Konjunktur im Kammerbezirk

Dreimal jährlich befragt die IHK für Oberfranken Bayreuth jeweils rund 1.500 Unternehmer zur Einschätzung der aktuellen und der künftigen Wirtschaftslage. Diese Befragung hat sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem wichtigen Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Oberfranken entwickelt. Die Ergebnisse werden für den Kammerbezirk und seine acht regionalen Gremien ausgewertet.

Oberfränkische Wirtschaft erwartet harten Winter

Politik muss Rahmenbedingungen verbessern
Die IHK für Oberfranken erwartet für die Unternehmen der Region einen wirtschaftlich harten Winter. Das ist die Erkenntnis der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. Zwar beurteilen im Saldo weiterhin mehr Unternehmen Ihre Geschäftslage positiv, die Erwartungen an die kommenden Monate verschlechtern sich jedoch deutlich. Hohe Zinsen, ein schwacher privaten Konsum, die seit längerem schwächelnde Inlandsnachfrage und die zunehmend ins Stocken geratene Auslandsnachfrage bilden ein schwieriges Marktumfeld, das auch für die oberfränkische Wirtschaft herausfordernd ist. Umso wichtiger ist es deshalb die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern, um der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes nicht dauerhaft zu schaden. Eine Aufgabe, der sich auch die neu gewählte Bayerische Staatsregierung widmen muss. Der IHK-Konjunkturklimaindex rutscht um 18 Zähler auf nun 91 Punkte ab.
Die führenden Wirtschaftsinstitute haben für das laufende Jahr ihre Prognose für die Entwicklung des deutschen BIPs auf -0,6 Prozent gesenkt. Die oberfränkische Wirtschaft kann sich diesem Sog nicht vollends entziehen, behauptet sich aber auch zu Beginn des Winterhalbjahres im Großen und Ganzen beachtlich. 29 Prozent der befragten Betriebe geben an, sich in einer guten Geschäftslage zu befinden. Eine negative Lage vermelden hingegen 21 Prozent. Damit verbleibt der Saldo im positiven Segment, ist aber so niedrig wie zuletzt im Mai 2021.
Positive Rückmeldungen kommen vor allem aus dem Tourismus und mit Abstrichen aus dem Dienstleistungssektor. Das verarbeitende Gewerbe senkt hingegen seine Lageeinschätzung deutlich in den negativen Bereich. Für die Industrieregion Oberfranken sind das Nachrichten, die aufhorchen lassen müssen. Auch der Großhandel gibt insgesamt eine negative Lagebeurteilung zu Protokoll. Damit setzt sich das uneinheitliche Bild zwischen den Branchen bei der Lagebeurteilung fort.

Umsätze geben deutlich nach

Einigkeit im negativen Sinne besteht hingegen bei der Umsatzentwicklung im Inland. Nahezu alle Branchen berichten im Saldo von rückläufigen Umsätzen und das zum Teil in erheblichen Umfang. In der Industrie und dem Großhandel sind es über die Hälfte der Unternehmen, die Umsatzrückgänge in den vergangenen Monaten verbuchen mussten. Im Einzelhandel liegt der Wert bei immer noch über 40 Prozent. Ausgenommen hiervon ist der Tourismus, der über den Sommer vornehmlich gestiegene oder konstante Umsätze vermelden kann, was zum großen Teil auch saisonbedingt ist.
Auch das Auslandsgeschäft stellt sich zusehends als schwierig dar. Waren im Frühjahr die Angaben zu den Umsatzentwicklungen im internationalen Geschäft noch beinahe ausgeglichen, rutscht der Wert im Herbst in den tief negativen Bereich. Fast die Hälfte aller exportierenden Firmen müssen Umsatzrückgänge über den Sommer hinnehmen. Betroffen sind alle globalen Märkte. Ob Europa, China oder Nordamerika der Umsatz der oberfränkischen Wirtschaft ist im Saldo rückläufig. Und so relativiert sich auch die Lagebeurteilung der oberfränkischen Wirtschaft. Muss man doch davon ausgehen, dass bei vielen der Befragten noch eine gute Geschäftslage vorliegt, diese aber bereits rückläufig ist.

Erwartungen auf Sinkflug

Auf die kommenden Monate blicken die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer mit wenig Zuversicht und einer großen Portion Skepsis. 37 Prozent aller Betriebe rechnen in den kommenden Monaten mit einer Verschlechterung der eigenen Geschäftslage. Eine Verbesserung erwarten hingegen nur 14 Prozent. Damit schwenkt der Saldo ins Negative. Die pessimistische Prognose zieht sich durch alle untersuchten Branchen. Besonders eingetrübt sind die Erwartungen im Einzel- und Großhandel, dem Tourismus sowie der Baubranche. Zu gravierend scheinen die Herausforderungen auf den Märkten zu sein, als dass die befragten Firmen im Saldo mit einer konstanten bzw. sich verbessernden Geschäftslage über den Winter kalkulieren.

Investitionsneigung und Beschäftigtenplanungen geraten unter Druck

Hatten kurzfristige Einbrüche der Erwartungen meist wenig Einfluss auf die Planungen bezüglich der Inlandsinvestitionen und der Beschäftigtenentwicklung, scheint die aktuelle Entwicklung tiefgreifender zu sein. Denn sowohl die geplanten Investitionen im Inland als auch der Beschäftigtenstand sollen sich nach Einschätzung der Wirtschaft im Saldo verringern. Bei den geplanten Inlandsinvestitionen ist der prognostizierte Rückgang am stärksten in der Industrie ausgeprägt. Einen rückläufigen Beschäftigtenstand befürchten vor allem Unternehmen aus Industrie, Handel und Tourismus.

Wirtschaftspolitik muss den Fuß von der Bremse nehmen

Unter den meistgenannten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der oberfränkischen Unternehmen befinden sich viele, die von der Landes- und Bundespolitik beeinflusst werden können. Ob Energiepreise, Fachkräftemangel, wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder Arbeitskosten, jeweils über die Hälfte der Befragten stufen die genannten Punkte als wirtschaftliches Risiko für den eigenen Betrieb ein.
Deutschland ist nach Einschätzung der OECD neben Argentinien das einzige größere Industrieland, dessen Wirtschaftsleistung dieses Jahr abnehmen wird. Selbst dem sanktionsbelegten Russland wird ein Wirtschaftswachstum vorhergesagt. Die Landes- und Bundespolitik muss die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmendbedingungen anpacken. Verlässliche und bezahlbare Energie, schnelle Genehmigungsverfahren, weniger und digitale Bürokratie sowie die Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften. Die Herausforderungen sind bekannt und die Probleme bestens beschrieben. Einzig die Umsetzung von Lösungen steht bei vielen Themen noch aus.

Anmeldung zur IHK-Konjunkturumfrage