Umsetzungsbedarf bei der Frauenquote
Für die Aufsichtsräte von börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen ist ab dem 1. Januar 2016 eine feste Quote in Höhe von 30 Prozent vorgesehen. Die Quote ist für dann neu zu besetzende Aufsichtsratsposten zu beachten. Bestehende Mandate – auch die der Ersatzmitglieder – können bis zu ihrem regulären Ende auslaufen. Bei Nichterfüllung der Quote ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“). Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, hat neben einer fixen gesetzlichen Quote von 30 Prozent für den Aufsichtsrat von börsennotierten und zugleich vollmitbestimmten Unternehmen eine weitere Neuerung gebracht, die vielen Betroffenen Unternehmen nicht bekannt ist.
Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, müssen seit dem 30. September 2015 Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand, bzw. in der Geschäftsführung, sowie für die zwei Führungsebenen unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung festlegen. Soweit Unternehmen zugleich die fixe 30 Prozent Quotenvorgabe für den Aufsichtsrat beachten müssen, sind die Zielgrößen (nur) für den Vorstand und die zwei Führungsebenen unterhalb des Vorstands festzulegen.
Unter mitbestimmten Unternehmen sind solche zu verstehen, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, oder drittelmitbestimmte Unternehmen nach dem Drittelbeteiligungsgesetz, also Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Adressaten der Neuregelung können daher folgende mitbestimmte oder börsennotierte Rechtsformen sein:
- Aktiengesellschaften (AG)
- Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)
- Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Genossenschaften (eG)
- Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG)
- dualistisch sowie monistisch strukturierte SE
- Europäische Genossenschaften.
Das Gesetz regelt, dass zunächst der jeweilige Status quo der Beteiligung von Frauen in den betreffenden Führungsebenen ermittelt und dann jeweils eine Zielgröße festgelegt wird. Dabei gilt ein Verschlechterungsverbot: Die Zielgröße darf den bereits erreichten Frauenanteil nicht unterschreiten, solange dieser unter 30 Prozent liegt. Die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung müssen dabei näher beschrieben werden.
Zudem muss der Zeitraum festgelegt werden, der für das Erreichen der Zielgröße gilt. Der Zeitraum für die erstmals festzulegende Zielerreichung darf nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern. Bei späteren Festlegungen des Bezugszeitraumes bzw. dem Zeitraum für die Zielerreichung nach dem 30. Juni 2017, darf dieser dann maximal fünf Jahre betragen. Die Pflicht zur Festlegungen Festlegung muss erstmals bis zum 30. September 2015 erfüllt werden.
Daneben müssen die betroffenen Gesellschaften über die Zielgrößen und Festlegung des Bezugszeitraums und ob die festgelegten Zielgrößen im Bezugszeitraum erreicht wurden und wenn nicht, mit Angaben zu den Gründen berichten. Wird die selbstgesetzte Quote nicht erreicht, hat dies keine unmittelbaren Konsequenzen, Sanktionen sind nicht vorgesehen. Insoweit sind die Pflichten darauf beschränkt, die Zielgrößen festzulegen, darauf bezogen zu berichten und zu veröffentlichen. Die Berichtspflicht hinsichtlich der festgelegten Zielgrößen und Fristen für die Erreichung ist in § 289 a HGB verankert. Erstmals anzuwenden
sind die Vorschriften zur Berichterstattung auf Jahresabschlüsse, die sich auf Geschäftsjahre mit einem Abschlussstichtag nach dem 30. September 2015 beziehen.
sind die Vorschriften zur Berichterstattung auf Jahresabschlüsse, die sich auf Geschäftsjahre mit einem Abschlussstichtag nach dem 30. September 2015 beziehen.
Bei Gesellschaften, die einen Lagebericht erstellen, müssen die Angaben künftig im Rahmen einer Erklärung zur Unternehmensführung in ihre Lageberichte aufnehmen. Der Lagebericht ist nach § 325 Handelsgesetzbuch (HGB) im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Unternehmen ohne Lageberichtspflicht müssen die Erklärung zur Unternehmensführung auf ihrer Internetseite veröffentlichen oder wahlweise einen Lagebericht verfassen, der im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden muss.
Wenn die festgelegte Zielgröße nicht erreicht wird, löst dies zwar keine unmittelbaren Sanktionen aus. Ein Unterlassen der Festlegung von Zielgrößen und Fristen hat jedoch zur Folge, dass die Berichtspflichten nach dem HGB nicht erfüllt werden können. Bei unvollständigen Lageberichten greifen dann die bereits vorhandenen
gesetzlichen Sanktionen der §§ 334 f. HGB. Dies bedeutet, dass das Bundesamt der Justiz ein Ordnungsgeldverfahren einleiten wird. Das HGB sieht zur Ahndung Ordnungsgelder bis zu 50.000 Euro vor. Die neuen gesetzlichen Pflichten sind daher ernst zu nehmen, bei betroffenen Unternehmen besteht akuter Handlungsbedarf, um die Pflichten rechtzeitig zu erfüllen.
gesetzlichen Sanktionen der §§ 334 f. HGB. Dies bedeutet, dass das Bundesamt der Justiz ein Ordnungsgeldverfahren einleiten wird. Das HGB sieht zur Ahndung Ordnungsgelder bis zu 50.000 Euro vor. Die neuen gesetzlichen Pflichten sind daher ernst zu nehmen, bei betroffenen Unternehmen besteht akuter Handlungsbedarf, um die Pflichten rechtzeitig zu erfüllen.
Weiterführende Informationen finden Sie in einem Praxisleitfaden in der rechten Linkleiste. Dieser Leitfaden wurde durch die zwei zuständigen Bundesministerien gefördert und veröffentlicht.
Link zu dem Praxisleitfaden:
Gesetzestext, BGBl. v. 30.04.2015, Teil I, S. 642ff.: http://www.bundesgerichtshof.de
Weitere Materialien:
Erläuterungen zum Gesetz – aus der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf):
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/037/1803784.pdf
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/037/1803784.pdf
Erläuterungen zum Gesetz – Begründung der Ausschussempfehlung: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/042/1804227.pdf
Bundesgesetzblatt vom 30.04.2015, Teil I, S. 642ff.,