Steuerliche Forschungsförderung durch das Forschungszulagengesetz

Seit 1. Januar 2020 ist in Deutschland das sogenannte Forschungszulagengesetz (FZulG) in Kraft. Es fördert steuerlich die Forschung und Entwicklung (FuE) mit den Komponenten Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung. Der Gesetzgeber ist damit einer langjährigen Forderung der IHK-Organisation nachgekommen. Die nachfolgenden Erläuterungen sollen Ihnen einen Überblick verschaffen, wie Sie man als forschendes Unternehmen steuerlich von der Forschungszulage profitieren kann.
Stand: August 2021

I. Anspruchsberechtigte Unternehmer

Die Forschungszulage steht allen steuerpflichtigen Unternehmen im Sinne des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes in Deutschland offen. Dies gilt unabhängig von Größe, Rechtsform oder wirtschaftlicher Tätigkeit. Die Forschungszulage eignet sich daher z.B. für Start-Ups, KMU oder Konzerne gleichermaßen. Da es sich um eine steuerliche Förderung handelt, sind von der Steuer befreite Körperschaften nicht vom Regelungsumfang dieses Gesetzes umfasst.
Bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG tritt an die Stelle des steuerpflichtigen Gesellschafters die Mitunternehmerschaft als Anspruchsberechtigter.
Von der Förderung ausgeschlossen sind allerdings Unternehmen „in Schwierigkeiten“ im Sinne der AGVO, z. B. weil sie sich im Insolvenzverfahren befinden oder weil die Hälfte ihres Stammkapitals durch Verluste aufgebraucht ist (Art. 2 Nr. 18 AGVO).

II. Begünstigte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

1. Allgemeines
In § 2 Abs. 1-3 FZulG werden die Anforderungen an begünstigte – also förderfähige FuE-Vorhaben abschließend definiert.
Grundsätzlich lässt sich ein begünstigtes FuE-Vorhaben durch folgende fünf Kriterien bestimmen Das FuE-Vorhaben muss:
  • auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse abzielen (neuartig),
  • auf originären, nicht offensichtlichen Konzepten und Hypothesen beruhen (schöpferisch),
  • in Bezug auf das Endergebnis ungewiss sein (ungewiss),
  • einem Plan folgen und budgetiert sein (systematisch),
  • zu Ergebnissen führen, die reproduziert werden können (übertragbar und/oder reproduzierbar).

2. Kategorisierung der begünstigten FuE-Vorhaben
Die begünstigten FuE-Vorhaben müssen sich mindestens einer der folgenden Kategorien zuordnen lassen:

 Anm: Die Definitionen der genannten Begriffe richten sich nach Artikel 2 Ziffern 84 bis 86 AGVO.

3. Nicht begünstigte FuE-Vorhaben
Nicht förderfähig sind aber insbesondere die reine Produkt-/Marktentwicklung und die reine Qualitätssicherung eines bereits fertig entwickelten Produktes.

III. Durchführung der begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Die begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durchgeführt werden in
  • eigenbetrieblicher Forschung,
  • Auftragsforschung oder
  • Kooperationsforschung

Anm.: Kooperationsforschung ist insbesondere in folgenden Formen möglich:
  • im Verbund mit anderen Unternehmen, auch innerhalb von miteinander verbundenen Unternehmen,
  • im Verbund mit Forschungsinstituten, 
  • im Verbund mit Hochschulen oder
  • im Verbund auch mit ausländischen Unternehmen oder Forschungseinrichtungen.

