Titel - Ausgabe 01/02|2022

Explodierende Energiekosten belasten das Wachstum

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nur eine Herausforderung, die viele Unternehmen und Soloselbständige aktuell trifft. Oft belasten zusätzlich Lieferengpässe oder fehlendes Personal die Geschäftstätigkeit. Seit dem Sommer 2021 sind es zudem die zum Teil explodierenden Energie- und Rohstoffpreise, die vielen Unternehmerinnen und Unternehmern Sorgenfalten ins Gesicht zeichnen.
Die Entwicklung ist rasant: rund 50 Euro kostete Großkunden die Megawattstunde Strom noch zu Anfang des Jahres 2021, zum Jahresende waren es 220 Euro. Das Jahr 2022 hat bislang keine durchgreifende Entlastung gebracht. Die zum Teil drastisch gestiegenen Energiepreise treffen Oberfranken in besonderer Weise, denn nach wie vor hat die Region einen überdurchschnittlich hohen Industrieanteil und zahlreiche energieintensiven Firmen.
„Die Energiepreisentwicklung könnte für die oberfränkischen Industrieunternehmen zu einem dauerhaften Standortnachteil werden“,

befürchtet IHK-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner.

Die aktuellen Verteuerungen treffen deutsche Betriebe zudem stärker als ihre internationalen Wettbewerber, denn beim Strom zahlen sie in fast allen Abnahmegruppen schon bisher die höchsten Preise in Europa. In vielen anderen Ländern sind die Energiemärkte stark reguliert. So kostet deutschen Mittelständlern ihr Strom fast doppelt so viel wie der Konkurrenz in Frankreich. Ähnlich das Bild beim Erdgas: Der Anstieg des Gaspreises ist zwar ein weltweit zu beobachtendes Phänomen, doch auch hier verursacht die nationale CO2-Bepreisung Wettbewerbsnachteile für alle Unternehmen, die nicht unter den europäischen Emissionshandel fallen. 

Kosten fressen Gewinne auf

Betroffen sind von der Kostensteigerung letztlich alle Unternehmen und auch die Kundinnen und Kunden, was sich auf Kaufkraft und Kauflaune niederschlägt. Besonders aber leiden energieintensive Branchen unter dem zusätzlichen Kostendruck, wie in Oberfranken etwa die Glas-, Keramik- oder Kunststoffindustrie. Diese Unternehmen stehen oft international im Wettbewerb und können die Kostensteigerungen meist kurzfristig nicht abfedern oder gar an die Kunden weitergeben. Die Kosten fressen die Gewinne auf, belasten die Substanz, erschweren Zukunftsinvestitionen und bedrohen die Existenz. Von der Politik erhoffen sich die betroffenen Unternehmen schnelle Gegenmaßnahmen, etwa eine staatliche Deckelung der Energiepreise (CAP) und die Aufnahme der relevanten Branchen in die Liste der beihilfeberechtigten Industrien für die Strompreiskompensation zur Reduzierung der indirekten CO2-Kosten.
 
Doch nicht nur der hohe Anteil der Energiekosten an der Wertschöpfung kann zur Belastung für Unternehmen werden. Vielfach kündigen derzeit Stromanbieter laufende Verträge, die zu günstigen Konditionen abgeschlossen wurden. Was den Privathaushalt nur ärgert, kann bei Unternehmen zum großen Problem werden. Private Verbraucher fallen bei einer Kündigung in einen Grundtarif zurück, bei Unternehmen gibt es eine solche Rückfallebene nicht. Die Preise müssen in der Regel neu verhandelt werden – und steigen, was die Kalkulation kippt. Andere Unternehmen decken ihren Energiebedarf kurzfristig und sind vom jeweiligen Marktpreis abhängig.

Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr

In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nannten im November 2021 drei Viertel der Unternehmen Anstieg der Strom- und Gaspreise als Belastung für ihr laufendes Geschäft. Knapp die Hälfte der befragten Betriebe aus allen Branchen, befürchtet aufgrund der hohen Energiepreise sogar den Verlust der eigenen Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland. Erst zum Sommer 2022 wird mit einer Entspannung der Energiepreise gerechnet, allerdings auch dann auf einem höheren Niveau als in den Vorjahren.

Investitionen müssen verschoben werden

Die hohen Energiekosten belasten viele Unternehmen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. In den vergangenen Jahren haben viele regionale Industrieunternehmen mit hohem Investitionsvolumen heimische Standorte modernisiert, um die die Betriebe auf die nachhaltige Transformation der Produktionsverfahren und die Umstellung auf neue, erneuerbare Energiequellen einzustellen. Oder sie haben entsprechende Investitionspläne vor der Brust, die jetzt nicht mehr eingehalten werden können.
„Wir appellieren wir an die Politik, sich für wettbewerbsfähige Strompreise stark zu machen und alle zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um besonders betroffene Unternehmen kurzfristig zu entlasten“,

so Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner.

Unter dem Strich müsse die Politik deutlich machen, dass sie an dem Erhalt energieintensiver Industriebetriebe am Standort Deutschland wirklich interessiert sei.
„Wenn die energieintensiven Unternehmen mittel- bis langfristig aus der fossilen Wirtschaft aus- und auf erneuerbare Energieträger umsteigen sollen, müssen sie auch die Möglichkeit erhalten, die dafür erforderlichen Mittel zu erwirtschaften. Passiert das nicht, ist in den betroffenen Branchen ein Arbeitsplatzabbau auf breiter Front die Folge“,

befürchtet Hohenner.

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