„Unternehmen müssen etwas unternehmen“

Die Industrie- und Handelskammern haben unter anderem die Aufgabe, „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks, einschließlich der Gesamtverantwortung der gewerblichen Wirtschaft, die auch Ziele einer nachhaltigen Entwicklung umfassen kann, auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene wahrzunehmen“. So steht es im IHK-Gesetz, das auch Grundlage der Arbeit der IHK für Oberfranken Bayreuth ist.

Einsatz für die Interessen der Wirtschaft

„Schon von Gesetz wegen sind die IHKs somit entscheidend für die Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft und spielen damit eine wichtige Rolle in der politischen und wirtschaftlichen Kommunikation“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm.

Interessensausgleich durch die IHK-Vollversammlung

Zum Thema Bürokratieabbau stellte IHK-Präsident Dr. Michael Waasner (l.) auf dem Podium des Bürokratieforums konkrete Forderungen an Martin Schöffel, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (r.). © Dominik.Ochs.Fotografie
Wie aber stellt man fest, was „das Gesamtinteresse“ ist? Haben Großunternehmen nicht zwangsläufig andere Schwerpunkte als Kleinstunternehmen? Können Interessenlagen der Unternehmen sich nicht sogar zuwiderlaufen, wenn etwa ein Industriebetrieb auf eine Autobahnanbindung drängt, ein benachbartes Hotel aber den Verkehrslärm der Autobahn fürchtet? „Ja“, meint IHK-Präsident Dr. Michael Waasner „aber, genau das macht die Diskussion in der IHK so spannend, weil wir die Interessen gewichten und am Ende auch ausgleichen müssen“. Positionen werden von der IHK-Vollversammlung, dem „Parlament der Wirtschaft“, verabschiedet. Gibt es Minderheitsmeinungen, so werden diese dokumentiert und mittransportiert. „Beide kommen gleichgewichtet zu Wort, der Industriebetrieb und das Hotel“, so Dr. Waasner.

Dieser Interessenausgleich macht die die IHKs zu hochgeschätzten Ansprechpartnern von Politik und Verwaltung. „Wir sind parteipolitisch völlig neutral, setzen uns also für die Wirtschaft ein, ohne uns dabei politisch einzusetzen. Die Rahmenbedingungen werden durch wirtschaftspolitische Positionen gesetzt, die von der 85 Mitgliedern der Vollversammlung diskutiert, abgewogen und dann verabschiedet werden“, so der IHK-Präsident und ergänzt: „Wenn uns die Politik nach unserer Meinung fragt, dann weiß sie, dass die Antwort sachorientiert und ausgewogen ist und eben nicht Einzelinteressen von Unternehmen oder Branchen betont“.

IHK macht konkrete Vorschläge

Die IHK für Oberfranken Bayreuth steht im engen Austausch mit den Mandatsträgern der Region, um die aktuellen Themen der Wirtschaft zu diskutieren und die Interessen der regionalen Unternehmen zu vertreten, hier mit MdB Jonas Geissler (2.v.r.) aus dem Bundeswahlkreis Coburg.
Bei der Interessenvertretung muss die IHK eine Vielzahl unterschiedlicher Spielfelder im Blick haben. So bearbeitet man in Abstimmung mit anderen IHKs und der DIHK als Dachorganisation etwa auf EU-Ebene die „Omnibus-Pakete“, die im Februar 2025 vorgelegt wurden. Mit ihnen sollen EU-Rechtsvorschriften vereinfacht werden, um bei bürokratischen Lasten vor allem die Betroffenheit des Mittelstandes zu reduzieren. Themen sind da etwa die Nachhaltigkeitsberichterstattung, das Lieferkettengesetz oder die vereinfachte Beschaffung und Finanzierung bei Rüstungsgütern.

„Wir rufen nicht nur nach weniger Bürokratie, sondern machen konkrete Vorschläge“, erläutert Hauptgeschäftsführer Brehm. Vier Modernisierungsgesetze hat die Bayerische Staatsregierung mit dem Ziel der Entbürokratisierung und Beschleunigung von Verfahren auf den Weg gebracht und dabei zum Teil Anregungen aufgenommen. Und mit der Bundesebene ist man ständig im Austausch, wenn es um steuerliche Belastungen oder die nachhaltige Modernisierung des Landes geht. „Wir kämpfen für die Beschleunigung von Infrastrukturprojekten, die Förderung innovativer Technologien und generell die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“, so Dr. Waasner.

Auch regional aktiv

IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm (r.) mit Hubert Aiwanger, Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.
Auch auf regionaler Ebene ist die IHK für ihre Unternehmen aktiv, etwa im Austausch mit der Regierung von Oberfranken, wenn es um Fördermittel oder in der regionalen Entwicklungsagentur „Oberfranken Offensiv“ um das Marketing für den Wirtschaftsstandort Oberfranken geht. Über ihre IHK-Gremien ist die IHK eng mit den Kommunen und Landkreisen vernetzt. 270 Unternehmerinnen und Unternehmer sind in den IHK-Gremien aktiv und suchen vor Ort den Austausch mit den Landräten und Bürgermeistern. „Viele Anliegen unserer Unternehmen können in der Kommune gelöst werden, wenn es um Genehmigungen, Bauanträge oder eine bessere Verkehrsanbindung geht“, erläutert Brehm. Einmal im Jahr führt die IHK ein „Kommunalforum“ durch, um Unternehmen und Kommunalpolitik zu vernetzen. Markus Söder war schon da, auch Joachim Herrmann, heuer kam Martin Schöffel.

Als Unternehmer ist IHK-Präsident Dr. Michael Waasner manchmal frustriert, weil politische Entscheidungen meist zu Mehrbelastungen für die Wirtschaft führen. „Ob Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Erbschaftsteuer oder Mindestlohn, ob Energiekosten, Zölle oder Berichtspflichten – über Entlastungen wird nicht diskutiert. Im Gegenteil: meist kommt noch eine Schippe obendrauf“, meint Dr. Waasner, der in seinem mittelständischen Familienunternehmen in Forchheim rund 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Umso wichtiger ist es für ihn, dass die Wirtschaft ihre Stimme erhebt und gegenüber der Politik die Interessen der Unternehmen einfordert. „Es ist keinem Unternehmen gedient, wenn wir die Flinte ins Korn werfen. Wir sind Unternehmerinnen und Unternehmer, also müssen wir etwas unternehmen!“ Als einer von 79 IHK-Präsidenten kann er das an prominenter Stelle und mit großem Engagement tun – übrigens ohne jede Aufwandsentschädigung.
IHK für Oberfranken Bayreuth
Bahnhofstraße 25
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 886-0
E-Mail: info@bayreuth.ihk.de
Internet: bayreuth.ihk.de