IHK-Forum

Blauer Teppich 2022

“Endlich ins Machen kommen!”

Der Dalai Lama – daran dürfte niemand ernsthaft zweifeln – ist ein weiser Mann, und zu den vielen Zitaten, die dem Oberhaupt der Tibeter zugeschrieben werden, gehört auch dieses: “Deine Zukunft ist, wozu du sie machen willst. Zukunft heißt wollen.” Gisela Kohl-Vogel unterschreibt das gerne, deswegen zitiert sie den Dalai Lama, als sie auf der Bühne im Das Liebig steht, im Rampenlicht, alle Augen auf sie gerichtet. “Ich würde dieses Zitat aber gerne noch ergänzen”, sagt die Präsidentin der IHK Aachen: “Zukunft heißt auch machen!” Und damit ist der Ton gesetzt für eine Veranstaltung, der es tatsächlich gelingt, motivierend zu wirken. Aufbruchstimmung zu verbreiten. Später, auf dem Weg nach Hause, dürften jedenfalls alle, die dabei gewesen sind, wissen was jetzt zu tun ist. “Raus aus dem Krisenmodus, endlich ins Machen kommen!”: Das ist Kohl-Vogels zentrale Forderung. Die Worte klingen nach.

Draußen einsetzendes Schneetreiben, drinnen Wohlfühl-Atmosphäre 

Dienstagabend, Blauer Teppich 2023, innen Wohlfühl-Atmosphäre, draußen einsetzendes Schneetreiben: Rund 500 Gäste haben ihr Kommen angekündigt, die Veranstaltung ist ausgebucht. Erstmals findet das Dialogforum der IHK nicht im Krönungssaal des Aachener Rathauses statt, erstmals auch zu einer späteren Uhrzeit, was den Austausch untereinander im Nachgang des offiziellen Parts vom Druck von Folge-Terminen im Kalender befreien soll. Das funktioniert, sogar schon früher als gedacht. Nach dem Eintreffen freuen sich die Gäste jedenfalls so sehr einander zu sehen, dass die meisten nur unter gutem Zureden dazu zu bewegen sind, ihre Plätze in den Stuhlreihen vor der Bühne einzunehmen, Stichwort Wohlfühl-Atmosphäre. Letztlich ist es aber zu ihrem Besten, denn die Podiumsdiskussion gehört zu denen, die man nicht verpassen sollte.
Kohl-Vogel begrüßt, sie zitiert den Dalai-Lama. Im Publikum mögen wenige Tibeter sitzen, aber Oberhäupter sind eine Menge anwesend. Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und vor allem: aus der Wirtschaft. Das soll so sein. Und spiegelt sich auch in den Reaktionen auf das wider, was auf der Bühne gesagt wird. Ja, es geht um die Belange der Unternehmerinnen und Unternehmer. Deren Bedürfnisse werden klar artikuliert und adressiert. So manche(r) dürfte sich bei den von Janine Steeger moderierten Diskussionsrunden gefühlt haben, als würde ihnen aus den Herzen gesprochen.    

Was Unternehmer Hermann Bühlbecker vom Staat erwartet

Da ist zum Beispiel Professor Dr. Hermann Bühlbecker. Alleingesellschafter der Henry Lambertz GmbH & Co. KG., Vollblut-Unternehmer, dem Standort Aachen sehr verbunden. Er nimmt den Ball, den Kohl-Vogel ihm eingangs zugespielt hat, gerne auf. Nein, er habe auch keine Lust mehr auf Krisenstimmung und Pessimismus. Vielmehr müsse es jetzt ums nach vorne Schauen gehen, um den Aufbruch und das Anpacken. Kurz: das Machen. Um eine Bestandsaufnahme kommt allerdings auch Bühlbecker nicht herum. Sie gerät schonungslos offen. Fragile Lieferketten und Energiekrise hätten gerade in produzierenden Betrieben zu einem “Kosten-Tsunami” geführt, “es geht gerade bei vielen mittelständischen Unternehmen an die Substanz”, sagt Bühlbecker. Die Zielsetzung des Megaprojekts Energiewende stellt der Unternehmer keinesfalls in Frage, sieht es allerdings gerade nicht gut gemanagt. Standortnachteile gebe es in Deutschland leider aktuell mehr als genug, globaler Spitzenreiter bei den Preisen für Strom und Gas zu sein, sei allein deshalb eine Situation, die nicht weiter tragbar sei. Bühlbecker: “Wir erwarten eins vom Staat: eine sichere Energieversorgung zum bezahlbaren Preis.”
Professorin Astrid Lambrecht kann das nicht nur gut verstehen, sie leistet selbst einen Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen. Lambrecht, Mitglied des Vorstandes des Forschungszentrums Jülich, sagt: “Es ist völlig richtig, dass wir nicht von heute auf morgen auf erneuerbare Energien umsteigen können.” Wie dann? Lambrecht: “Pilotprojekte aufsetzen und schauen: Welche sind erfolgreich, welche kann man ausrollen, welche funktionieren gut.” Keinen Zweifel möchte sie daran lassen, dass gerade unsere Region ideale Voraussetzungen biete, um bundesweit eine Vorreiterrolle bei Zukunftstechnologien und klimaneutralen Energieträger wie Wasserstoff zu spielen. Die Voraussetzungen, diesen grundlegenden Wandel zu wuppen, sind da.
Wichtig sei es nun, Initiativen und Innovationen nicht (weiter) auszubremsen, wie Thomas Wilk sagt. Es ist gleichermaßen bemerkenswert und optimistisch stimmend, dass er sich dieses Thema auf die Fahne schreibt, schließlich steht Wilk seit September vergangenen Jahres als Regierungspräsident einer Behörde vor, die oftmals als Verantwortliche für Verzögerungen gesehen wird: die Bezirksregierung Köln. Wilk – und daran lässt er beim Blauen Teppich keinen Zweifel – ist angetreten, das zu ändern. Dass Planungs- und Genehmigungsprozesse viel zu lange dauerten, unterschreibt er sofort. Mehr noch. Wilk sagt: “Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir uns – was Beteiligungsprozesse angeht – mittlerweile einen Standard erlaubt haben, der uns Gefahr laufen lässt, unser Land gegen die Wand zu fahren.”

