Weitgehende Beschränkung von fluorhaltigen Stoffen (PFAS) geplant

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat ihren Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, des Imports, der Verwendung und des Inverkehrbringens von mindestens 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) veröffentlicht. Ziel des Verbots ist es, durch eine entsprechende Regelung in Anhang XVII der REACH-Verordnung die Freisetzung von PFAS in die Umwelt drastisch zu verringern. Die wissenschaftliche Bewertung durch die ECHA-Ausschüsse für Risikobeurteilung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) steht noch aus.
Seit dem 22. März 2023 lädt die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) dazu ein, wissenschaftliche und technische Informationen zur Herstellung, dem Inverkehrbringen und der Verwendung von PFAS bis zum 25. September 2023 einzureichen. Zur Konsultation gelangen Sie über den Button „Give Comments“ oder direkt über den folgenden Link.
Besonders wichtig ist eine ausführliche Begründung (inklusive Nachweise) der Notwendigkeit weiterer dringend benötigter Ausnahmen für den jeweiligen Anwendungsbereich. Die Konsultation besteht aus 10 konkreten Fragen (auf Englisch) und der Möglichkeit vertrauliche oder nicht vertrauliche Dokumente hochzuladen. Bitte beachten Sie, dass alle nicht-vertraulichen Angaben veröffentlicht werden.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat eine ausführliche Aufzählung der geeigneten Informationen auf Seite 3 seiner Handlungsempfehlungen zusammengestellt.
Der chemische Anwendungsbereich des Beschränkungsvorschlags ist definiert als: Jeder Stoff, der mindestens ein vollständig fluoriertes Methyl- (CF3-) oder Methylen- (-CF2-) Kohlenstoffatom (ohne daran gebundenes Wasserstoff-/Chlor-/Brom-/Iod-Atom) enthält. Betroffen sind PFAS als solche und als Bestandteile anderer Stoffe, in Gemischen und in Erzeugnissen schon ab sehr geringen Konzentrationen (Verunreinigungen). Unter den Beschränkungsvorschlag fallen alle Verwendungen von PFAS, unabhängig davon, ob sie von den Staaten (darunter Deutschland), die das Beschränkungsdossier eingereicht haben, bewertet wurden und/oder in ihrem Bericht erwähnt werden oder nicht.
Deutliche Auswirkungen
Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen werden in Zehntausenden von Produkten verwendet, darunter Mobiltelefone, Windturbinen, Kosmetika, Solarpaneele, medizinische Geräte und Regenmäntel. Einmal freigesetzt verbleiben sie jedoch aufgrund ihrer außerordentlichen chemischen Stabilität über Jahrzehnte in der Umwelt und können schädliche Wirkungen auf Menschen und die Umwelt haben.
In vielen Fällen sind nach Einschätzung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die an der Erarbeitung beteiligt war, bereits Alternativen für PFAS verfügbar. In allen übrigen Fällen müssten Ersatzlösungen gesucht werden.
Voraussichtlich 2025 kann mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission über den Beschränkungsvorschlag gerechnet werden, welcher eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe seit Inkrafttreten der REACH-Verordnung im Jahr 2007 darstellen würde.
Laut der vorgeschlagenen Beschränkung gibt es für Unternehmen je nach Anwendung Übergangsfristen von eineinhalb bis dreizehneinhalb Jahren, um Alternativen zu finden. Für einige wenige Bereiche sind unbegrenzte Ausnahmen vorgesehen. Dies betrifft zum Beispiel Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten und Human- sowie Tierarzneimitteln.
Das Beschränkungsdossier zum Herunterladen gibt es - leider nur in englischer Sprache und viele hundert Seiten umfassend - unter https://echa.europa.eu/restrictions-under-consideration/-/substance-rev/72301/term.
Dort werden in der Datei „Annex XV report“ ab Seite 99 bis Seite 156 der pdf-Datei einzelne Produktsektoren im Hinblick auf Substitutionspotentiale betrachtet.
Sektoren, für die Ausnahmen erwogen werden
Die Sektoren lauten wie folgt (vergleiche die Datei „Annex E“):
E.2.1 PFAS-Herstellung
E.2.2 TULAC (Textilien, Polstermöbel, Leder, Bekleidung und Teppiche)
E.2.3 Materialien und Verpackungen mit Lebensmittelkontakt
E.2.4 Metallbeschichtung und Herstellung von Metallprodukten
E.2.5 Verbrauchermischungen (und Musikinstrumente)
E.2.6 Kosmetika
E.2.7 Skiwachs
E.2.8 Anwendungen von fluorierten Gasen
E.2.9 Medizinische Geräte
E.2.10 Verkehrswesen
E.2.11 Elektronik und Halbleiter
E.2.12 Energie
E.2.13 Bauprodukte
E.2.14 Schmierstoffe
E.2.15 Erdöl und Bergbau
Anhand dieser Sektoren-Einteilung können Unternehmen ab Seite 172 der pdf-Datei prüfen, ob für ihre Anwendungen Ausnahmen (und gegebenenfalls wie lange) vorgesehen sind.
Für sonstige Sektoren würde das Verbot 18 Monate nach Inkrafttreten uneingeschränkt gelten!
Separate Konsultation zur Beschränkung von PFAS in Feuerlöschschäumen
Zu der Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse (SEAC) zur REACH-Beschränkung von PFAS in Feuerlöschschäumen wird eine separate Konsultation bis zum 15. Mai 2023 durchgeführt. Zur Konsultation gelangen Sie über den Button „Give Comments“ oder direkt über folgenden Link.
Hinweise auf Informationsveranstaltungen:
Webinar der BAuA zur Beteiligung an der Konsultation am 3. April 2023
Auch das REACH-CLP-Biozid Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) informiert am 3. April 2023, von 09:30 Uhr bis 12:00 Uhr über den Beschränkungsvorschlag zu PFAS und die Beteiligungsmöglichkeit am Verfahren. Darüber hinaus sind der zeitliche Rahmen, die Betroffenheit und Notwendigkeit der Regulierung dieser Stoffgruppe Themenschwerpunkte. Für die Teilnahme an dem Webinar ist eine Anmeldung unter folgendem Link erforderlich.
Webinar der ECHA zur Beteiligung an der Konsultation am 5. April 2023
Am 5. April 2023 von 10:00 – 12:00 Uhr veranstaltet die ECHA eine Online-Informationssitzung (in englischer Sprache), um den Vorschlag vorzustellen, das REACH-Beschränkungsverfahren zu erläutern und denjenigen Hilfestellung zu geben, die sich an der Konsultation beteiligen möchten.
Das Webinar können Sie live auf der Webseite der ECHA oder auf dem YouTube-Channel EUchemicals verfolgen (eine Anmeldung ist nicht erforderlich). Die Aufzeichnung der Veranstaltung wird kurz nach der Ausstrahlung auf der genannten Webseite veröffentlicht.
Während des Webinars können Sie über die Plattform Slido Fragen stellen oder schon jetzt vorab über folgenden Link einreichen. Experten der fünf nationalen Behörden und der ECHA werden diese während der Online-Veranstaltung beantworten.
(Quellen: BAuA, BDI, DIHK, ECHA, IHK Südlicher Oberrhein)