IV. Höhe der Forschungszulage

1. Allgemeines
Die Forschungszulage beträgt 25 Prozent der förderfähigen Aufwendungen des Unternehmens. Die förderfähigen Aufwendungen sind in erster Linie Personal- bzw. Auftragskosten. Nicht gefördert werden Sachkosten, wie Labor- Material, und Energiekosten.
Die förderfähigen Aufwendungen  sind auf zwei Millionen Euro begrenzt. Somit beträgt die Forschungszulage maximal 500.000 Euro pro Jahr und Unternehmen.
Der Gesetzgeber im Zweiten Corona Steuerhilfegesetz vom 29. Juni 2020 festgelegt, dass die Obergrenze der förderfähigen Aufwendungen von 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2026 auf vier Millionen Euro erhöht wird. In diesem Zeitraum kann die Forschungszulage daher bis zu 1 Million Euro betragen.
Anm.: Bei verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG wird die steuerliche FuE-Förderung für alle danach verbundenen Unternehmen insgesamt auf die Obergrenze der Bemessungsgrundlage begrenzt. Das anspruchsberechtigte Unternehmen hat im Rahmen der Antragstellung eine Erklärung abzugeben, ob es ein eigenständiges oder ein verbundenes Unternehmen ist und welche Unternehmen mit ihm im vorstehenden Sinne verbunden sind.

2. Förderfähige Aufwendungen
a) Eigene Forschungsleistungen
Förderfähige Aufwendungen sind die beim forschenden Unternehmen dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne und die dazugehörigen Sozialversicherungs-Arbeitgeberbeiträge für Arbeitnehmer, die mit den FuE-Vorhaben betraut sind.
Anm.: Das Unternehmen hat eine nachprüfbare Dokumentation der  im begünstigten FuE-Vorhaben mit FuE-Tätigkeiten betrauten Arbeitnehmer zu führen. Dabei sind die jeweiligen Vorhaben und die Zeitanteile des Einsatzes des Arbeitnehmers zu belegen. Zum Nachweis der geleisteten Arbeit eines eigenen Arbeitnehmers in einem begünstigten  FuE-Vorhaben sind laufende Aufzeichnungen zu führen die eindeutig und möglichst zeitnah die geleisteten Arbeitsstunden belegen. Eine Definition von FuE-Tätigkeiten anhand von allgemeinen Abteilungszuordnungen einzelner Mitarbeiter („Mitarbeiter ist in der FuE-Abteilung.“) reicht nicht aus. Die Dokumentation hat so zu erfolgen, dass bei einer Nachprüfung die Zuordnung eindeutig nachvollzogen werden kann
Gefördert werden auch Eigenleistungen eines Einzelunternehmers in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Je nachgewiesener Arbeitsstunde, die der Einzelunternehmer mit Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten beschäftigt ist, können 40 Euro je Arbeitsstunde bei insgesamt maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche als förderfähige Aufwendungen angesetzt werden.
Haben Gesellschafter einer anspruchsberechtigten Mitunternehmerschaft vertraglich vereinbart, dass ein oder mehrere Gesellschafter für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben eine Tätigkeitsvergütung erhalten, dann ist diese Tätigkeitsvergütung ebenfalls förderfähiger Aufwand. Hierbei können 40 Euro je Arbeitsstunde bei insgesamt maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche als förderfähige Aufwendungen angesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vereinbarung zivilrechtlich wirksam, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt und so eindeutig und klar abgefasst ist, dass sie von anderen Tätigkeitsvergütungen im Dienste der Gesellschaft abgegrenzt werden kann.

b) Auftragsforschung
Für in Auftrag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben betragen die förderfähigen Aufwendungen 60 Prozent des vom anspruchsberechtigten Unternehmen an den Auftragnehmer gezahlten Entgelts. Die Auftragsforschung ist jedoch nur dann begünstigt, wenn der Auftragnehmer seinen Sitz in der EU oder den EWR-Staaten (Norwegen, Island und Liechtenstein) hat.

V. Erstattung der Forschungszulage

Bei der Forschungszulage handelt es sich um eine steuerliche Förderungsmaßnahme. Die Forschungszulage wird mit der im Kalenderjahr entstandenen Einkommensteuer bzw. Körperschaftssteuer verrechnet.

