Titel - Ausgabe 11/12|2022

Der Wirtschaft eine starke Stimme geben

IHK-Interessenvertretung

Die IHK für Oberfranken Bayreuth vertritt das wirtschaftliche Gesamtinteresse der Region. „Das unterscheidet uns von anderen wirtschaftsnahen Organisationen und Verbänden. Dieses Gesamtinteresse ist zugleich mehr als die Summe diverser Einzelinteressen. Es setzt vielmehr deren Ermittlung und Abwägung voraus“, so IHK-Präsident Dr. Michael Waasner. Die IHK spricht für alle, die ein Gewerbe betreiben und setzt sich für gute Standortbedingungen ein. „Wir formulieren Stellungnahmen, erarbeiten gemeinsam mit unserem Ehrenamt Positionen und stellen sicher, dass auch kleine und mittelgroße Unternehmen ein Mitspracherecht in öffentlich-rechtlichen Belangen haben“, so der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm. „Darüber hinaus setzen wir uns für Verbesserungen in der Gesetzgebung mit Wirtschaftsbezug ein, beraten Politik und Verwaltung zu wirtschaftlichen Fragen und verleihen so der oberfränkischen Wirtschaft im Kammerbezirk eine gewichtige Stimme“.

Wer entscheidet, welche Interessen vertreten werden?

Die Grundentscheidung hat der Gesetzgeber getroffen, nämlich dass jede IHK die gesamtwirtschaftlichen Interessen ihres Bezirks vertreten muss. Welche grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Positionen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit auf örtlicher und regionaler Ebene, auf Bundes- und Landesebene, aber auch gegenüber der Europäischen Union vertreten werden, entscheidet die IHK-Vollversammlung. Für Fragen mit örtlichem Bezug gibt es zusätzlich Initiativen der acht regionalen IHK-Gremien, die auf diese Weise die örtliche Nähe der Mitgliedsunternehmen zu den relevanten Themen sicherstellen. Die Grundsatzbeschlüsse der Kammer – niedergelegt in den wirtschaftspolitischen Positionen – werden durch das Ehrenamt und die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IHK in die Tagesarbeit als Leitlinien übernommen und nach außen vertreten.

Wo liegen gegenwärtig die Schwerpunkte in der IHK-Interessenvertretung?

Drei beherrschende Themen bewegen die Region und damit die IHK-Arbeit gegenwärtig. Die regionale Energiewende umsetzen, Arbeitskräfte für Oberfranken gewinnen und den digitalen Wandel gestalten.

Verfügbare und bezahlbare Energie 

Die deutsche Wirtschaft durchleidet die schlimmste Energiekrise seit Jahrzehnten. Hohe Preissteigerungen treffen die Unternehmen in ihrer ganzen Breite. Es drohen Produktionsausfälle, Verlagerungen und Insolvenzen. Die von der Politik angekündigten Entlastungen beim Gas- und beim Strompreis können die Kosten kurzfristig zwar senken. Langfristig aber werden die Energiepreise hoch bleiben, da die Grundlast abgesichert werden muss. Dauerhaft kann die Energieversorgung in Oberfranken nur durch den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien sichergestellt werden. Gemeinsam mit anderen Akteuren setzt sich die Kammer für die Umsetzung der Energiewende vor Ort ein. Die IHK agiert hier als Impulsgeber, Moderator und Plattform. Über ein Positionspapier „Energiewende jetzt! Aktionsprogramm Energiewende Oberfranken“ sensibilisiert die Kammer Politik, Wirtschaft und Gesellschaft für die Notwendigkeit des schnellen Handelns. Sie bringt die Entscheider zusammen und wirkt bei der Erstellung eines Maßnahmenplans zur signifikanten Steigerung erneuerbarer Energieerzeugung in Oberfranken mit. Bei der Politik mahnt die IHK in intensiven Gesprächen eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für EE-Projekte an, macht Vorschläge für planungssichere und schnell umsetzbare Fördermechanismen für die Projekte und zeigt Limitierungen auf, die die Umsetzung der regionalen Energiewende behindern, etwa die Durchleitung von Eigenstrom durch das öffentliche Netz.
„Die oberfränkische Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen, die das Unternehmertum fördern, um erfolgreich wirtschaften und Gewinne erzielen zu können.  Wir als IHK setzen uns für wirtschaftsfreundliches Klima auf allen Ebenen, Region, Land, Bund und EU, ein. Erst produktive Unternehmen ermöglichen mit ihren Steuern und Abgaben politisches Handeln, daran gilt es die Legislative immer wieder aufs Neue zu erinnern.“

Jörg Lichtenegger
Vorsitzender des IHK-Ausschusses Standort Oberfranken
Geschäftsführer GMK GmbH & Co. KG, Bayreuth

