Neues aus der IHK Aachen

Eine neue Normalität

Eine historische Zäsur

Wenn sich in den Jahresberichten der IHK Aachen seit 2020 etwas normalisiert hat, dann das an dieser Stelle das Nichtvorhandensein von Normalität zu Sprache kommen muss. Was das Jahr 2022 angeht, wurde leider auch bei diesem Thema eine neue, bis dahin nicht vorstellbare Dimension erreicht. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 wird auf europäischem Boden erstmals nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder ein bewaffneter Konflikt geführt. Dieser Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten bedeutet eine historische Zäsur, die jedes andere Ereignis im Jahr 2022 in den Schatten stellt. Eine humanitäre Katastrophe, die mit ihren weitreichenden Auswirkungen auch die Unternehmen in unsere Region – nach der Corona-Pandemie und der Flutkatastrophe – zum dritten Mal in kurzer Abfolge vor potenziell existenzbedrohende Herausforderungen stellt.

Der Krieg trifft auch die Konjunktur hart

Der Krieg und die mit ihm verbundenen Unsicherheiten trafen eine sich gerade vom Corona-Schock berappelnde Konjunktur hart. Verschärfend kam hinzu, dass der Ukraine-Konflikt schonungslos die deutsche Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung offenbarte. Eine Gasmangellage, Blackouts und Produktionsausfälle waren plötzlich keine fiktiven Bedrohungsszenarien mehr, sondern tatsächliche Gefahren, die es unter allen Umständen zu vermeiden galt. Energie-Sparen war das Gebot der Stunde. Nicht nur in den Unternehmen, sondern auch bei der IHK selbst, wo die Warmwasser-Versorgung weitgehend ausgesetzt, Büroräume auf höchstens 19 Grad beheizt und Beleuchtungen abseits von Arbeitsplätzen werden – sofern mit den Maßgaben der Arbeitssicherheit vereinbar – abgeschaltet wurden. Weil nicht nur in den öffentlichen Verwaltungen und Körperschaften Strom und Gas gespart wurde, sondern vor allem auch in den Unternehmen – übrigens begleitet durch die öffentliche IHK-Kampagne #gemeinsamenergiesparen – konnte die Versorgungssicherheit aufrechterhalten werden.

Massiv gestiegene Energiekosten: Eindringlicher Appell der IHK-Vollversammlung 

Nicht gelöst war damit allerdings das perspektivisch ebenso existenzgefährdende Problem der massiv angestiegenen Energiepreise. Ein Thema, auf das nicht zuletzt die Vollversammlung der IHK Aachen im Rahmen ihrer Sitzung Mitte September in Düren den Fokus richtete: Das Gremium formulierte einen eindringlichen Appell an die Abgeordneten des deutschen Bundestages aus der Städteregion Aachen und den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. In ihrer Erklärung warnen die Unternehmerinnen und Unternehmer vor den Folgen der rasant gestiegenen Energiekosten für die heimische Wirtschaft: “Es droht ein massiver Verlust von Arbeitsplätzen, nicht nur in energieintensiven Unternehmen”, warnte IHK-Präsidentin Gisela Kohl-Vogel. Die in der Folge politisch initiierten, finanzielle Hilfsinstrumente sind zwar geeignet, kurzfristig Liquiditätsengpässe zu vermeiden oder abzufedern. Das mittelfristige Ziel der Energiepolitik kann allerdings nur – eine im besten Fall klimaneutrale – Transformation hin zu einer autarken Versorgungssicherheit sein. Die Hürden auf dem Weg dorthin zu identifizieren und abzuräumen war eine der zentralen Aufgaben der IHK Aachen im Jahr 2022.

