Grenzüberschreitender Tourismus verbindet

Die Regionen Oberfranken und Westböhmen teilen nicht nur eine lange gemeinsame Geschichte, die sich in Architektur, Bräuchen und kulinarischen Traditionen widerspiegelt, sondern auch ein enormes touristisches Potenzial. In den vergangenen Jahren hat sich der grenzüberschreitende Tourismus zwischen Deutschland und Tschechien kontinuierlich weiterentwickelt. Davon profitieren nicht nur Hotellerie und Gastronomie, sondern auch der Einzelhandel und die Dienstleistungsbranche. Trotz dieser positiven Entwicklung bestehen jedoch auch nach mehr als 30 Jahren weiterhin Herausforderungen und Hindernisse, die es zu überwinden gilt.

Tourismus als grenzüberschreitender Wirtschaftsfaktor

Der Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Oberfranken und die angrenzenden tschechischen Regionen. Im Jahr 2024 wurden in Oberfranken mehr als fünf Millionen Übernachtungen registriert, wovon 8,5 Prozent auf internationale Gäste entfielen. Während spezifische Zahlen zu tschechischen Besucherinnen und Besucher in Oberfranken nicht separat ausgewiesen werden, zeigen Analysen von visitczechia.com, dass Deutschland ein zentraler Quellmarkt für den tschechischen Tourismus ist. 2023 reisten mehr als 2,2 Millionen deutsche Touristen nach Tschechien – ein neuer Rekord. Rund 80 Prozent stammten aus den deutschen Grenzregionen, darunter auch Bayern.

Thomas Puchtler
Thomas Puchtler
„Der Radius unserer Gäste hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Davon profitieren beide Seiten der Grenze. Tourismus macht nicht an Landesgrenzen halt. Die vielfältigen Angebote auf beiden Seiten sind für Einheimische und Touristen gleichermaßen eine Bereicherung. Viele meiner Gäste finden immer wieder neue Gründe, zurückzukehren und länger zu bleiben“, so Thomas Puchtler, Hotelier im Fichtelgebirge und Vorsitzender des IHK-Tourismusausschusses, über das touristische Angebot in Oberfranken und Böhmen.

Das Zusammenwachsen der Regionen erweitert das touristische Angebot und führt zu verlängerten Aufenthaltsdauern sowie steigenden Übernachtungszahlen. Dies erhöht die Auslastung der Betriebe und stärkt die regionale Wirtschaft, insbesondere den Einzelhandel und die Dienstleistungsbranche. Auch tschechische Unternehmen sehen die Chancen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. „Unsere Hotels in Loket verzeichnen einen stetigen Anstieg an deutschen Gästen. Viele schätzen die Kombination aus historischem Flair und moderner Gastfreundschaft. Besonders wertvoll ist für uns das grenzübergreifende Networking mit deutschen Partnern, das neue Synergien schafft und innovative touristische Angebote ermöglicht“, sagt Hotelbesitzerin Ivana Lojínová.
Tourismus macht nicht an Landesgrenzen halt.

Thomas Puchtler

Natur-, Kultur- und Bädertourismus als gemeinsames Aushängeschild

Die grenznahen Naturparks, darunter der Frankenwald und das Fichtelgebirge auf deutscher sowie der Kaiserwald auf tschechischer Seite, bieten zahlreiche Outdoor-Aktivitäten. Wander- und Radwege verbinden beide Länder und ermöglichen naturnahe Erlebnisse ohne Grenzen. Bereits seit den frühen 2000er-Jahren erschließen grenzüberschreitende Radwege wie der Brückenradweg die Landschaft und zahlreiche touristische Ziele.

Ergänzt wird dieses naturnahe Angebot durch das reiche kulturelle Erbe der Region. Weltberühmte Sehenswürdigkeiten wie die UNESCO-Weltkulturerbestätte Markgräfliches Opernhaus in Bayreuth und das traditionsreiche Bäderdreieck in Böhmen unterstreichen die kulturelle Bedeutung der Region. 2021 wurden die drei herausragenden tschechischen Kurorte gemeinsam mit acht weiteren europäischen Heilbädern unter dem Titel „Great Spas of Europe“ in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.

Die Rolle der IHK für Oberfranken Bayreuth

Die Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung des grenzüberschreitenden Tourismus. Sie unterstützt Unternehmen aktiv bei der Vernetzung mit Partnern auf beiden Seiten der Grenze und informiert über relevante rechtliche Rahmenbedingungen. Durch Veranstaltungen, Workshops und Fachforen wird der Austausch zwischen deutschen und tschechischen Tourismusschaffenden gefördert. Ziel ist es, die wirtschaftliche Entwicklung weiter voranzutreiben und die Region nachhaltig zu stärken.

Herausforderungen und Chancen

Der bayerisch-tschechische Grenzraum ist eine touristisch attraktive Region mit enormem Wachstumspotenzial. Bereits vor zehn Jahren wurde in einem Entwicklungsgutachten der Tourismus als eines der fünf zentralen Handlungsfelder identifiziert. Mit der Vision einer international renommierten grenzüberschreitenden Tourismusdestination wurde das Ziel gesetzt, die Potenziale optimal zu nutzen und dem Grenzraum eine gemeinsame Identität zu verleihen.

Viele der damals von einer tschechisch-deutschen Arbeitsgruppe erarbeiteten Handlungsempfehlungen sind inzwischen umgesetzt worden. So haben sich das Bayerisch-Tschechische Freundschaftsfest und die UNESCO-Welterbe-Stätten als touristische Leuchttürme mit überregionaler Strahlkraft etabliert. Auch im Tourismusmarketing in kleineren Heilbädern wird das Potenzial hervorgehoben: „Jáchymov als traditionsreicher Kurort profitiert enorm von deutschen Gästen. Wir setzen verstärkt auf gemeinsame Vermarktung, um die Region für internationale Besucher noch attraktiver zu machen“, erklärt Šárka Kostalova, Tourismusmanagerin aus Jáchymov.

Trotz dieser positiven Entwicklungen bestehen weiterhin Herausforderungen. Unterschiedliche Politik- und Verwaltungssysteme auf beiden Seiten der Grenze erschweren die organisatorische Abstimmung. Zudem bestehen Barrieren in der Vernetzung des öffentlichen Verkehrs und in der sprachlichen Kommunikation. Hier könnten interaktive Tourismusplattformen oder zweisprachige Apps Abhilfe schaffen und das Reisen in der Region erleichtern.

Mit einer nachhaltigen Strategie und enger Zusammenarbeit kann sich die Region als Vorzeigemodell für den europäischen Tourismus etablieren. Die Zukunft des Tourismus zwischen Oberfranken und Tschechien hängt entscheidend von weiteren Investitionen in nachhaltigen Tourismus, einer verbesserten Infrastruktur und einer verstärkten digitalen Vermarktung ab.
Monika Kaiser
Tourismus, Handel und Wirtschaftsbeobachtung