Fach- und Arbeitskräfte von morgen

Die Bevölkerung in Oberfranken altert, die Zahl der Arbeitskräfte nimmt ab. Im Einzugsgebiet der IHK für Oberfranken Bayreuth fehlen aktuell rund 17.000 Arbeitnehmer, bis 2030 wird die Lücke laut IHK-Fachkräftemonitor auf rund 54.000 steigen. Neben vielen weiteren Maßnahmen ist die gezielte Anwerbung von Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland ein wichtiges Element, den Bedarf zu decken. Die Vollversammlung der IHK für Oberfranken Bayreuth fordert in einer Resolution an die politischen Entscheidungsträger, das am 1. März 2020 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz mittelstandsfreundlicher zu gestalten, die gesetzlichen Regelungen so zu ändern, dass eine Einwanderung von Fachkräften, Arbeitskräften und Auszubildenden effizienter, unbürokratischer und damit auch schneller erfolgen kann. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) muss weiterentwickelt werden zum Fach- und Arbeitskräfteeinwanderungsgesetz. Die Festschreibung eines Sprachniveaus, das den tätigkeitsbezogenen Anforderungen der Unternehmen entspricht ist dringend notwendig, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und Kompetenzen muss erleichtert, sowie lokale „Kümmerer- und Patenmodelle" etabliert werden.

Digital die Zukunft gestalten 

Unternehmen aller Branchen bietet sich großes Potenzial durch digitale Transformation betriebliche Abläufe zu optimieren und zukunftsweisende Geschäftsmodelle zu schaffen. Für ein Land ohne nennenswerte sonstige Rohstoffe, für das Daten der elementare Kern und Rohstoff des Digitalen sind, ist insbesondere ein sicherer Rechtsrahmen, der Verbraucherschutzinteressen und die Anforderungen der Wirtschaft praktikabel in Einklang bringt, von entscheidender Bedeutung. Die IHK setzt sich massiv für eine einheitliche Linie bei der Ausgestaltung und der Aufsicht über den Kern der Digitalisierung, der Datenverarbeitung und einen gemeinsamen EU-Governance-Rahmen zur Überwachung der Fortschritte und zur Behebung von Schwachstellen ein.
 
Neben den vorgenannten Megathemen vertritt die IHK bei einer Vielzahl von Sachgebieten die Interessen ihrer Mitglieder, häufig auch im Rahmen der Ausschussarbeit. Der IHK-Steuerausschuss hat sich beispielsweise in der vergangenen Amtsperiode mehrmals öffentlichkeitswirksam geäußert. So wurde eine Steuerresolution verabschiedet. Ein zentraler Punkt war die Forderung nach der Einführung einer Option zur Körperschaftssteuer für Personengesellschaften – insbesondere zur Verbesserung der Thesaurierung von Gewinnen. Die Resolution wurde an den bayerischen Finanzminister Albert Füracker übergeben und an die oberfränkischen Bundestagsabgeordneten. „Unsere Forderung ist mit dem Körperschaftssteuermodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2021 mittlerweile umgesetzt worden. Auch wenn es gerade in der Steuergesetzgebung oft etwas länger dauert, ist es schön zu sehen, wenn der IHK-Organisation auch auf diesem Gebiet Teilerfolge gelingen, zu denen auch die IHK-Fachausschüsse etwas beitragen können“, so der wiedergewählte Ausschussvorsitzende Dieter Uschold.
 
Für die Branchen Handel und Tourismus hat die IHK während der Pandemie nicht nur die Lotsenfunktion durch den Dschungel der Corona-Verordnungen eingenommen, sondern sich gegenüber der Politik für zügige Auszahlungen der Wirtschaftshilfen eingesetzt und die Anforderungen an die Hilfen für die Unternehmen mit der Bayerischen Staatsregierung abgestimmt. Den Transformationsprozess in den Innenstädten begleitet die IHK mit einer Resolution „Zukunftsfähige Innenstädte“, mit konkreten Handlungsansätzen für Kommunen, Stadtentwickler und Regionalpolitik.
 
Über diese Beispiele hinaus, stehen zahlreiche weitere wirtschaftspolitische Zielstellungen auf der Agenda der politischen Interessensvertretung der IHK für Oberfranken Bayreuth, u.a.:
  • Verkehrsinfrastruktur verbessern, Elektrifizierung auf der Schiene vorantreiben
  • Berufliche Ausbildung attraktiv und zeitgemäß gestalten
  • Digitale Kompetenzen ausbauen
  • Internationalen Handel und Europäischen Binnenmarkt absichern
  • Gründungen erleichtern und Wachstum fördern
  • Staatsfinanzen zukunftsfähig gestalten 
  • Digitale Schlüsseltechnologien vorantreiben
  • IKT-Infrastruktur schnell verbessern
  • Mobilität der Zukunft gestalten 
  • Wachstumsbremse Bürokratie lösen
  • Eigenkapitalmarktstärkung – Mittelstandslücke schließen
  • e-Government für Unternehmen umsetzen
  • Potenziale der Datenökonomie besser nutzen
  • Umweltpolitik und Kreislaufwirtschaft mit Augenmaß gestalten
  • Klimapolitik wettbewerbsfähig gestalten
  • Finanzmarktregulierung mittelstandsgerecht gestalten
  • Soziale Marktwirtschaft erneuern
Wolfram Brehm
Hauptgeschäftsführer
Thomas Zapf
Leiter Bereich Standortpolitik