Alles dauert zu lange, nur die Energiewende kommt mit einem Ruck

Ja, darauf dass mit Ausnahme einer bislang als ruckartig empfundenen Energiewende leider vieles zu lange dauert, darüber gibt es auf dem Podium weitgehend Einigkeit, Dass es als Unternehmer auch unter diesen Rahmenbedingungen aber durchaus möglich ist, seiner Zeit voraus zu sein, beweist Dr. Markus Miele. Die Miele & Cie. KG mit Hauptsitz in Gütersloh konnte einer Bürokratie-Großoffensive wie dem seit Jahresbeginn geltenden “Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz” einigermaßen gelassen begegnen, weil man sich im Unternehmen bereits vor Jahren freiwillig dazu entschlossen habe, eine SA-8000-Zertifizierung zu durchlaufen, wie der Geschäftsführende Gesellschafter sagt. Miele sagt allerdings auch, dass dies zwar geholfen habe, sich auf das neue Lieferkettengesetz vorzubereiten. Eine Herausforderung bleibe es dennoch: “Wenn wir jetzt einige tausend Lieferanten haben, die wieder einige tausend Vor-Lieferanten haben, dann geht das am Ende in die Millionen. Und das ist irgendwann eine Mammutaufgabe, die man nicht mehr leisten kann.” Salopp formuliert: Sollten die Lieferketten hoffentlich absehbar wieder zuverlässig laufen, werden sie spätestens von der heimischen Bürokratie wieder ausgebremst.

Mit “Mut zur Effizienz”: Wie ein Befreiungsschlag gelingt

Eine Situation, wie sie Unternehmerinnen und Unternehmern auch in anderen Zusammenhängen leider allzu vertraut erscheinen dürfte. Genau an dieser Stelle setzen die zehn Tempo-Thesen an, die die IHK-Organisation jüngst veröffentlicht hat und die darauf abzielen, bürokratische Hürden abzubauen und langwierige Planungsverfahren massiv zu beschleunigen. Es ist kein Zufall, dass Gisela Kohl-Vogel sie erwähnt, bevor sie den Gästen auf dem Podium und Publikum für einen sehr gelungenen Blauen Teppich 2023 dankt. Ihren Appell richtet sie an die Politikerinnen und Politiker in Düsseldorf und Berlin. “Habt Mut zur Effizienz! Habt den Mut, Vorschriften und Auflagen beherzt zu streichen! Das wäre für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ein Befreiungsschlag.” In anderen Worten: “Veränderung wird nur hervorgerufen durch aktives Handeln” – aber die sind wiederum vom Dalai Lama.

Premiere für Sponsoren auf dem Blauen Teppich

Und noch eine Premiere: Neben neuer Location und anderer Uhrzeit hatten beim diesjährigen Blauen Teppich erstmals auch Sponsoren die Möglichkeit, sich im Rahmen der Veranstaltung zu engagieren. Der Dank für ein gelungenes IHK-Dialogforum geht deshalb nicht zuletzt an die Unternehmen Abiomed Europe GmbH, Mathes GmbH, NetAachen GmbH und Summit IT GmbH. Alle Sponsoren nutzten die Möglichkeit, sich und ihre Produkte und Dienstleistungen an Ständen beim IHK-Forum Blauer Teppich live zu präsentieren.