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Talk-Panel: Zoll 4.0 - Digitalisierung in der Außenwirtschaft
Zwei Zahlen und ein Gliederungszeichen sind zum Synonym für die Digitalisierung geworden: 4.0. Das wohl bekannteste Beispiel ist die „Industrie 4.0.“ Sie sei inzwischen „in aller Munde“, die meisten Menschen in einem Unternehmensumfeld hätten dazu ein Bild im Kopf. Das sagt Carsten Bente, Senior Consultant bei der AEB GmbH, einem Spezialisten im Bereich Software für Außenhandel und Logistik. „Wenn es jedoch um den sogenannten Zoll 4.0 geht, variieren die Kenntnisse der Befragten je nach Größe des Unternehmens, in dem sie arbeiten“, so die Erfahrung des Managers. Bei kleineren Firmen und solchen mit geringer IT-Kompetenz herrschten in Bezug auf moderne Zollabwicklung, ja Digitalisierung allgemein, oft noch Unsicherheit und Vorbehalte. „Die Verantwortlichen werden bei diesem Thema eher von Ängsten getrieben als von den Möglichkeiten, die sich dadurch eröffnen.“
Der Software-Experte nennt ein Beispiel, an dem sich das Verhalten à la „Das haben wir schon immer so gemacht“ gut zeigen lässt: das elektronische Ursprungszeugnis. „Dessen Nutzung ist technisch überhaupt kein Problem. Sie wird von allen 79 Industrie- und Handelskammern unterstützt.“ Die Teilnehmerquote schwanke aber je nach Region zwischen 15 und 65 Prozent. „Mehrheitlich dürfte sie bei unter 25 Prozent liegen“, ist sich Carsten Bente sicher. Mittels elektronischer Signatur können Exportunternehmen Ursprungszeugnisse, abgekürzt UZ, auch beantragen.
Bereits seit einigen Jahren gibt es dank der Stufe 2 plus eine komfortable Lösung. „Damit ist es möglich, die nötigen Faksimile von Dienstsiegel und Unterschrift im Unternehmen auf den gewünschten Papieren auszudrucken“, erklärt Frank Herrmann, Außenwirtschaftsexperte der Südwestfälischen IHK zu Hagen. Sobald also eine digitale Signatur, der „Personalausweis fürs Internet“, vorhanden ist, können UZ, aber auch andere zu bescheinigende Dokumente online beantragt und nach der ebenfalls online erfolgenden IHK-Zustimmung im Unternehmen ausgedruckt werden. „Es ist ein weiterer Schritt im Hinblick auf das Ziel, Warenbegleitpapiere nur noch elektronisch auszustellen und allen Beteiligten, etwa Spediteuren und dem Zoll, die Möglichkeit zu geben, diese einzusehen“, betont Herrmann. Die Vorteile sind vielfältig. Zwei Botengänge bzw. Postwege pro Vorgang werden überflüssig. Die Reaktionen der jeweils zuständigen IHK kommen online in der Regel binnen weniger Minuten. Nicht zuletzt wird durch die elektronische Signatur auch die Sicherheit erhöht.
Digitale Prozesse werden zunehmend den Außenhandel bestimmen. „Der Zollprüfer von heute kommt mit dem Notebook, nicht mehr mit Kladde und Kugelschreiber“ sagt Carsten Bente. Auf europäischer Ebene sind eine Reihe von Zollverfahren in der Pipeline, welche die Prozesse beschleunigen werden. So ist bereits heute eine europaweite elektronische Zollanmeldung möglich, unabhängig vom Standort des eigenen Unternehmens. Auch werden durch neue Produktionsverfahren, wie beispielsweise dem 3D-Druck, grenzenlos und ohne Zollanmeldungen bei der Ein- und Ausfuhr, Daten an den Ort der additiven Fertigung übertragen. Auch die bestehenden Abläufe im internationalen Verkehr können um ein Vielfaches sicherer als heute werden (Blockchain). So ist die erste Handelsfinanzierung durch die britische HSBC über die Blockchain-Technologie im Frühjahr 2018 nur ein erster Aufschlag.
Darüber hinaus werden gedruckte Frachtpapiere der Vergangenheit angehören. Ein erster Test in der Container-Schifffahrt ist erfolgreich abgeschlossen worden. Eine Blockchain-Lösung hat dabei den bisher gängigen physischen und digitalen Austausch von Dokumenten ersetzt. Die Lösung könnte für die Transport- und Logistikindustrie auf Grund effizienterer Prozesse mehrere hundert Millionen Euro an Einsparungen im Jahr bedeuten.
Übrigens: Das Thema Zoll 4.0 könnte bald auch für viele deutsche Firmen von hoher Relevanz sein, deren Warenverkehr bislang nur innerhalb der EU stattfand. Je nachdem wie die konkreten Folgen des Brexits aussehen werden, müssen sie bei existierenden Beziehungen ins Vereinigte Königreich gegebenenfalls Zollabwicklungen durchführen.
Um den Zoll 4.0 geht es auch im Rahmen eines Talk-Panels beim 10. IHK-Außenwirtschaftstag NRW am 20. September 2018 in Aachen. Teilnehmer sind Carsten Bente, Senior Solution Consultant, Global Trade & Risk Management bei der AEB Gesellschaft zur Entwicklung von Branchen-Software mbH, und Dr. jur. Michael Tervooren, Director - Head Customs & International Trade Germany bei der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Moderation übernimmt Frank Herrmann, Geschäftsführer Fachbereich International der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen. Weitere Informationen und die Möglichkeit der Anmeldung finden Interessenten unter www.ihk-aussenwirtschaftstag-nrw.de.