1. Steuerpflichtiger Gewinn
Soweit im Veranlagungsjahr steuerpflichtiger Gewinn entstanden ist und somit Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer zu entrichten ist, hat die Forschungszulage im Ergebnis einen steuermindernden Effekt.
Übersteigt der Betrag der Forschungszulage den Betrag der zu zahlenden Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, so wird der Differenzbetrag dem Unternehmen ausbezahlt.

2. Steuerlicher (Anfangs-)Verlust
Soweit im Veranlagungsjahr kein steuerpflichtiger Gewinn sondern Verlust entstanden und somit keine Einkommens- bzw. Körperschaftsteuerschuld entstanden ist, wird dem steuerpflichtigen Unternehmer die Forschungszulage in voller Höhe ausbezahlt.
Die Forschungszulage eignet sich daher insbesondere für forschende Existenzgründer, die sich noch in der steuerlichen Verlustphase befinden, da es hier zur vollen Ausbezahlung der Forschungszulage kommt.

VI. Verfahren

Für die Erstattung der Forschungszulage ist ein zweistufiges Antragsverfahren notwendig:

1. Antrag auf Bescheinigung der Förderfähigkeit
In einem ersten Schritt ist bei der externen Bescheinigungsstelle elektronisch ein Antrag auf Begutachtung des Forschungsvorhabens als solches zu stellen. Im Bescheinigungsverfahren wird festgestellt, ob das Forschungsvorhaben an sich nach dem FZulG förderfähig ist. Der Antrag auf Bescheinigung kann dabei auch nach Beginn des Forschungsvorhabens gestellt werden. Das Bescheinigungsverfahren wird kostenlos durchgeführt. Das Ergebnis dieser Prüfung auf Förderfähigkeit des Projektes ist für das Finanzamt bindend.
Die dafür zuständige Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) wird betrieben von einem Konsortium aus der VDI Technologiezentrum GmbH, der AIF Projekt GmbH sowie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. – DLR Projektträger mit den Standorten Bonn, Berlin, Düsseldorf und Dresden.
Entsprechende Anträge können online unter www.bescheinigung-forschungszulage.de eingereicht werden. Hier finden Sie auch vertiefende Hinweise zu Forschungszulage und Antragsverfahren sowie ein FAQ.
Der bei der Bescheinigungsstelle zu stellende Antrag muss die folgenden Informationen erhalten:
1. Angaben zum FuE-Vorhaben:
  • aussagekräftige, nachvollziehbare inhaltliche Beschreibung
  • Angabe: Handelt es sich um eigenbetriebliche Forschung oder Auftragsforschung oder Kooperationsvorhaben?
  • zeitlicher, personeller und finanzieller Umfang
  • ggf. weitere Unterlagen hierzu

2. Weitere Angaben:
  • Name, Anschrift, Kontaktdaten und Kontaktperson
  • Steuer-Nr. und zust. Finanzamt
  • (soweit vorhanden) HR-Nummer
  • Angaben zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des AktG
Der Antrag wird auf einem elektronischen Vordruck gestellt. Es ist eine vorherige Online-Registrierung bei der Bescheinigungsstelle erforderlich. Die Bearbeitungsdauer der Bescheinigungsstelle soll drei Monate betragen.
Nach Erhalt der Bescheinigung der Förderfähigkeit des FuE-Vorhabens entscheidet das Finanzamt in einem zweiten Schritt über die Höhe der Forschungszulage.

2. Antrag auf Forschungszulage
Im zweiten Schritt ist die Forschungszulage nach Ablauf des Wirtschaftsjahres mit einem gesonderten Vordruck elektronisch beim Finanzamt der Höhe nach zu beantragen. Das Finanzamt prüft somit lediglich die Höhe der geltend gemachten FuE-Personalkosten bzw. Aufwendungen für die Auftragsforschung.
Die Forschungszulage wird nicht für ein (gesamtes) FuE-Vorhaben gewährt, sondern es wird abschnittsweise auf den jeweils in einem Wirtschaftsjahr für begünstigte FuE-Vorhaben im vorstehenden Sinne angefallenen förderfähigen Aufwand abgestellt.
Die Forschungszulage wird dann – wie beschrieben – mit der zu zahlenden Körperschaftsteuer bzw. Einkommensteuer verrechnet.

