Arbeitsmarktpolitik

Arbeitsmarktausblick 2021

Zum Jahresende stagnierte der Anstieg der Arbeitslosigkeit und viele Unternehmen nutzten Kurzarbeit, um die Auswirkungen der Krise abzufedern. Doch es zeigt sich mittlerweile deutlich, dass der Einfluss des Lockdowns auf Arbeitsmarkt und Beschäftigung vorerst bleiben wird und es - wie in jeder anderen Krise – auch in der aktuellen Pandemie Gewinner und Verlierer gibt. Welche dies sind, wie sich die Arbeitskräftenachfrage perspektivisch entwickeln wird und welche Bedarfe sich unter anderem aus dem Digitalisierungsschub des vergangenen Jahres ergeben, schauen wir uns detailliert in unserem Arbeitsmarktausblick 2021 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 693 KB) an. Da Berlin vom Corona-Effekt stärker getroffen ist als der Rest der Republik, sind Politik und Verwaltung zudem besonders gefragt, eigene landespolitische Maßnahmen zu ergreifen. Hierfür unterbreitet die IHK Berlin konkrete Handlungsempfehlungen. 

Unsere Handlungsempfehlungen

  • Finanzielle Überbrückung der Betriebe sicherstellen: Nur so kann eine Rückkehr aus der Kurzarbeit für viele Beschäftigte ermöglicht werden. Zwar sind seit Beginn der Krise vielfältige Unterstützungsmaßnahmen aufgelegt worden – schauen die Betriebe jedoch ins Kleingedruckte, dann können sie oftmals die Hilfen gar nicht erst beantragen. Entweder haben sie aufgrund von langen Zahlungszielen noch im Bemessungszeitraum zu hohe Umsätze erwirtschaftet, oder sie verfügen gar nicht über die hohen Fixkosten bei gleichzeitig ausbleibenden Unternehmerinnen- und Unternehmerlohn. Und selbst wenn der Antrag Erfolg hatte, dauert die Auszahlung häufig noch zu lange.
  • Vorbeschäftigungsverbot aussetzen: Das temporäre Aussetzen des Vorbeschäftigungsverbotes wird von über 50 Prozent der IHK-Mitgliedsunternehmen in Berlin als sinnvolles Instrument begrüßt. Es ist zu erwarten, dass eine befristete Aussetzung dieser Regelung Neueinstellungen aktuell deutlich erleichtern würde. Unter anderem könnten so ehemalige Mitarbeitende in den Betrieb zurückgeholt werden, die aufgrund der Corona-Pandemie freigestellt werden mussten.
  • Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig abbauen muss eine der Hauptaufgaben einer lösungsorientierten Arbeitsmarktpolitik bleiben. Dabei darf es keine Wettbewerbsverzerrung geben, denn aktuell kommt es für Unternehmen mehr denn je auf jeden Auftrag an. Das heißt, öffentlich-geförderte Beschäftigung darf keine Konkurrenz darstellen! Damit Unternehmen auch von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten wie zum Beispiel dem Teilhabechancengesetz profitieren können, sollten unternehmensnahe Sozialarbeit und Unterstützungsleistungen für Betriebe, die Langzeitarbeitslose einstellen, mitgedacht werden.
  • Anreize für Neueinstellungen setzen: Um die Schaffung neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu unterstützen, sollte über die Einführung einer Neueinstellungsprämie oder auch die temporäre Aussetzung der SV-Beiträge bzw. SV-Beitragsreduktion bei Neueinstellungen nachgedacht werden. So könnte der Staat für Beschäftigte, die zuvor arbeitslos waren, nach einer Neueinstellung die Arbeitgeberanteile an den Sozialbeiträgen für einige Monate übernehmen. Hierfür sollte sich das Land Berlin beim Bund einsetzen.
