Talk-Panel: E-Commerce International
Die Zahlen machen deutlich: Am Thema E-Commerce kommt kein international tätiges Unternehmen mehr vorbei. Der Umsatz – so Prognosen – soll weltweit von 2,3 Billionen US-Dollar in 2017 auf rund 4,9 Billionen bis 2021 ansteigen. Für Firmen aus NRW besonders interessant: Fast ein Fünftel davon – rund eine Billion Dollar – wird auf den Cross-Border E-Commerce entfallen. Darauf verweist Achim Haug, Senior Manager Asien/Pazifik bei Germany Trade & Invest, der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing, kurz GTAI.
„Das Wachstum ist abhängig von der Weltregion teilweise beträchtlich und verbunden mit steigenden Geschäftschancen für NRW-Unternehmen. Selbst die USA liegen mit einem Anteil des E-Commerce am Einzelhandel von etwa neun Prozent noch unter dem weltweiten Schnitt von 10,2 Prozent“, so Haug. Der Anteil in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern liegt noch deutlich niedriger. In Indien sind es etwa 1,3 Prozent; Thailand (derzeit 1 Prozent) plant bis 2020 eine Verdoppelung. „Die rund 600 Millionen Menschen in den aufsteigenden südostasiatischen Schwellenmärkten von Vietnam bis Indonesien sind hungrig auf Konsum und kaufen aufgrund eines oft unterentwickelten Einzelhandels immer mehr online“, betont Haug.
An der Spitze der weltweiten E-Commerce- Märkte steht unangefochten China. „Die Volksrepublik ist im Konsumzeitalter angekommen. Seine 750 Millionen Online-User sind im Online-Shopping-Fieber“, so der GTAI-Fachmann. Davon profitieren auch immer mehr deutsche Unternehmen. Laut einer Analyse der Alibaba-Plattform Tmall über die Herkunft ausländischer Produkte im E-Commerce für das Jahr 2016, steht Deutschland auf Position Nummer vier – vor allem durch Waren aus dem Konsumgüterbereich.
Was liegt für einen deutschen Anbieter also näher, als die eigenen Waren ebenfalls auf den Plattformen der drei Branchenriesen Alibaba, Tencent und Baidu anzubieten? Azuka Ede, Geschäftsführer der Edeco Internet GmbH aus Düsseldorf, hat dazu eine geteilte Meinung: „Die ,große’ Plattform kann in vielen Ländern der einfachste Weg zum Markteinstieg sein – frisst jedoch automatisch erheblich an der Marge und hat einen ganz großen Nachteil: Die Kundenerfahrung gehört der Plattform und nicht dem Anbieter. Erschwerend kommt hinzu, dass dort meist nur der erfolgreich ist, der nachgefragte Nischenprodukte oder den billigsten Preis anbietet. Letzteren bieten selten wir Deutschen“, so Ede. Er sieht eine eigene Internetpräsenz mit Shop-Lösung und ziellandgerechtem Marketing langfristig im Vorteil.
Im täglichen Geschäft mit seinen Kunden erlebt er die weltweite Dynamik des internationalen E-Commerce an „vorderster Front“. Auffällig, aber logisch ist für ihn, dass immer mehr Industrieunternehmen ihre Internationalisierung über E-Commerce in Angriff nehmen: „Diese Klientel hat andere Bedarfe als der klassische Online-Händler im B2C-Geschäft. Webseiten, Internetshops, ja selbst Plattformlösungen sehen im B2B-Geschäft anders aus“. Besonders herausfordernd seien internationale Lösungen, bei denen gleichzeitig Privat- als auch Firmenkunden angesprochen werden sollen.
Die IHKs in NRW sind angesichts der dynamischen Entwicklung beim Thema „E-Commerce International“ verstärkt gefragt. Sie kommen meist bei Problemen in der Geschäftsabwicklung ins Spiel. „Durch den Mausklick im Online-Geschäft ist es noch nie so einfach gewesen, weltweit zu verkaufen“, so Marc Meckle, stellvertretender Leiter des Bereichs International der IHK zu Essen und Ansprechpartner für internationalen E-Commerce. Doch würden viele Firmen die zahlreichen Fallstricke im internationalen Geschäft unterschätzten – oft in Bezug auf Fragen zum Zoll oder der Produktzulassung aber auch beim Thema Besteuerung oder dem Aufbau einer rechtskonformen Internetseite.
Um den Firmen einen Leitfaden an die Hand zu geben, hat die IHK zu Essen - auf ihrer Internetseite abrufbar - ein spezielles Informationsangebot zum Thema „E-Commerce International“ entwickelt. Neulingen im (E-Commerce-) Auslandsgeschäft empfiehlt Meckle den Einstieg über benachbarte, im besten Fall sprachgleiche Länder. „Abweichende Regeln und Gesetze – z.B. beim Verbraucherschutz - machen die Sache im selben Sprachraum schon kompliziert genug“, betont er.
Da Online-Geschäft nach Österreich nicht gleich Online-Geschäft nach China ist, veröffentlicht die IHK zu Essen auf ihrer Internetseite zudem seit Herbst 2017 sukzessive – in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) erstellte – Länderbooklets zu ausgewählten Märkten mit dem Titel „Online verkaufen in…“. In den Booklets werden grundlegende Fragen für einen erfolgreichen Einstieg in den jeweiligen (Online-) Markt beantwortet.
„Die positive Nachricht ist: So herausfordernd die Markterschließung im Detail ist – jeder internationale Online-Markt kann erfolgreich erschlossen werden, sofern das Produkt zum Markt passt“, so Azuka Ede. Der Spezialist für Digital Marketing muss es wissen. Für seine Kunden – kleine Unternehmen bis Global Player – hat er bereits weltweit erfolgreiche Online-Markterschließungen durchgeführt. Der Aufbau eines Online-Shops für Fuji Europe in russischer Sprache gehört dabei zu seinen Lieblingsprojekten. Das wichtigste Erfolgsrezept ist für ihn „eine klare Strategie, denn die Grundprinzipien im Online-Handel sind weltweit gleich!“
„E-Commerce international“ lautet der Titel eines Panels beim 10. IHK-Außenwirtschaftstag NRW am 20. September 2018 in Aachen. „Weltweite Geschäftsperspektiven, länderspezifische Herausforderungen und innerbetriebliche Hürden bei der Internationalisierung im Online-Geschäft werden im Fokus stehen“, so Moderator Marc Meckle, stv. Geschäftsführer International der IHK zu Essen. Seine Diskussionspartner sind Azuka Ede, Geschäftsführer der Edeco Internet GmbH (Düsseldorf), Achim Haug, Senior Manager Asien/Pazifik bei Germany Trade & Invest (Bonn), und Thomas Moracki Inhaber von Visitmedia und Geschäftsführer Stark Internet GmbH (Essen). Weitere Informationen und die Möglichkeit der Anmeldung finden Interessenten unter www.ihk-aussenwirtschaftstag-nrw.de.