VII. Verhältnis zu anderen Förderungen

Die Forschungszulage wird grundsätzlich neben anderen staatlichen Förderungen gewährt, allerdings zählen bereits anderweitig geförderte Personalkosten dann nicht mehr zu den nach dem FZulG förderfähigen Aufwendungen.
Nicht förderfähig sind dann beispielsweise die Personalkosten von am FuE-vorhaben beteiligten Mitarbeitern, die bereits durch Teilhabemaßnahmen wegen Behinderung oder überstandener Langzeitarbeitslosigkeit gefördert werden.
Die für ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gewährten staatlichen Beihilfen dürfen in Summe einschließlich der Forschungszulagen nach diesem Gesetz pro Unternehmen und FuE-Vorhaben 15 Millionen Euro nicht überschreiten.
Anm.: Besondere Vorsicht ist bei Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften geboten, deren Förderung unter die De-Minimis-Verordnung fällt. Hier darf die zulässige Höchstgrenze von 200.000 Euro innerhalb von drei Jahren nicht überschritten werden. Es ist daher bei der Antragstellung darzulegen welche De-Minimis-Beihilfen man erhalten um die Grenze nicht zu überschreiten.

VIII. Zeitlicher Anwendungsbereich

Zeitlich wird die Forschungszulage nur für FuE-Vorhaben gewährt, mit deren Arbeiten erst ab dem 1.Januar 2020 begonnen wurde. Bei der Auftragsforschung darf der Auftrag erst nach diesem Datum erteilt worden sein.

IX. Rechtsgrundlagen

Rechtsgrundlagen für die steuerliche Forschungsförderung sind in erster Linie das Forschungszulagengesetz (FZulG) sowie die Forschungszulagen-Bescheinigungsverordnung (FZulBV).

X. Fazit/Ausblick

Durch die Einführung der Forschungszulage gewinnt Deutschland gewinnt als Standort für Forschung und Innovation an Attraktivität. Der Gesetzgeber ist damit der langjährigen Forderung der IHK-Organisation nach steuerlicher Forschungsförderung nachgekommen.
Die Einnahmen aus der steuerlichen FuE-Förderung sind für die Unternehmen planbar, da nach dem FZulG ein Rechtsanspruch auf die Forschungszulage besteht, wenn die im Gesetz aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Das bedeutet, dass es keiner Ermessensentscheidung durch eine Prüf- und/oder Bewilligungsbehörde bedarf. Objektive Kriterien sollen hierbei gewährleisten, dass Unternehmen Planungssicherheit haben und dadurch die Investitionsbereitschaft weiterhin gegeben bleibt.
Die Maßnahme soll so ausgestaltet werden, dass sie sowohl für die Unternehmen als auch für die Finanzverwaltungen möglichst einfach administrierbar ist. Dennoch ist es aus unserer Sicht wichtig, von Beginn an eine plausible und nachprüfbare Dokumentation zu erstellen, und zwar:
  • inhaltlich
  • zeitlich
  • personell
  • finanziell.
Die Akzeptanz der Regelung wird insbesondere davon abhängen, wie groß der Aufwand zur Beantragung der Förderung und zur notwendigen Nachweisführung ist.
Die Forschungszulage ist zudem flexibel einsetzbar, da die Bescheinigung im Nachhinein beantragt werden kann.
Da es sich um eine allgemeine steuerliche Fördermaßnahme handelt, die allen Steuerpflichtigen gleichermaßen offen steht, handelt es sich nicht um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV.

Weiterführende Links:
Mitschnitt Webinar der IHK für München und Oberbayern vom 3. Jini 2020: https://www.youtube.com/watch?v=iiaxxaajhB8&feature=emb_title

 Hinweis:
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer Kammer – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.