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Gemüse ohne grünen Daumen
In den vom Bayreuther Start-up Myriad produzierten Wandgärten steckt Raumfahrttechnologie
Grün rankt es an der Wand in den Büroräumen des Bayreuther Start-ups Myriad. Rucola, Basilikum, Tomaten, Bohnen und viele weitere Pflanzen gedeihen prächtig. Bei diesem Anblick kann man kaum glauben, dass die Gründer Miriam Martín González und Yannic Hönle nach eigenen Angaben so gar keinen grünen Daumen haben. Doch gab genau das den Anstoß für die Gründung des jungen Unternehmens. „Bisher haben wir es noch geschafft, jede Hauspflanze umzubringen“, erinnert sich Yannic Hönle und lacht.

Die Gärten, die Myriad entwickelt und produziert, passen in jede Wohnung. Dank integriertem Wassertank werden die Pflanzenwurzeln in einem abgeschlossenen Bewässerungssystem direkt mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Durch die eingebauten Sensoren überwacht der Garten die Umgebung der Pflanzen und schafft durch die Steuerung der LED-Beleuchtung, Nährstoffzufuhr und Bewässerung ein geregeltes Mikroklima. „Kunden können das ganze Jahr über konstant und zuverlässig frisches Gemüse und Kräuter anbauen und erntefrisch verwenden – ohne grünen Daumen und mit minimalem Arbeitsaufwand“, so Miriam Martín González.
Sie hat in Spanien Ingenieurwesen / Elektrotechnik studiert und ist nach Deutschland gezogen, um in der Raumfahrtindustrie zu arbeiten. Sie ist begeistert von den Experimenten der NASA, bei denen auf der Internationalen Raumstation Gemüse in Luft angebaut wird – die Anbaumethode nennt sich Aeroponik. In ihrer Masterarbeit hat sie einen Mikrocontroller entwickelt, der diese Technologie auch für die Anwendung zu Hause möglich macht. Das war die Grundlage für Myriad. Yannic Hönle hat als Wirtschaftsingenieur bereits Kunden wie Daimler und Telekom in datengetriebenen Geschäftsmodellen beraten und sah das große Potenzial in der Myriad-Technologie. Die Idee für das eigene Unternehmen war geboren.

Die Gründung von Myriad ist zwar erst drei Jahre her, doch zu erzählen gibt es schon viel. Zunächst startete im Mai 2022 ein limitierter Vorverkauf, um die ersten Kunden zu finden: Alle Gärten waren nach einer Woche ausverkauft. Ende 2023 begann Myriad mit der Serienfertigung. „So haben wir bereits fast 200 Gärten ohne bezahltes Marketing verkauft“, sagt Miriam Martín González. Erste Auszeichnungen, etwa mit dem Unternehmerinne-Award und dem Preis der Oberfrankenstiftung, folgten.
Was wie ein Selbstläufer klingt, war für die Gründer jedoch mit harter Arbeit, viel Einsatz und unzähligen Nachtschichten verbunden. Anfang des Jahres 2024 hat das Start-up Investoren gesucht – und gefunden. Viele davon sind gleichzeitig auch Kunden und Mentoren, berichtet Yannic Hönle, darunter einige Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region Bayreuth. Seit Februar 2025 hat Myriad neue Gewerberäume in der Weiherstraße in Bayreuth bezogen, wo nun die Produktion ausgebaut wird. Eine Mitarbeiterin haben Miriam Martín González und Yannic Hönle bereits angestellt, zwei bis drei weitere sollen folgen.
Kunden können das ganze Jahr über frisches Gemüse und Kräuter anbauen und erntefrisch verwenden.Miriam Martín González
Vor dem Ausbau der Produktion musste Myriad im vergangenen Jahr seine Gärten innerhalb von vier Monaten noch einmal komplett neu entwickeln – von einem Prototyp zu einem Produkt, das automatisiert und in größerer Stückzahl hergestellt werden kann. „Das war eine große Herausforderung, ist uns letztlich aber in Rekordzeit gelungen“, blickt Yannic Hönle zurück. Im Nebenraum der Produktion gedeihen 1500 winzige Setzlinge im „Grow Room“ – zwischen 30 und 40 verschiedene Pflanzensorten, „alles bio“. Myriad setzt stark auf die Trends Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung; freie Wandflächen dienen als Anbauflächen, die clevere LED- und Bewässerungstechnologie spart Wasser, Dünger und CO2.

Mit rund 20 Lieferanten arbeitet Myriad zusammen und hat sich hier vor allem ein Netzwerk in der Region aufgebaut. Dazu zählt die Schreinerei Stahlmann in Bayreuth, das Verarbeitungswerk Wunsiedel der Klingele Norpack Verpackungsgesellschaft und FORMEOTEC in Bad Berneck. Andere Teile sind so filigran und speziell, dass Myriad sie selbst produziert – im 3D-Drucker.
Ziel ist es, künftig 100 bis 200 Gärten pro Monat zu produzieren und zu verkaufen. Insbesondere Geschäftskunden sind eine Zielgruppe, die Myriad noch stärker ansprechen möchte. „Unsere lebendigen Pflanzen schaffen nicht nur ein produktivitätsförderndes Raumklima. Mit den Gärten können Unternehmen ihren Kunden und Mitarbeitern einzigartige Erlebnisse anbieten, zum Beispiel erntefrische Tees und Cocktails“, erklärt Yannic Hönle. Vor zwei Jahren bereits starteten erste Pilotprojekte mit ortsansässigen Schulen, Seniorenheimen und der Universität. Mittlerweile sind größere Unternehmen wie die AOK, Porsche und Koncept Hotels dazugekommen. Gut möglich also, dass in der Region Bayreuth künftig immer mehr „Weltraum-Gärten“ zu finden sind.
Kontakt
IHK für Oberfranken Bayreuth
Bahnhofstraße 25
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 886-0
E-Mail: info@bayreuth.ihk.de
Internet: bayreuth.ihk.de
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