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Erfahrungen in den USA
Oberfränkische Unternehmen mit US-amerikanischen Standorten und Geschäftskontakten in die USA stehen derzeit vor diversen Herausforderungen.
Hier berichten drei Unternehmen von ihren aktuellen Überlegungen.
Hier berichten drei Unternehmen von ihren aktuellen Überlegungen.
RAPA Automotive GmbH & Co. KG, Selb

General Manager
RAPA Automotive GmbH & Co. KG, Selb
Der erste Auslandsstandort der RAPA Automotive wurde 2012 in Auburn, Alabama, gegründet und die lokale Produktion startete mit viel Erfolg im Jahre 2014. Mit viel Engagement und dem Blick für die für ein Familienunternehmen wichtigen Rahmenbedingungen suchte die Unternehmerfamilie aus dem oberfränkischen Selb damals den Standort im Süden der USA aus. Angetrieben durch die Lokalisierungsstrategien der Premium Kunden aus Deutschland für eine Fertigung in den USA etablierte sich der Standort schnell, so dass „RAPA made in Alabama“ auch auf dem US-amerikanischen Zulieferermarkt eine Marke wurde. Längst sind neben den bereits langjährigen Kundenbeziehungen, die bereits in Europa etabliert wurden, auch wichtige US-Kunden dazugekommen. Mittlerweile fertigt RAPA nicht nur 100 Prozent für den US-Markt vor Ort, sondern auch zu über 50 Prozent für originäre US-Unternehmen.
Der aktuelle Politikwechsel in den USA hat die Konditionen, zu denen in den USA gefertigt wird, nachhaltig beeinträchtigt. Eine tiefgreifende Lokalisierung der Lieferkette war in der letzten Dekade für RAPA praktisch nicht umsetzbar, was die Importquote der Vormaterialien nach wie vor erheblich macht. Grund dafür ist die bereits in den 80er Jahren in den USA einsetzende Deindustrialisierung von Prozessen, die in der Primärteilherstellung essenziell sind. Angetrieben durch die „Big Three“ aus Detroit ist z. B. der Präzisionsspritzguss in den USA nicht zu wettbewerbsfähigen Konditionen umsetzbar. Der Wunsch, diese Prozesse wieder nach und nach in den USA zu etablieren, angetrieben durch die Zollpolitik der US-Regierung, wird in der gewünschten Geschwindigkeit nicht umsetzbar sein. Insbesondere die Fertigung von Premium-Automotive-Komponenten wird dadurch massiv beeinträchtigt, verteuert und im Zweifelsfall in andere Märkte abwandern.
Bereits jetzt sehen wir eine Abkühlung der Inlandsnachfrage im Automobilsektor bis Jahresende 2025 von minus 15 Prozent, Tendenz weiter fallend. Die Fahrzeuge werden für den Endkunden zunehmend teurer, auch ist ein Trend zurück in die „Verbrennerwelt“ in einem Land wie den USA nicht innovationsfördernd. Grundsätzlich gilt, dass es in den USA schon immer einen heterogenen Automobilmarkt gegeben hat, trotz relativ hoher Kundenbindungsquote. Einmal Ford, immer Ford, das gilt zwar für weite Teile der eher ländlichen Bevölkerung, es gibt allerdings auch viele potenzielle Kunden, die einer neuen Technologie offen gegenüberstehen. Diese werden aktuell durch die politischen Rahmenbedingungen verunsichert, in Innovationen zu investieren.
RAPA versteht sich als Antreiber von Innovationen in der Automobilbranche und hat mit seiner erfolgreichen Transformation durch aktives Portfoliomanagement in den letzten Jahren unter Beweis gestellt, dass man nur dann erfolgreich auf den jeweiligen Märkten agieren kann, wenn man dem lokalen Kundenwunsch gerecht wird. Dieser unterscheidet sich in den USA verglichen mit dem aktuellen „Motor“ unserer Branche, China, an vielen Stellen. Nur, wenn es einen offenen Dialog zwischen den Technologiepartnern auf den jeweiligen Märkten gibt, wird eine erfolgreiche Revitalisierung des Binnenmarktes in den USA stattfinden und gleichzeitig den Kundenerwartungen entsprochen.
waschies GmbH, Kulmbach

Geschäftsführerin
waschies GmbH, Kulmbach
Eigentlich wollten wir mit unserer Tochterfirma waschies International LLC, gegründet in Delaware, im September mit dem Launch der waschies USA starten. Aktuell wurden zwar die europäischen Zölle der zweiten Runde wieder für 90 Tage ausgesetzt, aber aktuell haben wir immer noch knapp 20 Prozent Zölle auf Waren von Europa nach USA zu tragen. Auch haben wir einige Waren die wie aus China heraus liefern lassen müssten, da sind es noch die besagten 145 Prozent Zölle, denen wir ins Auge sehen müssen. Damit ist es für uns äußerst schwierig überhaupt profitabel zu werden.
Die Händler und Distributoren suchen händeringend nach Alternativen für ihre bald leer werdenden Regale, aber ob sie unsere Produkte zu den gestiegenen Preisen abnehmen, ist aktuell in der Schwebe. Aus diesem Grund haben wir unseren Launch USA erstmal nach hinten geschoben, bis USA wieder einen verlässlichen Partner für uns darstellt. Den ein oder anderen Auftrag werden wir natürlich einhalten und Ware verschiffen, aber auf Sicht von vier bis fünf Monaten wird es eine enorme Inflation in USA geben, da am Ende der Verbraucher die gestiegenen Zölle zahlen muss.
Wir sind zuversichtlich, dass sich die Situation bald wieder bessern wird und wir werden auch im Sommer an einer Messe in L.A. teilnehmen, um weiterhin die engen Verbindungen aufrecht erhalten zu können. Bis dahin bauen wir Europa weiter aus.
medi, Bayreuth

Geschäftsführung
medi, Bayreuth © Adrian Infernus
Die Vereinigten Staaten sind ein wichtiger Wachstumsmarkt für medi. Natürlich ist die aktuelle Lage herausfordernd und schwer planbar. 20 Prozent Einfuhrzoll in die USA, dann die Nachricht, dass die Zölle auf zehn Prozent reduziert und weitere Maßnahmen 90 Tage ausgesetzt werden. Das verschafft ein Zeitfenster, sich auf die Regierung in den USA und deren neue Zollpolitik einzustellen. Das Unternehmen medi vertreibt Produkte in über 90 Länder der Welt, wir haben unter anderem unseren Produktionsstandort in Bayreuth sowie seit 1982 ein Werk in Whitsett / North Carolina, USA. Dort produzieren wir Produkte für den amerikanischen und weltweiten Markt.
Es gibt viele Optionen, nur eine nicht: Schnellschüsse. Wir prüfen jetzt alle Optionen im Unternehmen und denken in unterschiedlichen Szenarien. Derzeit ist von Zollerhöhung bis Freihandelsabkommen alles möglich. Wir haben sehr erfahrene Mitarbeitende im Unternehmen, mit denen wir die weltweite und europäische Lage ganz eng analysieren und monitoren.
Kontakt

Dr. Johanna Horzetzky
Leiterin Stabsstelle International
Internationale Wirtschaftspolitik/Außenwirtschaftsrecht

Janina Kiekebusch
Stv. Leiterin Stabsstelle International
Nordamerika, Europa und EU-Politik

Stefanie Hader
Außenwirtschaft und Zoll