Kurzzeitig ausgebremst: IHK-Organisation wird zum Ziel eines Cyberangriffs

Für eine IHK bedeuten Krisenzeiten stets Hochkonjunktur, da sie mit dem Auftrag einhergehen, sich mit noch einmal deutlich gesteigerter Vehemenz für ihre Mitgliedsunternehmen einzusetzen, da diese sich unmittelbar mit neuen Herausforderungen konfrontiert sehen. Vor diesem Hintergrund war der Cyberangriff auf die IHK-Organisation in besonderem Maße verheerend, da er die Vertretung des Gesamtinteresses der Wirtschaft für einen kurzen Zeitraum deutlich einschränkte. Was war geschehen? Anfang August trennte die IHK-GfI, IT-Dienstleister der IHK-Organisation, die IT-Systeme der 79 Industrie- und Handelskammern vom Internet. Es war ein unvermeidbarer Schritt, um die IHKs und auch ihre Mitgliedsunternehmen vor gravierenden Schäden zu bewahren. Wie sich wenig später herausstellen sollte, steckten nach Erkenntnissen von IT-Forensikern und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik professionelle Hacker hinter dem Cyberangriff, wobei die Vorgehensweise darauf schließen ließ, dass dieser zum Zweck der Spionage oder Sabotage erfolgte. Auch ein finanzielles Motiv kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. In der Zeit unmittelbar nach dem Cyberangriff begannen in der IHK Aachen genau wie in den IHKs bundesweit die Wochen des Improvisierens, mit dem Ziel den gewohnten Service bestmöglich aufrecht zu erhalten. Am 9. September – und damit rund einen Monat nach dem vorsorglichen Herunterfahren der IT-Systeme – konnte IHK Aachen schließlich per Pressemitteilung vermelden, dass sie wieder auf allen gewohnten Kanälen erreichbar ist.

Die neue Vollversammlung startet durch

Allen Herausforderungen, Unwägbarkeiten und Einschränkungen zum Trotz ist das Jahr 2022 aber dennoch eins, in dem die IHK viel im Sinne ihrer Mitgliedsunternehmen bewegen konnten. Allem voran aus den Mitgliedsunternehmen heraus selbst: Mit der konstituierenden Sitzung im Januar nahm das zuvor neu gewählte Parlament der regionalen Wirtschaft offiziell seine Arbeit auf, nachdem es Gisela Kohl-Vogel einstimmig in ihrem Amt als IHK-Präsidentin bestätigt hatte. Ebenfalls einstimmig in ihren Ämtern als Vizepräsidentin und Vizepräsidenten bestätigt wurden Stefanie Peters aus Übach-Palenberg, Andreas Bauer aus Aachen, Dirk Harten aus Stolberg und Stephan A. Kufferath aus Düren. Kerstin Steffens aus Würselen und Wolfgang Mainz aus Aachen schieden auf eigenen Wunsch aus dem Präsidium der IHK aus. Der Frauenanteil der 69-köpfigen, bis zum Jahr 2027 gewählten Vollversammlung stieg im Vergleich zur vorangegangenen Legislaturperiode von 21 auf 34 Prozent – womit ein repräsentativer Wert erreicht wurde: Jeder dritte Geschäftsführungsposten in unserer Region wird von einer Frau bekleidet. 

Flutbewältigung: IHK bearbeitet mehr als 200 Anträge auf Hilfsleistungen

Die Nachwirkungen der Flutkatastrophe im Juli 2021 beschäftigten die IHK über das gesamte Jahr 2022 weiterhin: So wurden mehr als 200 Anträge von Hochwasser betroffenen Unternehmen bearbeitet, stets ging eine entsprechende Beratung voraus. Eine besondere Herausforderung bestand darin, für einzelne Schadensbereiche entsprechende Gutachter zu finden.   

Impulse aus und für die IHK-Ausschüsse(n)

Auch darüber hinaus bewegte sich vieles: Im Februar 2022 startete die IHK ihr neues Podcast-Format “Mutmacher” und sammelte damit wichtige Erfahrungen mit diesem Medium, im März verabschiedete die Vollversammlung ihr Zukunftsprogramm, das die zentralen Themenfelder “Standort stärken. Energiewende entfesseln. Fachkräfte finden. Supply sichern” in den Fokus rückte. Im Oktober wurde Stefan Kehr zum neuen Vorsitzenden des Industrieausschusses der IHK Aachen und trat damit die Nachfolge von Stefanie Peters an, im Dezember setzten sich die Mitglieder des Regionalausschusses Heinsberg öffentlichkeitswirksam dafür ein, Unternehmen mehr Flächen zur Verfügung zu stellen.

Trauer um Professor Dr. Otto Eschweiler

2022 war auch allerdings auch das Jahr des Innehaltens. Am 12. März starb Professor Dr. Otto Eschweiler im Alter von 90 Jahren. Mehr als 25 Jahre lang, von 1971 bis 1997, hatte er als Hauptgeschäftsführer die Geschicke der IHK Aachen geleitet. Prägend für Eschweiler war besonders sein unermüdlicher Einsatz zur erfolgreichen Bewältigung des Strukturwandels in den 1980er-Jahren. Nicht nur die IHK Aachen, sondern die gesamten Wirtschaftsregion Aachen, wird Professor Dr. Otto Eschweiler in liebevoller Erinnerung behalten.