätzlich nur in den Oberzentren zulässig. Bei einer Geschossfläche von weniger als 5.000 Quadratmetern kommen ausnahmsweise auch Standorte in Mittelzentren in Betracht. Die Plansätze 2.7.0 (5) bis 2.7.2 (1) gelten entsprechend.
Beeinträchtigungsverbot
Z (5) Die Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten darf die Funktionsfähigkeit der zentralörtlichen Versorgungskerne der Standortgemeinde (Stadt- und Ortskern) und der umliegenden Zentralen Orte (Stadt- und Ortskerne) sowie der verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhabens nicht wesentlich beeinträchtigen.
Kongruenzgebot
Z (6) Bei der Ausweisung, Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten ist die Verkaufsfläche des Vorhabens auf die Einwohnerzahl des Zentralen Ortes und dessen Verflechtungsbereich abzustimmen.
Integrationsgebot
N (7) Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht-zentrenrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage (PS 3.3.7.2, LEP 2002).
Einzelhandelsagglomeration
Z (8) Mehrere Einzelhandelsbetriebe, die aufgrund ihres räumlichen und funktionalen Zusammenhangs (Agglomeration) negative raumordnerische und städtebauliche Auswirkungen erwarten lassen, sind wie ein einheitliches Einzelhandelsgroßprojekt zu beurteilen.
2.7.1 Vorranggebiete für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte
Z (1) Einzelhandelsgroßprojekte mit zentrenrelevanten Sortimenten sind vorrangig in den in der Raumnutzungskarte dargestellten Vorranggebieten für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte auszuweisen, zu errichten und zu erweitern. Ausgeschlossen sind alle Nutzungen, die mit diesem Ziel nicht vereinbar sind.
Z (2) Außerhalb dieser Vorranggebiete ist die Ausweisung und Errichtung von Einzelhandelsgroßprojekten mit zentrenrelevanten Sortimenten ausgeschlossen (Ausschlussgebiet für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte). Ausnahmsweise sind bestandsorientierte Erweiterungen zulässig, sofern sie entsprechend den Plansätzen 2.7.0 (2) bis 2.7.0 (6) regionalplanerisch verträglich sind.
Z (3) Ausnahmsweise können Gebiete, die sich am Rande dieser Vorranggebiete befinden und die im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Weiterentwicklung zu-künftig voraussichtlich die vergleichbare funktionale und städtebauliche Charakteristik wie das bestehende Vorranggebiet aufweisen werden, in dieses in-tegriert werden. Voraussetzung hierfür ist eine bestehende funktionale und städtebauliche Verknüpfung mit dem vorhandenen Vorranggebiet und eine erheb-liche Willensbekundung der entsprechenden Kommune mit erkennbarer Umsetzungserwartung, in deren Rahmen die entsprechenden Anforderungen für den Ausnahmetatbestand zukünftig umgesetzt werden können.
Z (4) Einzelhandelsgroßprojekte, die der Grundversorgung dienen, können im Ein-zelfall auch an Standorten außerhalb der Vorranggebiete innerhalb oder in räumlicher Zuordnung zu Wohngebieten in städtebaulich integrierten Lagen aus-gewiesen, errichtet und erweitert werden. Die Plansätze 2.7.0 (5) bis 2.7.0 (7) gelten entsprechend.
Z (5) Zentrenrelevante Randsortimente sind in den Ausschlussgebieten für zentren-relevante Einzelhandelsgroßprojekte in ihrer Summe auf die Verkaufsfläche zu begrenzen, die der Schwelle zur Großflächigkeit entspricht. Die Verkaufsfläche für zentrenrelevante Randsortimente hat sich der Verkaufsfläche des Hauptsorti-ments deutlich unterzuordnen.
2.7.2 Vorbehaltsgebiete für nicht-zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte
(Ergänzungsstandorte)
G (1) Auch Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten sollen vorrangig in städtebaulich integrierten Lagen ausgewiesen, errichtet und erweitert werden. Sofern dort keine geeigneten Flächen zur Verfügung stehen, kommen auch Standorte in städtebaulichen Randlagen in Frage. In der Raumnutzungskarte sind Vorbehaltsgebiete für nicht-zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte dargestellt. In diesen Vorbehaltsgebieten kommt der Nutzung durch Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen ein besonderes Gewicht zu.