Anrechnung der Berufsschulzeit und Freistellung für Prüfungen

Freistellung für die Berufsschule

Nach § 15 BBiG sind Auszubildende für den Berufsschulunterricht freizustellen. Der Berufsschulbesuch ersetzt dann insoweit die betriebliche Ausbildungszeit. Die bisher geltende Unterscheidung zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden bei der Freistellung für den Berufsschulunterricht besteht seit dem 1.1.2020 nicht mehr. Für beide Gruppen gilt die gleichlautende Regelung, die sich für Minderjährige aus § 9 JArbSchG und für Erwachsene aus dem neu geschaffenen § 15 BBiG ergeben.
Erwachsene und Jugendliche sind an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche freizustellen. Der Berufsschulbesuch ist mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit anzurechnen. 

Freistellung für Abschlussprüfungen

Auszubildende müssen für die Teilnahme an Prüfungen freigestellt werden. Der Ausbildungsbetrieb hat den Auszubildenden auch am Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorausgeht, freizustellen.
Freistellen heißt, dem Auszubildenden die für die Teilnahme an den Prüfungen notwendige Zeit zu gewähren, ihn also nicht zu beschäftigen.  Die Freistellung am Tag vor der schriftlichen Prüfung wird mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit angerechnet. Die Ausbildungsvergütung ist für diesen zusätzlichen freien Tag fortzuzahlen.
Eine Freistellung gibt es nur vor dem schriftlichen Teil der Abschlussprüfung (Teil 1 und Teil 2) und nicht vor anderen Prüfungsteilen, zum Beispiel Fertigkeitsprüfung, mündliche Prüfung. Es ist nur dann freizustellen, wenn ein Arbeitstag der schriftlichen Prüfung unmittelbar voran geht.

Beschäftigung vor Berufsschulbeginn

Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.

Anrechnung der Berufsschulzeit

Erwachsene und Jugendliche sind an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche freizustellen. Der Berufsschulbesuch ist mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit anzurechnen. 

Beispiel:
Im Ausbildungsbetrieb wird von Montag bis Donnerstag jeweils 7 Stunden 30 Minuten und am Freitag 6 Stunden gearbeitet. Die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit beträgt daher 7 Stunden 12 Minuten. Wenn der Auszubildende freitags Berufsschule –  6 Unterrichtsstunden à 45 Minuten – hat, ist der Berufsschulbesuch mit 7 Stunden 12 Minuten anzurechnen, auch wenn die betriebliche Ausbildungszeit am Freitag “nur” 6 Stunden beträgt. Die durch den Berufsschultag entstandenen Überstunden von insgesamt 1 Stunde 12 Minuten sind dem Auszubildenden auszugleichen. 
Der zweite Berufsschultag in der Woche wird mit der tatsächlichen Unterrichtszeit einschließlich der Schulpausen angerechnet.

Beispiel: 
Der Berufsschulbesuch dauert 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Er beginnt um 8 Uhr und endet um 12:25 (= 4 Stunden 25 Minuten). Die Berufsschulzeit ist damit mit 4 Stunden 25 Minuten auf die Ausbildungszeit anzurechnen. Der Auszubildende kann nach der Schule noch zur betrieblichen Ausbildung eingeteilt werden.  
Sind in einer Woche zwei Berufsschultage mit jeweils mehr als 5 Unterrichtsstunden, ist der Auszubildende auf Verlangen des Ausbildenden verpflichtet, an einem der beiden Tage wieder in den Betrieb zurückzukehren - an welchem der beiden Tage, bestimmt der Ausbildungsbetrieb. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die verbleibende Restausbildungszeit noch sinnvoll genutzt werden kann. 

Blockunterricht

In Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden (an mindestens fünf Tagen) muss der Auszubildende, unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit, freigestellt werden. Eine Beschäftigung des Auszubildenden in dieser Woche ist damit grundsätzlich ausgeschlossen.

Unzulässig ist es, die betriebliche Ausbildungszeit an Berufsschultagen abweichend von den ansonsten betrieblich üblichen Ausbildungszeiten zu regeln.