Grenzüberschreitende Netzwerke

IHK-Außenhandelsausschussmitglied Petr Pultar über die oberfränkisch-tschechische Zusammenarbeit
Petr Pultar
Petr Pultar
Petr Pultar ist eines der Gesichter der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Oberfranken und den benachbarten tschechischen Regionen. Der Netzwerker und Projektmanager aus dem tschechischen Franzensbad (Františkovy Lazně) setzt sich seit Jahrzehnten beruflich und ehrenamtlich auf beiden Seiten der Grenze für Kooperationen miteinander ein, unter anderem im Ehrenamt bei der IHK. Für die Oberfränkische Wirtschaft“ haben wir mit ihm darüber gesprochen.
Herr Pultar, Sie engagieren sich seit vielen Jahren für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Oberfranken und Tschechien. Was motiviert Sie dazu?
Eine engere Zusammenarbeit zwischen Oberfranken und Tschechien bietet zahlreiche Vorteile für beide Seiten, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Infrastruktur. Eine vertiefte wirtschaftliche Kooperation könnte zu mehr grenzüberschreitenden Investitionen führen, insbesondere in der Industrie, kann Lieferketten stabilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Sehr wichtig ist die Unterstützung und Förderung von Innovation und Forschung, denn gemeinsame Forschungsprojekte zwischen Hochschulen und Unternehmen können neue Technologien und Geschäftsmodelle hervorbringen, und zwar auf beiden Seiten der Grenze.
Potenzial besteht noch bei der grenzüberschreitenden Infrastruktur...
Zu einer verbesserten Infrastruktur gehören vor allem durchgehende Verkehrsanbindungen. Der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Marktredwitz und Cheb und die Fertigstellung der Verbindung zwischen den Autobahnen D6 auf der tschechischen Seite und der A93 auf der bayerischen Seite würden eine durchgehende Straßenverbindung zwischen den Regionen bedeuten und dadurch auch schnellere Verbindungen zwischen Nürnberg und Prag.
Wie kam es nach dem Fall des Eisernen Vorgangs zu Ihren ersten Kontakten nach Oberfranken?
Ein Jahr nach der Grenzöffnung habe ich ein Angebot bekommen, für eine Privatbank in Hof zu arbeiten. Mein Aufgabengebiet hatte den Fokus auf den Außenhandel mit Osteuropa. Nach einigen Jahren habe ich die Leitung der Auslandsrepräsentanz in der Tschechischen Republik übernommen – das war eine wirklich spannende Zeit. Später habe ich ein Angebot einer renommierten deutschen Leasinggesellschaft angenommen, den Vertrieb mit einem damals für den tschechischen Markt neuen Produkt, dem Operate-Leasing für Industriemaschinen, in Tschechien aufzubauen. Unter den Kunden waren viele Unternehmen aus Oberfranken. 2007 habe ich mich selbständig gemacht und in dieser Zeit waren meine ersten Mandanten Unternehmen aus Oberfranken.
Netzwerke spielen für den Ausbau der Wirtschaft auf beiden Seiten der Grenze eine wichtige Rolle.

Petr Pultar

Seit vielen Jahren bestehen auch Bande zur IHK - wie kam es dazu?
Die Kontakte zur IHK für Oberfranken Bayreuth waren der Grund, warum ich das Angebot vom damaligen Leiter des Bereiches International, Dr. Hans Kolb, gerne angenommen habe und Mitglied im Außenhandelsausschuss geworden bin. Da ich vorher auch Mitglied im Vorstand der damaligen Regionalen Wirtschaftskammer Egerland war, konnte ich die Aktivitäten auf beiden Seiten der Grenze ausbauen. Unter der Schirmherrschaft der IHK wurden, mit der Unterstützung der WJ Bayreuth, WJ Fichtelgebirge und WJ Hof, die Wirtschaftsjunioren Egerland gegründet, die später mit Pilsen, Budweis und Prag die Basis für die JCI Czech Republic wurden.
Welche Rolle spielen diese Netzwerke für Sie?
Netzwerke wie die der IHKs in den Regionen Bayreuth, Regensburg, Nürnberg, aber auch Chemnitz und Dresden, insbesondere deren Außenhandelsausschüsse, spielen aus meiner Sicht für den Ausbau der Wirtschaft auf beiden Seiten der Grenze eine wichtige Rolle. Auf der anderen Seite der Grenze sind die tschechischen Wirtschaftskammern in Cheb, Chomutov, Ústí nad Labem und Pilsen. Die Mitarbeitenden bei den Wirtschaftskammern sind in den meisten Fällen auch die ersten Ansprechpartner für Unternehmern, die beabsichtigen im Ausland neue Geschäftsbeziehungen aufzubauen oder neue Investitionen zu realisieren. Die Netzwerke der Wirtschaftskammern bieten den Unternehmen Unterstützung bei der Internationalisierung, erleichtern den Markteintritt und tragen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Ländern bei. Sie sind eine wichtige Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik.
Wie ähnlich sind sich die Regionen?
Westböhmen und Oberfranken und die Oberpfalz, obwohl geografisch und kulturell benachbart, haben sowohl viele Gemeinsamkeiten als auch bemerkenswerte Unterschiede, die sie jeweils einzigartig machen. Diese sind das Ergebnis von Jahrhunderten der Geschichte, politischen Veränderungen und kulturellen Entwicklungen. Sie machen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region sowohl komplex als auch bereichernd, da sie das Potenzial bieten, gegenseitige Stärken zu nutzen und voneinander zu lernen. Die tschechische Grenzregion von Westböhmen sowie Oberfranken und die Oberpfalz zeichnen sich durch eine gut entwickelte industrielle Basis, vor allem im Maschinenbau und in der Automobilindustrie aus. Die Region profitiert von einer engen Zusammenarbeit mit dem Nachbarn und einer günstigen geografischen Lage. Der Arbeitsmarkt hat sich durch grenzüberschreitende Pendler und wirtschaftliche Zusammenarbeit stabilisiert, und der Tourismus bietet zusätzliche wirtschaftliche Impulse.
Vielen Dank für das Gespräch!
IHK für Oberfranken Bayreuth
Bahnhofstraße 25
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 886-0
E-Mail: info@bayreuth.ihk.de
Internet: bayreuth.ihk.de