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Ein Jahr Brexit: Wie läuft der Export mit den Briten?

Die letzten Monate und zuletzt die Krise rund um gestörte Lieferketten hat uns vor Augen geführt, wie entspannt der Binnenmarkt funktioniert und wie schwierig es ist, wenn neue Grenzen entstehen. Für den Warenverkehr bedeutet der Brexit höhere Kosten und ein Mehr an Paperwork. Er führte zu Wartezeiten und einem anfänglichen Durcheinander bei Paketdienstleistern, die mit Wucht von der neuen Grenze zwischen der EU und Großbritannien getroffen wurden. 

Anfängliche Hürden

In den ersten Wochen des Jahres haben sich Unternehmen über sämtliche Kanäle informiert, wie der Warenverkehr mit Großbritannien (GB) nach dem Brexit funktioniert und welche Regeln gelten. Dazu mussten sich auch die Zollstellen und die Zollverwaltungen auf die neuen Änderungen einstellen. Dies erforderte einen massiven Personalaufbau um die Prozesse ordentlich abwickeln zu können.  
Das Freihandelsabkommen mit der EU hat einige Bereiche, wie den Export, Mitarbeiterentsendung und Steuern geregelt. Vor allem Ursprungsware aus der EU in GB und umgekehrt können Zollfreiheit gewährt werden. 
Vieles hat sich inzwischen eingespielt und die britische Regierung hat in einigen Bereichen die Fristen verlängert, um die Wirtschaft zu entlasten. So wurde die Kontrolle von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen bei der Einfuhr nach GB erneut verschoben. Gleiches gilt für das neue Label UKCA (United Kingdom Conformity Assessed), der Entsprechung für das europäische CE-Label, das nun erst 2023 statt wie geplant zum Ende dieses Jahres verbindlich wird. 
Dennoch werden einige Abläufe durch erforderliche Formalien ausgebremst und laufen nicht rund. 

Reparatursendungen

Reparatursendungen sind zollfrei, unabhängig vom Warenursprung. Eine einfache, schlanke Regelung, festgeschrieben in Artikel 24 des Handelsabkommens. Betroffene Unternehmen haben sich aber zu früh gefreut: Für die Nutzung dieser Zollbefreiung ist im europäischen Zollrecht zusätzlich eine aktive oder eine passive Veredelung erforderlich, was praktische Nutzung einschränkt. 

Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen (EzU)

Eine weitere Vereinfachung im Abkommen sieht vor, dass Unternehmen, die identische Erzeugnisse aus GB in mehreren Lieferungen erhalten, den Zollvorteil auf Grundlage eines einzigen Dokuments beantragen können. Es ist die Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen. Maximale Laufzeit einer solchen Erklärung ist ein Jahr. Die Erklärung kann dabei auf jedem Außenwirtschaftsdokument versehen, in dem das Ursprungserzeugnis so genau bezeichnet ist, dass seine Identifizierung möglich ist. 
Nähere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des Zolls.
Dazu müssen folgende Daten angegeben werden:
  • das Datum der Ausfertigung (Ausfertigungsdatum)
  • das Datum des Beginns der Geltungsdauer (Anfangsdatum)
  •  das Datum des Ablaufs der Geltungsdauer (Ablaufdatum), das nicht mehr als 12 Monate nach dem Ausfertigungsdatum liegen darf
Problem: Bei der Einfuhrabfertigung darf eine Präferenz nicht vor dem Datum der Ausfertigung der EzU oder vor Beginn der Geltungsdauer beantragt werden. Außerdem darf der Beginn der Geltungsdauer nicht vor dem Datum der Ausfertigung liegen. Und es geht noch weiter: Zur Beantragung der Erstattung des Einfuhrzolls kann sie auch nachträglich ausgestellt werden. Dann darf der Beginn der Geltungsdauer vor dem Datum der Ausfertigung der EzU für Mehrfachsendungen liegen.
Beispiel:
Die Erzeugnisse werden am 01.01.2021 ausgeführt. Die Präferenzbehandlung wird bei der Einfuhr am 10.01.2021 beantragt. Die EzU für Mehrfachsendungen wird vom Ausführer am 05.01.2021 mit der Geltungsdauer 05.01.2021 bis 04.01.2022 ausgefertigt.
Nähere Informationen und weitere Beispiele finden Sie im Merkblatt_TCA. Es ist rechts oben unter “weitere Informationen” angehängt.

Tagesgeschäft mit Hindernissen

Innerhalb des Tagesgeschäfts werden vermehrt Probleme bei der Zollabwicklung berichtet. Teilweise fehlen Ausgangsvermerke, sodass Unternehmen alternative Belege beibringen müssen, um nachzuweisen, dass die Ware die EU verlassen hat. 
Ein anderes Problem ergibt sich bei der britischen Zollverwaltung. Das Länderkürzel “QU” steht seit den 1.1.2021 für Verzögerungen bei der Einfuhrabfertigung. “QU” bedeutet “unbekannter Ursprung.” Der handelspolitische Ursprung einer Ware ist demnach nicht bekannt. Zum Problem wird die Angelegenheit, wenn das Empfangsland, in diesem Fall Großbritannien, eine Angabe zum Ursprung zwingend verlangt, die Angabe „Ursprung unbekannt QU“ aber nicht anerkennt. Nach Angaben des Generalkonsulats gibt es keine gesetzliche Grundlage dafür und sei Handelsbrauch. 

Wie entwickelt sich der Warenverkehr?

Ein allgemeiner Rückgang der Ein- und Ausfuhren bildet sich bereits ab.  Das statisches Landesamt NRW hat mitgeteilt, dass Ein- als auch die Ausfuhren aus bzw. nach Großbritannien und Nordirland in diesem Jahr niedriger als vor der Corona Krise und vor dem Brexit waren.
Die nordrhein-westfälische Wirtschaft importierte von Januar bis Juli 2021 Waren im Wert von 4,4 Milliarden Euro aus dem Vereinigten Königreich. Die Einfuhren sind damit um 15,5 Prozent niedriger als in den ersten sieben Monaten des Jahres 2019. Der Wert der Ausfuhren aus NRW in das Vereinigte Königreich belief sich von Januar bis Juli 2021 auf 4,8 Milliarden Euro und war damit 25,9 Prozent niedriger als noch im selben Zeitraum 2019. 
Im Gegensatz dazu summierten sich allerdings Im- und Exporte in andere Länder, wie die USA und Türkei. 
Nähere Informationen dazu finden Sie unter folgendem Link
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Außenwirtschaftsverkehr mit Großbritannien noch weiter entwickelt.