  • Temporäre Aussetzung der Mindestüberlassungsdauer bei Zeitarbeit: Gerade in Zeiten von Corona kann eine ungewollte Abmeldung in einem Einsatz das Abrutschen in die Arbeitslosigkeit bedeuten, wenn keine alternativen Einsätze erschlossen werden können. Umso bedauerlicher ist es, wenn die Abmeldung aufgrund des Erreichens der Höchstüberlassungsdauer erfolgt, obwohl der Kunde die Zusammenarbeit fortsetzen würde. Die Politik sollte dementsprechend für die ersten Monate einer Corona-Erholungsphase die Höchstüberlassungsdauer temporär aussetzen.
  • Solidaritätsmodelle zur Arbeitszeitreduktion einführen: Um zusätzliche Beschäftigungspotenziale ausschöpfen zu können, bedarf es auch neuer Ansätze. Hierfür könnte beispielhaft das österreichische Solidaritätsprämienmodell als Vorlage dienen. Kern dieses Ansatzes ist es, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei einer Reduktion der Normalarbeitszeit ihrer Arbeitskraft und der gleichzeitigen Neueinstellung einer weiteren, eine Förderung durch den Staat erhalten. Dementsprechend würde Arbeit statt Arbeitslosigkeit gefördert.
  • Berliner "Arbeit-mit-Zukunft-Gesetz" einführen: Mittelfristig braucht das Land Berlin eine Strategie, Rahmenplanung und einheitliche Governance für den Weiterbildungssektor. Hierzu sollte die Hauptstadt dem Vorbild Brandenburgs folgen und in einem Landesweiterbildungsgesetz eine strategische Ausrichtung und feste Zuständigkeiten regeln.
  • Zukunftsfeste und länderübergreifende Weiterbildungsstrategie implementieren: Fort- und Weiterbildung sollte über Landesgrenzen hinaus gefördert werden. Dafür ist es notwendig, Angebote der Qualifikationsberatung länderübergreifend auf Berlin und Brandenburg auszuweiten. Zudem empfehlen wir die Förderung von gemeinsamen Weiterbildungsverbünden, die Kosten und Aufwand für Unternehmen reduzieren und Zugangshürden senken. Weiter muss es Ziel beider Länder sein, bestehende Weiterbildungsförderprogramme zu harmonisieren.
  • Zielgerichtetes Matching und passgenaue Umschulungen mit System: Gerade die Treibersektoren des Beschäftigungswachstum  brauchen zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen durch Politik und Verwaltung. Neben einem schnellen Matching müssen zeitnah passgenaue Umschulungsprojekte für Anschlussbeschäftigungen in aufnehmenden Branchen bereitgestellt werden.
  • Zukunftsbranchen noch stärker in den Fokus rücken: Die Clusterbranchen der Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg bieten ein hohes und zukunftsfestes Beschäftigungspotenzial. Jetzt muss der Dialog mit entsprechenden Branchen intensiviert werden, um zu identifizieren, wie der Jobaufbau durch landes- und bundespolitische Maßnahmen gestärkt werden kann. Beide Länder sollten hier gemeinsam handeln. Daher empfehlen wir eine Verabredung beider Bundesländer auf eine gemeinsame Fachkräftestrategie, die den kompletten „Cycle“ der Fachkräftesicherung in den Blick nimmt.
  • Alternative Lösungen für Personalbedarf im Gesundheitswesen finden: Landesunternehmen könnten sich gegenseitig mit Personal aushelfen und die Möglichkeiten der Personalpartnerschaften sollten - vor allem bei helfenden Pflegetätigkeiten oder patientenfernen Aufgaben - stärker genutzt werden. Neben intensiverer Bewerbung und Nutzung des Berliner Krisenpersonalpools für das Pflege- und Gesundheitswesen, sollte zudem geprüft werden, ob für die aktuelle Notsituation Studierende, Ruheständler und Ehrenämtler als „Personal-Backup” rekrutiert werden können.

Der ganze Bericht als Download

Den Arbeitsmarktausblick 2021 der IHK Berlin können Sie hier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 693 KB) herunterladen.